Mehrheit von LGBTIQ in England und Wales nicht religiös

Erstmals gibt es Zahlen zur Korrelation zwischen Glauben und sexueller Orientierung

Bild: iStockphoto
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Fast zwei Drittel aller Schwulen, Lesben und Bisexuellen in England und Wales gaben an, keine Religion zu haben. Aufgrund der ungenauen Fragestellung könnte der wahre Anteil sogar noch grösser sein.

In England und Wales wurde 2021 erstmals eine Bevölkerungszählung durchgeführt, die unter anderem darlegen soll, wie viele Menschen lesbisch, schwul oder bisexuell sind. Das Ergebnis: mehr als 1,5 Millionen (MANNSCHAFT berichtete).

Gemäss den veröffentlichten Volkszählungsdaten, die vom Office for National Statistics (ONS) geteilt wurden, gaben 3,2 Prozent der Bevölkerung an, lesbisch, schwul oder bisexuell zu sein beziehungsweise sich einer sexuellen Orientierung zuzuordnen, die nicht heterosexuell ist. Rund 8,5 Prozent der befragten Menschen machten allerdings keine Angabe zu ihrer sexuellen Orientierung.

«no religion» in der Mehrheit Diese Woche wurde nun bekannt, dass eine Mehrheit der befragten LGBTIQ angab, «keine Religion» zu haben. Das entsprechende Kästchen kreuzten rund 62 Prozent aller Lesben und Schwulen und 66 Prozent aller Bisexuellen an.

Bei trans Menschen liegt dieser Wert mit 36 Prozent signifikant tiefer und sogar unter dem Durchschnitt aller Teilnehmer*innen. Unter dem Strich lässt sich jedoch sagen, dass 6 von 10 Personen der englisch-walisischen Community «no religion» ankreuzten.

Unklare Fragestellung Wie Humanists UK betont, sei es wahrscheinlich, dass dieser Wert in Wahrheit noch sehr viel höher ist. Die humanistische Organisation kritisiert die unklare und tendenziöse Fragestellung: «Was ist Ihre Religion?»

Insgesamt gab es dazu zehn Kategorien: keine Religion, christlich, buddhistisch hinduistisch, jüdisch, muslimisch, sikh, andere Religion, keine Antwort, nicht zutreffend. Es ist naheliegend, dass Teilnehmer*innen, die etwa getauft wurden, aber nicht an die christliche Lehre glauben, trotzdem «christlich» angekreuzt haben.

Genau das hat eine im Auftrag von Humanists UK durchgeführte YouGov-Umfrage im Vorfeld der demografischen Erhebung auch ergeben. Darin beantworteten die Teilnehmer*innen dieselbe Frage – und wurden dann nach dem Grund für ihre Wahl gefragt (es konnten mehrere Begründungen genannt werden). Nur 34 Prozent der englischen und walisischen Erwachsenen, die «christlich» ankreuzten, sagten, sie täten dies, weil sie «an die Lehren des Christentums glauben». 27 Prozent machten es, weil sie «glauben, dass Jesus Christus eine reale Person war, die starb und wieder ins Leben zurückkehrte und der Sohn Gottes war». 59 Prozent hingegen wählten die Option, weil sie getauft wurden; 49 Prozent, weil sie christlich erzogen wurden.

«Besondere Bedürfnisse» Nick Baldwin von den LGBT Humanists UK begrüsst die Ergebnisse des Zensus dennoch. «Dass die meisten LGBT-Menschen nicht religiös sind, ist keine Überraschung, wenn man die Geschichte der Homophobie, Biphobie und Transphobie vieler religiöser Gruppen bedenkt», schreibt er auf der Website der Organisation.

Dass die Mehrheit von LGBTIQ-Menschen nicht religiös seien und dass nicht-religiöse LGBTIQ-Menschen besondere Bedürfnisse haben können, werde oft übersehen. «Ein Beispiel dafür ist die rechtliche Anerkennung von humanistischen Ehen. Wir hoffen, dass die Ergebnisse der Volkszählung dazu führen, dass wir nicht länger übersehen werden», so Nick Baldwin.

Über die Sexualität des britischen Popsängers und Schauspielers Harry Styles wird schon lange spekuliert, zuletzt gab’s sogar Vorwürfe wegen «Queerbaiting» (MANNSCHAFT berichtete). Musste er nun am Zensus in Neuseeland dieses Geheimnis lüften? Hier geht’s zur Story.

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