Liebe tut auch der katho­lischen Seele gut

Pride und Religion – passt das zusammen?

Foto: Roberto Pfeil/dpa
Foto: Roberto Pfeil/dpa

Viele katholische Christ*innen lehnen eine Beteiligung am CSD ab. Denn: Sex ist nur zum Kinderkriegen da, sagen sie Aber diese katholische Lehre bröckelt. Warum wir unseren Brüdern und Schwestern beistehen sollten, schreibt unser Autor in seinem Kommentar*.

Der Christopher Street Day ist nicht nur eine bunte Parade, sondern eine Demonstration für Toleranz und Vielfalt. Diese wünschen sich katholische Jugendverbände auch in der Kirche. Daher schlossen sich zum dritten Mal verschiedene katholische Jugendverbände im Erzbistum Köln zu einer grossen Gruppe zum CSD in Köln zusammen, was manche Kirchgänger*innen gar nicht gut fanden.

Der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) hatte für die Parade einen grossen Lastwagen und eine Fussgruppe angemeldet. Wie viele junge Menschen am Sonntag mitlaufen würden, spiele dabei keine Rolle, so der queere katholische Aktivist Pascal Schockert. Es hätten sich 136 Personen angemeldet, «die Fussgruppe ist aber offen für alle». An der Cologne Pride, dem zweiwöchigen Rahmenprogramm des CSD, nahmen erstmals auch katholische Kirchengemeinden aus Köln teil (MANNSCHAFT berichtete).

In Berlin beteiligt sich das Erzbistum nicht mit eigenen Veranstaltungen am Berlin Pride und nahm auch an der Parade nicht offiziell teil. Mitglieder von Jugendgruppen der Katholischen Kirche fahren entweder auf dem Wagen der Evangelischen Kirche mit oder bilden ähnlich wie in Köln kleine Fussgruppen.

Die Evangelische Kirche in Berlin beteiligt sich am bevorstehenden CSD in der Hauptstadt mit zahlreichen Gottesdiensten (z.B. am Freitag in der St. Marienkirche nahe Alexanderplatz) und Veranstaltungen und hat auch seit acht Jahren einen eigenen Wagen auf der Parade, der von Beginn an mit dem Spruch «Liebe tut der Seele gut», die Teil einer Kampagne gegen Ausländerfeindlichkeit, Homophobie und Rassismus ist, mitfährt. Aber auch hier gab es bei der erstmaligen Beteiligung mit einem Wagen vor acht Jahren noch Vorbehalte. So durfte der Wagen nur unter dem Label «Evangelische Kirche in Berlin» dabeisein, weil die Kirchenkreise aus Brandenburg und der Schlesischen Oberlausitz, die zur Evangelischen Kirche in der Region dazugehören, sich nicht beteiligen wollten.

Inzwischen sind aber die Vorbehalte auch abgebaut, sodass der Wagen jetzt für die Evangelische Kirche in Berlin, Brandenburg und der Schlesischen Oberlausitz das gemeinsame Engagement zum Ausdruck bringt. Gleichzeitig erreichten die Kirchenleitung verschiedene Briefe konservativer Kirchenmitglieder, die die Beteiligung kritisierten. Die geäusserten Vorbehalte gegen eine Beteiligung gründeten allerdings hauptsächlich im kulturellen Unbehagen gegen LGBTIQ aber kaum in theologischen Urteilen. Daher ging die Gleichstellung queerer Lebensweisen auch schneller, weil die evangelische Verkündigung theologisch kaum noch Vorbehalte kannte und diese inzwischen ganz abgebaut sind.

Hier müssen wir den katholischen Geschwistern beistehen, weil die Vorbehalte in der Katholischen Kirche theologische Gründe haben, da die römische Lehre die Zweigeschlechtlichkeit von Menschen betont und Sexualität ausschliesslich zur Fortpflanzung erlaubt. Dies zeigte sich gerade in Köln, wo bei einem durch das katholische Stadtdekanat geplanten Gesprächsabend mit der Travestiekünstlerin Julie Voyage, der Stadtdekan auf dem Podium die katholische Lehre der Zweigeschlechtlichkeit des Menschen verteidigte.

Am Freitagabend sang Voyage gemeinsam mit dem Jugendchor Sankt Stephan auf der Bühne auf dem Alter Markt. Dagegen gab es Protest aus der umstrittenen konservativen Plattform Citizengo. In einer Petition forderten die Unterzeichnenden Kardinal Woelki auf, die Beteiligung an der Cologne Pride zu unterbinden, weil dieser dem Glauben radikal zuwiderlaufe. Damit hätten sie nicht ganz Unrecht, wenn sie mit dem Glauben die katholische Lehre meinten.

 

Dabei ist es wichtig zu wissen, dass in dem ersten von zwei Schöpfungsberichten am Anfang der Bibel das Menschsein beschrieben wird als «schuf sie als männlich und weiblich» (1. Mose 27 b). Luthers Übersetzung dieser Stelle als «schuf sie als Mann und Frau» ist auf dem Hintergrund seiner Zeit verständlich, aber der hebräische Originaltext sagt klar «männlich und weiblich».

Die Deutung, dass Sexualität ausschliesslich zur Fortpflanzung legitim sei, stützt sich auf das Naturrecht der Antike. Daher werden alle Formen von Sex abgelehnt, die andere Funktionen von Sexualität inkludieren. So kommt es auch zum Verbot gleichgeschlechtlicher Sexualität. Zwar dürfen gleichgeschlechtlich Liebende nicht diskriminiert werden, aber ihre Sexualität nicht ausleben. Da die Katholische Lehre sich aber neben dem Befund der Bibel auch auf die Tradition der Lehre stützt, haben unsere katholischen Geschwister noch einen langen Weg vor sich, bis ein Wagen auf der CSD Parade und die Aufhebung von Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Lebensweisen in der Kirche selbstverständlich wird. Initiativen wie #Outinchurch und andere Bewegungen innerhalb der Katholische Kirche bemühen sich redlich, hier eine neue Sichtweise in die Lehre einzutragen. Sie verdienen alle Unterstützung.

Mehr lesen > Lewis Hamilton nach Ralf Schumachers Coming-out: Wir können mehr machen! (MANNSCHAFT berichtete)

*Die Meinung der Autor*innen von Kolumnen, Kommentaren oder Gastbeiträgen spiegelt nicht zwangsläufig die Meinung der Redaktion wider.

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