«Mein Coming-out hat mich freier und stärker gemacht»
Der offen schwule Schauspieler Constantin Lücke im Interview
Constantin Lücke steigt in der aktuellen Staffel der ZDF-Serie «Bettys Diagnose» ein. Als Dr. Julius Walden macht er sich mit Übergriffen in das Privatleben der Pflegerinnen unbeliebt.
Constantin Lücke hat schon etliche Serien aufgemischt, so war er in der ARD-Telenovela «Rote Rosen» zu sehen, 2020 stieg er in der RTL-Soap «Unter uns» ein. Im kommenden Jahr ist er als Arzt in «Bettys Diagnose» (ZDF) zu sehen.
Constantin, was darf man über deine Rolle Julius Walden schon verraten? Julius ist Diagnostiker aus Leidenschaft. Er ist intelligent, ausserordentlich versiert und immer auf dem neusten Stand der Forschung. Ihn interessiert fundiertes Wissen, das er gerne auch mal unaufgefordert mit anderen teilt – nicht aus Überheblichkeit, sondern einfach, weil er es weiss.
Liebt er eher Frauen oder Männer, ist vielleicht gar nicht festgelegt? Mit wem er privat sein Herz teilt, wird noch nicht verraten …
Du bist selber offen schwul. Hast du seit deinem Coming-out irgendwann mal gedacht: Hätte ich das bloss nicht gemacht? Nein, keine Sekunde. Es war der richtige Schritt.
Es scheuen sich ja immer noch Kolleg*innen. Grundlos? Letzten Endes muss das jede*r für sich ausmachen und entscheiden. Ich habe damals überwiegend positive Reaktionen bekommen und war froh, mich nicht mehr verstecken zu müssen. Es hat mich selbstbewusster, freier und stärker gemacht. Heute sprechen mich manchmal junge oder auch ältere Leute an oder schreiben mir, dass meine Offenheit sie dazu bewogen hat, auch diesen Schritt zu gehen. Das macht mich glücklich.
Als es das Gruppen-Coming-out #Actout vieler deiner Kolleg*innen Anfang 2021 gab (MANNSCHAFT berichtete), hat es dich überrascht, eher stolz gemacht oder dachtest du sowas wie: Ein paar Mitstreiter*innen an der Seite hätte ich damals auch gut gebrauchen können? Überrascht hat mich die grosse Anzahl von 185 Mitstreiter*innen. Bei Actout war mir der solidarische Aspekt wichtig, dass wir gemeinsam den Schritt in die Öffentlichkeit gehen, um Sichtbarkeit zu schaffen. Das Boulevardeske eines Einzel-Coming-outs fällt weg. «Wir sind hier, und wir sind viele» ist einfach eine tolle Ansage.
Die Forderungen des Manifestes haben sicherlich den Prozess zu mehr Diversität in den Rollenbildern und -formaten in der deutschen Film-und Fernsehlandschaft angeschoben. Die einzelnen Forderungen, das LGBTIQ-Rollen nur noch von LGBTIQ-Schauspieler*innen verkörpert werden sollen (MANNSCHAFT berichtete), halte ich für kontraproduktiv. Wie heisst es so schön in unserem Manifest: Wir können Menschen mit anderen sexuellen Identitäten spielen, als die, die wir leben. Und wir tun es längst, die ganze Zeit schon, weil es unser Beruf ist.
Hat sich das Angebot deiner Rollen seit dem Coming-out verändert? Gab es etwa mehr schwule Rollen oder insgesamt weniger Rollen? Nein, das hat meine Angebote tatsächlich nicht beeinflusst. Ich freue mich, das ich regelmässig als Schauspieler arbeiten darf und die Zuschauer*innen nicht gelangweilt von mir sind. Das erfüllt mich wirklich mit Demut und ist für mich keine Selbstverständlichkeit. Für mich ist es nicht entscheidend, welche sexuelle Identität die Rolle hat, sondern welche spannende Geschichte, welche Wandlungen und Abgründe sich dahinter verbergen.
Du hast schon in etlichen Serien mitgespielt, in «Rote Rosen», «Unter uns», «In aller Freundschaft» etc., aber nie länger als ein oder zwei Jahre. Willst du dich da nicht zu sehr festlegen? Das kann unterschiedliche Gründe haben, von dramaturgischen, dispositorischen oder auch persönlichen Entscheidungen abhängen. Eine Rolle über einen längeren Zeitraum zu spielen, hat den Reiz, sie zu formen und unterschiedliche Seiten von ihr zeigen zu können. Ich überprüfe immer, ob es mir Spass macht und ich auch etwas Neues von mir zeigen darf.
Welche Serie hat dich zuletzt begeistert? Ich bin kein grosser Streamer, gehe lieber ins Kino oder Theater. «Neuland» war eine gute deutsche Mini-Serie mit einem tollen Cast. Schon etwas länger her, aber einfach sensationell: «The Fall – Tod in Belfast». Gillian Anderson und Jamie Dornan sind grandios, unglaublich spannend.
Welche Pläne oder Vorsätze hast du für 2023? Ich freue mich sehr auf Julius Walden und seine Geschichten. Auch auf Theater hätte ich mal wieder Lust, wenn es sich zeitlich einrichten lässt. Privat möchte ich wieder mehr reisen. Das ist während Corona einfach zu kurz gekommen. Ich liebe es, neue Städte und Länder kennenzulernen. Oder Bekanntes neu zu entdecken – am liebsten auf dem Fahrrad mit meinem Mann Felix zusammen.
Constantin Lücke ist ab 17. Februar 2023 in «Bettys Diagnose» im ZDF zu sehen.
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