Wieder wurde ein Mensch von HIV geheilt
Update zum Zweiten Berliner Patienten
In der HIV-Forschung ein medizinischer Ausnahmefall: Der Zweite Berliner Patient bekam im Jahr 2015 ein nur zum Teil resistentes Knochenmark, das im Labortest infizierbar war – und doch ist er Jahre später immer noch virenfrei.
Es ist der zweite HIV-Heilungsfall an der Charité, über den jetzt der Tagesspiegel berichtet: Letztes Jahr vorgestellt, war allerdings der genaue Mechanismus bisher unklar. Neue Erkenntnisse im Fachmagazin Nature bringen jetzt Licht ins Dunkel und eröffnen neue Heilungsansätze. Denn, so die Charité-Forscher, es zirkulierten im Blut des Patienten hochpotente Eiweisse: Antikörper, die sich an Viruspartikel und infizierte Zellen anheften. Bisher galt so gut wie immer: Die gespendeten Zellen mussten gegen das Hi-Virus resistent sein.
Der Zweite Berliner Patient ist nur einer von sieben Menschen weltweit, die von HIV geheilt wurden. Auch die erste HIV-Heilung war einem Charité-Team 2008 gelungen. Beim Zweiten Berliner Patienten war unklar, wie die Heilung zustande kommen konnte, denn: Bisher wurde das Immunsystem von HIV-Patienten per Stammzelltransplantation durch eines ausgetauscht, das resistent gegen HIV ist. Eine Virusvermehrung ist dann unmöglich. Doch beim zweiten Charité-Patienten fand sich kein solcher resistenter Spender, das neue Immunsystem war also empfänglich für HIV.
«Die Stammzelltransplantation hat das Immunsystem offenbar in die Lage versetzt, das Virus in all seinen Verstecken im Körper zu eliminieren», erklärt Olaf Penack, Letztautor der Studie von der Medizinischen Klinik mit Schwerpunkt Hämatologie, Onkologie und Tumorimmunologie am Campus Virchow-Klinikum (CVK). «Dabei haben wahrscheinlich besondere Antikörper und spezielle Immunzellen eine wichtige Rolle gespielt.»
Christian Gaebler, Studien-Erstautor von der Klinik für Infektiologie und Intensivmedizin und dem Berlin Institute of Health an der Charité (BIH): «Vielleicht lässt sich dieser Prozess auch bei anderen Menschen mit HIV auslösen, z. B. durch die Verabreichung breit wirksamer Antikörper in Kombination mit anderen Immuntherapien.» Man arbeite intensiv an neuen Heilungsansätzen «für die Breite».
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