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Das Leben von James Baldwin wird mit Billy Porter verfilmt

Der schwarze schwule Autor ist eine Ikone der LGBTIQ-Literaturgeschichte

James Baldwin
James Baldwin in «I Am Not Your Negro» (Foto: Edition Salzgeber)

Hollywoodstar Billy Porter («Pose») schreibt derzeit an einem Drehbuch über den Autor und Menschenrechtsaktivisten James Baldwin (1924-1987). Er will in dem Kinofilm auch selbst die Hauptrolle übernehmen.

Wie das Branchenblatt Playbill meldet, plant Billy Porter damit seine Rückkehr auf die Grossleinwand. Das Projekt von The Allen Media Group basiert demnach auf einem gemeinsam mit Dan McCabe erstellten Drehbuch, das seinerseits auf der 1994 von David Leeming veröffentlichten Biografie Baldwins basiert.

Zum Hollywood Reporter sagte Porter: «Als schwarzer queerer Mann auf diesem Planeten, mit einem gewissen Grad an Bewusstsein, empfinde ich genau wie James Baldwin es einst sagte ‹eine fortwährende Wut›. Ich existiere, weil es James gab. Ich stehe auf James Baldwins Schultern, und ich habe vor, sein Erbe zu erweitern für die künftigen Generationen.»

 

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Für Porter schliesst sich mit dem Projekt ein Kreis, weil er Baldwin schon lange bewundert: Als er 2019 den Emmy Award für seine Rolle in «Pose» entgegennahm, zitierte er Baldwin in seiner Dankesrede.


«I Am Not Your Negro»
Für alle, die Baldwin nicht (mehr) kennen: Er wurde in Harlem geboren und bekannt als Autor und Aktivist, der für die Abschaffung der Rassentrennung kämpfte. Zu seinen zentralen Themen gehören Fragen rund um Rassismus und Sexualität, Fragen zur Identität von Schwarzen und Homosexuellen. Zu Baldwins vielen Publikationen zählt der Roman «Giovannis Room» mit seiner ergreifenden schwulen Liebesgeschichte, aber auch weitere Meilenstein der LGBTIQ-Literatur wie «Another Country». Ausserdem stammen von Baldwin weltberühmte Titel wie «Go Tell It on the Mountain», «Notes of a Native Son» und «Blues for Mister Charlie».


Mehr zum Thema: Im Dezember 2022 wurde Billy Porter mit einem Stern auf Hollywoods «Walk of Fame» geehrt


In der DDR brachte der Verlag Volk und Welt dem Roman «Eine andere Welt» in vier Auflagen heraus, eine davon 1988, ein Jahr nach Baldwins Tod. Im Zusammenhang mit der Black-Lives-Matter-Bewegung wurde Baldwin in den 2010er-Jahren weltweit neuerlich breit rezipiert und viel beachtet.


Im Dokumentarfilm «I Am Not Your Negro» von 2017 ist Baldwins unvollendetes Manuskript «Remember This House» Grundlage für die filmische Collage von Raoul Peck. Eine Verfilmung von Baldwins «If Beale Street Could Talk» (Regie: Barry Jenkins) hatte im September 2018 beim Toronto International Film Festival seine Weltpremiere und kam 2019 in Deutschland in die Kinos. Und nun also: ein Biopic über Baldwins Leben.

James Baldwin
Poster zum Film «I Am Not Your Negro» (Foto: Edition Salzgeber)

Online-Diskussion über Besetzung
Nachdem die Nachricht des Projekts bekannt wurde, äusserten manche Menschen in sozialen Medien Zweifel, ob der für seine flamboyanten Auftritte und schlagzeilenmachenden Modestatements (MANNSCHAFT berichtete) bekannte Porter in der Lage sei, eine so komplexe Figur wie Baldwin zu spielen. In einem Interview mit Tamron Hall reagierte Porter darauf und sagte: «Zuallererst sollte man festhalten, dass das Internet einen Raum geschaffen hat, wo Menschen glauben, ihre Meinung zähle.» Und weiter: «Ich bin ein 53-jähriger Mann, und ich habe mein Leben der Kunst und dem Schauspiel gewidmet.»

Auch wenn manche ihn «arrogant» nennen, sagt Porter, dass er hart gearbeitet habe, um dort zu sein, wo er heute ist. Deshalb folge er dem Mantra, dass er niemals sein «Leben» oder seine «Menschlichkeit» an Kommentare anpassen werde, die in sozialen Medien kursieren. «Ich werde mich auf meine Arbeit konzentrieren – das ist alles, was ich tun kann. Menschen haben Zweifel an mir geäussert, solange ich denken kann. Das ist also nichts neues.»

 

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Porter erklärte gegenüber Hall, dass der Film aktuell in der Vorbereitungsphase sei, es werde noch am Drehbuch gearbeitet. Porter betonte gegenüber Hall auch, dass Baldwins Texte sein Leben gerettet hätten, als er ein junger queerer Mann war, der seinen Platz in der Welt suchte.

«Das ist absolut unakzeptabel»
«James Baldwin – und alles wofür er steht – war für mich einer der ersten Menschen, den ich sah, der so aussah wie ich und der maximal das repräsentierte, was ich erreichen wollte: schwarz, queer, gegenwärtig sein. Dass ich heute lebe, verdanke ich der Tatsache, dass ich Baldwin mit Anfang 20 sehen durfte. Vor ein paar Jahren traf ich einen Englischprofessor, der nicht wusste, wer Baldwin ist – ein Professor, der an einer Universität unterrichtet! Das ist schlichtweg nicht hinnehmbar. Es ist absolut unakzeptabel.»

Ein Biopic im Hollywoodformat wird an solcher Unkenntnis, die auch viele junge Queers betrifft, sicherlich etwas ändern.

James Baldwin
James Baldwin zusammen mit Hollywoodstar Marlon Brando beim Civil-Rights-Marsch in Washington 1963 (Foto: U.S. Information Agency)

LGBTIQ-Sommercamp
Während der James-Baldwin-Film noch in der Vorbereitung ist, hat Porter als Regisseur zuletzt an der Verfilmung des LGBTIQ-Jugendromans «Camp» von L. C. Rosen gearbeitet. Das 360-Buch ist gerade in der deutschen Übersetzung von Julia Schwenk bei Second Chances erschienen und wurde unlängst bei der Leipziger Buchmesse vorgestellt (MANNSCHAFT berichtete).

Es geht um queere Teenager in einem Sommercamp, wo sie lernen, sich selbst zu akzeptieren und ihren Platz in einer heteronormativen Gesellschaft zu finden. Im Zentrum der Geschichte steht der 16-jährige Randy, der Musicals liebt und Teil der Theatergruppe des Camps ist. Er ist verliebt in den hypermaskulinen Hudson, der ihn aber wegen seines effeminierten Äusseren über Jahre hinweg nicht bemerkt. Weshalb Randy sich entschliesst, eine komplette Transformation durchzumachen, um diesmal als «Macho» am Sommercamp teilzunehmen, nicht an der Musicalaufführung mitzuwirken, sondern stattdessen mit Hudson ausschliesslich «männlichen» Sportaktivitäten nachzugehen.

Camp
Der Roman «Camp» von Lev Rosen in der deutschen Übersetzung von Julia Schwenk (Foto: Second Chances)

Der Plan geht insofern auf, als dass Hudson den «Neuen» tatsächlich bemerkt und sich in ihn verliebt. Aber Randy nun vor der Frage steht: Ist Hudson es wirklich wert, dass er auf alles verzichtet, was ihm wichtig ist und was er liebt, inklusive Musicals? Und wie wird Hudson reagieren, wenn er erfährt, dass Randys Machofassade nur gespielt ist?

Die Musicalgruppe im Sommercamp wird von einem erwachsenen Theatermann namens Mark geleitet, der aus «Bye Bye Birdie» eine rundum queere Neuproduktion macht, in der sämtliche Rollen als LGBTIQ interpretiert werden. Dieser welterfahrene Leiter der Theatergruppe – der zum Duschen Cher-Musik hört – steht Randy mit Rat und Tat zur Seite. Und diese zentrale Rolle wird Billy Porter in seinem eigenen Film auch selbst spielen, heisst es in verschiedenen Medienberichten. Das Filmprojekt ist demnach eine Koproduktion von HBO Max und Warner Bros.

Ein Veröffentlichungstermin für «Camp» wurde bislang nicht bekanntgegeben, auch sind Details zur Besetzung von Randy und Hudson nicht publik, obwohl an dem Film bereits seit zwei Jahren gearbeitet wird.

 

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Aktuell tourt Porter durch die USA mit seinem Konzertprogramm «Black Mona Lisa Tour», darin erzählt er seine eigene Lebensgeschichte über verschiedene Lieder, durchmischt mit Aufnahmen aus seinen Broadwayauftritten (u.a. «Kinky Boots») und Momenten aus dem «Pose»-Soundtrack. Es gibt aber auch Titel aus Porters solistischer Popkarriere. Die Tour geht durch 25 Städte in den USA.

Nach vielen Jahren der Scham und des Schweigens outete sich Billy Porter 2021 als HIV-positiv (MANNSCHAFT berichtete).


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