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«Bei einer Wiederwahl von Trump befürchte ich Unruhen»

Die US-Amerikanerin Jazzmin Diann Moore tritt als Gast im Wahlstudio von Blick TV auf

jazzmin dian moore
«Miss Drag Queen 2008», Tolerantia-Preisträgerin und Auslandsamerikanerin: Jazzmin Dian Moore. (Bild: zvg)

In den USA wird heute ein neuer Präsident gewählt. Die Demokratin Jazzmin Dian Moore vertritt in der Wahlnacht die LGBTIQ-Community auf BlickTV.

Jazzmin Diann Moore gewann 2008 den Titel «Miss Drag Queen», 2016 erhielt sie für die Schweiz den Tolerantia-Award für ihren Einsatz für die LGBTIQ-Community. Moore hat einen US-amerikanischen Vater und ist engagiertes Mitglied bei «Democrats Abroad Switzerland». Als solches ist sie in der Wahlnacht von 23 bis 8 Uhr morgens zu Gast im Wahlstudio von BlickTV.

Jazzmin, heute Abend trittst du live als USA-Expertin auf. Wie kam es dazu?
Als langjähriges Mitglied von «Democrats Abroad Switzerland» wurde ich angefragt, ob ich die Organisation während der Wahlnacht auf BlickTV vertreten möchte. Das ist gerade insofern eine grosse Ehre für mich, als es beweist, wie stark sich die Demokraten*innen für Diversität und Inklusion einsetzen.

Wie offen war BlickTV, dass du als Frau auftrittst?
BlickTV war anfangs hingegen eher etwas skeptisch, eine Frau* wie mich im Studio zu haben. Für mich mich war absolut klar: entweder so oder gar nicht. Die Unterstützung von «Democrats Abroad Global» ist enorm. Ich bekomme Mails von Menschen aus aller Welt, die ich gar nicht kenne mit den Worten: «We got your back».


Wie bereitest du dich auf die lange Nacht vor?
Auch bei der Vorbereitung hatte ich volle Unterstützung von «Democrats Abroad Switzerland», denn gerade bei diesen Wahlen geht es um fundamentale Themen wie das Gesundheitssystem, Rassismus, Diskriminierung, COVID-19 und den Klimawandel. Das setzt eine intensive Vorbereitung und Faktenchecks voraus.

«Trump bringt das Schlimmste in den Menschen hervor»

Wie intensiv befasst du dich mit dem US-amerikanischen Geschehen von der Schweiz aus?
Ich verfolge es täglich auf verschiedenen Newsportalen, aber auch im regen Austausch mit meinen amerikanischen Freund*innen und mit meiner Familie. Obwohl meine Wurzeln in Mississippi liegen, bin ich als Wählerin in Texas registriert. Dieser Bundesstaat ist wichtiger denn je!

Zuerst Black Lives Matter, dann Corona und jetzt die Wahlen: Was geht dir durch den Kopf, wenn du diese Ereignisse von der Schweiz aus verfolgst?
Black Lives Matter ist die Spitze des Eisbergs, was Polizeigewalt und den gesellschaftlichen und strukturellen Rassismus angeht. Es wäre falsch zu denken, dass dies nur ein amerikanisches Problem sei. Rassismus und Racial Profiling gibt es auch hier in Europa. Besonders fassungslos und traurig macht mich beim Thema Corona, wie ein sogenannter «Leader» mit dem Leben von Millionen von Menschen umgeht. Wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse und das Hören auf Expert*innen ist der einzige Weg aus dieser Pandemie. Für mich ist klar, dass Joe Biden die richtige Wahl ist, um die USA wieder in die richtige Richtung zu lenken und die diplomatischen Beziehungen zu stabilisieren.


Trump spricht sich immer wieder vehement gegen die Briefwahl aus, warum?
Historisch gesehen begünstigt eine hohe Wahlbeteiligung die Demokraten. Mit der Briefwahl wird jeder wahlberechtigten Person eine Stimmabgabe ermöglicht. Die Briefwahl ist gerade für diejenigen eine Alternative, die am Wahltag arbeiten müssen oder aufgrund der Pandemie kein Risiko eingehen können. Trump behauptet seit Monaten, dass die brieflichen Wahlzettel betrügerisch seien oder zu Wahlbetrug führen würden, obwohl es keinerlei Beweise dafür gibt. Kurz gesagt: Er hat Angst vor der Stimme des Volks.

Das US-Wahlsystem, darunter die zwei Parteien-Landschaft und das Electoral College, geraten immer wieder in die Kritik. Ist das politische System der USA überholt?
In meinen Augen ja. Was damals 1887 von den Gründungsvätern ins Leben gerufen wurde, ist in 2020 nicht mehr anwendbar. Das Electorial College verstösst insofern gegen den Grundgedanken der Demokratie, als nicht alle Stimmen gleich gezählt werden und der zweitplatzierte Kandidat die Wahl gewinnen kann. Um es mit den Worten von Professor George Edwards III von der Texas A&M Universität zu sagen: «Warum eine Wahl durchführen, wenn es uns egal ist, wer die meisten Stimmen erhalten hat?»

Einige Expert*innen sehen den neuen konservativen Supreme Court als Bedrohung für das Abtreibungsrecht und die Ehe für alle. Wie siehst du das?
Mit der Ernennung von Amy Coney Barrett kommt eine konservative Christin und Abtreibungsgegnerin an eine für Lebzeiten ernannte Position, die die Zukunft aller Amerikaner*innen beeinflusst (MANNSCHAFT berichtete). Ihr Sitz stellt eine ernste Bedrohung für frühere Entscheidungen des obersten Gerichts dar, die womöglich rückgängig gemacht werden könnten. Ich denke da nicht nur an die Ehe für alle oder an das Recht der Frau, über ihren eigenen Körper zu bestimmen, sondern auch an den Affordable Care Act – ein Gesetz, das einen erschwinglichen Zugang zum Gesundheitssystem für alle ermöglichen soll. Wo soll das enden? Es ist sehr beängstigend. (Im Juni stärkte der Supreme Court noch die Rechte von LGBTIQ-Arbeitnehmer*innen, Anm. d. Red.)

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Wie stellst du dir die nahe Zukunft der USA vor, wenn Trump die Wiederwahl schafft?
Ehrlich gesagt befürchte ich bei einer Wiederwahl grosse Unruhen. Das Land war noch nie so gespalten wie heute. Wollen wir das für künftige Generationen? Ich sage nein! Deswegen brauchen wir Joe Biden. Nur er kann die Wogen glätten und nicht noch unnötig Öl ins Feuer giessen.

Wie sieht in deinen Augen ein Machtwechsel, sollte Biden gewinnen?
Mein grösster Wunsch wäre natürlich ein friedlicher und gesitteter Machtwechsel. Realistisch gesehen wird das wohl nicht der Fall sein. Trump hat bereits mehrfach angekündigt, dass es keinen friedlichen Machtwechsel geben soll. Mit solchen Aussagen stachelt er seine Anhänger*innen an.

Wer gewinnt die Präsidentschaftswahlen?
Die Hochrechnungen zeigen klar auf Joe Biden und Kamala Harris. Wenn uns die Geschichte mit Bush/Gore 2000 und Clinton/Trump 2016 eines gelehrt hat, dann jenes, dass wir vorsichtig sein und keine voreiligen Schlüsse ziehen dürfen. Noch ist nichts gewonnen. Wir müssen uns darauf einstellen, dass wir am 3. November noch nicht wissen, wer der neue Präsident ist.

 


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