Antidiskriminierungsstelle verlässt Twitter-Nachfolger «X»
Zuvor hatte sich bereits die trans Organisation dgti verabschiedet
Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes verlässt die Online-Plattform „X“ (vormals Twitter). Das «Desinformations-Netzwerk» sei kein tragbares Umfeld mehr.
«Ministerien und staatliche Stellen haben eine Vorbildfunktion sollten sich fragen, ob es weiterhin tragbar ist, auf einer Plattform zu bleiben, die zu einem Desinformations-Netzwerk geworden ist und dessen Eigentümer antisemitische, rassistische und populistische Inhalte verbreitet», erklärte die Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung Ferda Ataman in einer Mitteilung am Mittwoch.
Durch die «menschenfeindlichen Inhalte» sei «X» für eine öffentliche Stelle kein tragbares Umfeld mehr. Es stelle sich zudem die Frage, welche Zielgruppen über «X» noch erreicht werden könnten. Zudem sei die Zahl der Hasskommentare so massiv angestiegen, dass die Antidiskriminierungsstelle dem nur noch mit einem hohen personellem Aufwand begegnen könne. «Es ist fraglich, ob das mit Steuermitteln noch zu rechtfertigen ist», sagte Ataman.
Zudem erinnerte Ataman daran, dass bereits in der vergangenen Woche mehr als 160 Rabbiner*innen und Vertretende jüdischer Organisationen zum Boykott der Plattform aufgerufen hatten. In deren Erklärung heisst es: «’X‘ ist zu einem Nährboden für Antisemitismus geworden und stellt eine der grössten Gefahren für Juden seit Jahren dar. Wenn sich nicht etwas ändert, wissen wir, was passieren wird: Hassreden und Radikalisierung sind immer die Vorstufe zur Gewalt.»
Bereits im April 2023 wurde gegen Twitter in Deutschland ein Verfahren wegen des Umgangs mit Beschwerden über Beleidigungen eingeleitet (MANNSCHAFT berichtete). Nach der Übernahme von Twitter durch Tech-Milliardär Elon Musk im vergangenen Oktober war rund die Hälfte der einst 7000 Mitarbeiter*innen entlassen worden. Musk war zudem aus dem freiwilligen EU-Abkommen zur Bekämpfung von Desinformationen im Internet ausgestiegen.
In den vergangenen Tagen hatten zudem schon andere Organisationen ihren Rückzug von der Online-Plattform «X» bekannt gegeben. Dazu gehören der Bundesverband Trans* (BVT*) und die Deutsche Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität (dgti).
«Als Bundesverband und Interessensvertretung von trans* und intergeschlechtlichen Menschen sowie nicht-binären und agender Menschen haben wir immer wieder Gegenrede geleistet, wenn es zu transfeindlicher Agitation kam. Die starke Zunahme offen transfeindlicher Äusserungen in den letzten zwei Jahren und ein insgesamt verschärftes Diskussionsklima auf dieser Plattform wurden vom Unternehmen ‚X‘ toleriert, eine explizite Ablehnung von Antidiskriminierungsstandards durch ‚X‘ können wir nicht länger mittragen», hiess es bei der dgti. «Wir setzen damit ein Zeichen an die Community und die Gesellschaft, sich transfeindlicher Hetze und Diskriminierungen nicht länger auszusetzen und zu handeln.»
Das könnte dich auch interessieren
Kurznews
Berliner Polizei rät Queers in bestimmten Gegenden zu mehr Vorsicht
Viele Menschen jüdischen Glaubens sagen, dass sie bestimmte Berliner Gegenden nicht mit sichtbaren Symbolen betreten, Queers agieren ähnlich. Polizeipräsidentin Barbara Slowik spricht von nötiger Wachsamkeit.
Von Newsdesk/©DPA
Polizei
Unterhaltung
Basketballer muss nach homophober Äusserung hohe Strafe zahlen
Dieses Interview war teuer. LaMelo Ball hat sich schwulenfeindlich geäussert und wurde deshalb von der NBA zur Kasse gebeten. Die Liga verhängte die höchstmögliche Strafe.
Von Newsdesk/©DPA
Kurznews
Sport
Gesellschaft
Furry Fandom
Unterwegs in Ulm: Als Furry durch die Nacht
Jayden und Patrik sind Furries. In ihrer Freizeit schlüpfen sie in Tierkostüme und verhalten sich entsprechend ihrer Furry-Charaktere. Einblicke in eine Szene, die noch relativ unbekannt ist.
Von Newsdesk/©DPA
Queer
Deutschland
TIN
Community
Schutzhäuser für Queers: Nur nicht kleben bleiben
Vor ein paar Monaten wurde in Zürich das Haven99, das erste Deutschschweizer Haus für LGBTIQ, eröffnet. Die Casa Resistencias, eine analoge Institution in Rio de Janeiro, existiert bereits seit zwei Jahren.
Von Cesare Macri
LGBTIQ-Organisationen
Schweiz