Wie queer ist … Harry Styles?

Der britische Sänger stellt Geschlechtergrenzen infrage

Foto: Instagram/Harry Styles
Foto: Instagram/Harry Styles

Harry Styles hat seine eigene Beauty-Linie, spielt queere Rollen als Schauspieler und setzt Zeichen für LGBTIQ Solidarität auf seinen Konzerten. Was will man mehr? 

#1 Elton, Freddy und Bowie Ein Halloween-Kostüm von Harry Styles aus dem Jahr 2018 erregte besonderes Aufsehen. Harry trug das L.A.-Dodgers-Trikot, mit dem Elton John 1975 auf einem Konzert in Los Angeles auf der Bühne erschien. Gelegentlich trat Harry auch davor schon auf Konzerten in Kostümen auf, die an solche erinnerten, die auch Elton John früher bereits angezogen hatte. Wie Harry einmal erwähnte, gehört Elton zu den Musikern, zu denen er aufblickt. Daneben nannte er noch Prince, David Bowie und Freddie Mercury. Für ihn seien jene besonders spannend, weil er sie als Showmen betrachte.

Auch wenn Harry sicher noch mehr Vorbilder hat, fällt auf, dass es sich bei diesen Genannten hauptsächlich um Künstler handelt, die entweder selbst queer sind, oder aber ebenfalls mit den Geschlechtergrenzen spielen. Die Sympathie zu Elton John beruht zudem offenbar auf Gegenseitigkeit. Elton erwähnte einmal, dass er Harry nach dem Ende von dessen Band «One Direction» in seiner Solokarriere besonders unterstützt hatte.

#2 Queere Songs? Doch hat Harry Styles überhaupt queere Songtexte? Ist er ein Sänger, der Songs mit queeren Geschichten singt, wie dies etwa Sam Vance-Law tut? Grosse Aufregung gab es, als er bei einem Konzert den Text von «Golden» zu «I’m hoping, I’m sorry, he’s hoping, someday I could be open» änderte. In dem Song «Medicine» singt er: «The boys and the girls are here, I mess around with them, and I’m OK with it.»

In dem Musikvideo zu «Lights Up» zeigt sich Harry in bisexuellen Szenen. Das Video hat er dann auch noch am National Coming-out-Day 2019 veröffentlicht. Sofort schossen Spekulationen in die Höhe, ob es sich hierbei um ein Coming-out handeln könnte. Doch so war es offenbar in keiner dieser Situationen gemeint. Vielmehr variierte Harry die Songtexte, um ihre Bedeutungen ein wenig zu verändern und so mit den Erwartungen seiner Fans spielen zu können.

#3 Outfits ohne Grenzen Im Dezember 2020 war Harry auf dem Titel der amerikanischen Vogue zu sehen. Er trug ein Kleid und darüber einen Blazer. In dem Interview mit der Vogue erklärte er, wie er zu Kleidung und Geschlechtergrenzen steht: «Ich denke, wenn du etwas anziehst, in dem du dich gut fühlst, ist es wie ein Superhelden-Outfit. Wenn man dieses ‚Es gibt Kleidung für Männer und es gibt Kleidung für Frauen‘ einmal weglässt und sobald man all diese Grenzen einmal wegnimmt, öffnet man den Raum, in dem man sich ausprobieren kann. Manchmal gehe ich shoppen und stelle fest, dass ich mir Frauenkleidung ansehe und denke, dass sie super aussieht. Ich habe viel Spass damit, mit Kleidung zu spielen.»

 #4 Beauty-Kollektion Harry Styles hat auch eine eigene Beauty-Linie. Mit ihr verkauft er Nagellack und Gesichtscreme. «Ich sah eine Farbe an einer Blume oder einer Tapete und ich dachte, ‚Oh, ich will das auf meinen Nägeln haben‘», erklärte er einmal den Anlass für die Gründung seiner Marke. Auf die Frage, warum er Nagellack trägt, meinte er: «Ich glaube nicht, dass die Leute immer noch nach diesen Geschlechterunterschieden suchen. Auch wenn das Männliche und das Feminine existieren, sind deren Grenzen immer ein Teil eines Spiels.» Die Farben der bisher verfügbaren Varianten des Nagellacks sind von Perlenketten inspiriert, die Harry auch gelegentlich selbst trägt.

#5 Konzert als Safe Space Harry Styles hat auf diversen Konzerten Regenbogenfahnen, die Flagge der Bisexuellen sowie auch die Trans-Pride-Fahne geschwenkt. Auf einer Fahne stand einmal, als Parodie auf Donald Trumps Wahlspruch: «Make America Gay Again». Auch auf seiner Gitarre hat er einen Pride-Aufkleber. Als Reaktion darauf begannen seine Fans mit eigenen Aktionen. So bildeten sie mit ihren Handys ein Lichtermeer aus Regenbogenfarben oder trugen immer öfter Rainbow-Outfits.

Harry rief einmal ins Publikum: «Wenn du schwul bist, oder heterosexuell, oder trans – wer immer du bist, oder sein willst, ich unterstütze dich. Fühl dich an diesem Ort ganz frei, die Person zu sein, die du sein möchtest.» So schafft Harry in seinen Konzerten Safe Spaces, die zwar zunächst nur auf den Ort und den Zeitraum der Show begrenzt sind, aber dennoch Einzelnen für ihren Alltag Energie mitgeben, wie manche Fans hinterher berichteten.

#6 Hilfe beim Coming-out Ein Fan hielt auf dem Abschlusskonzert von Harrys Tour von 2018 ein Plakat auf dem stand: «Ich bin schwul, und ich liebe dich». Harry antwortete: «Ich liebe dich auch, danke, dass du gekommen bist… Und ich meine: Wir sind alle ein bisschen schwul, oder nicht?» Im Jahr 2021 half Harry einem Mädchen bei einem Konzert, sich als lesbisch zu outen, während deren Mutter anwesend war (MANNSCHAFT berichtete). Später, auf einem Konzert im Jahr 2022, hielt ein Mädchen ein Pappschild mit der Aufschrift: «Hilf mir, mich zu outen». Er fragte: «Gibt es jemand Bestimmtes, für den du dich outen möchtest?». Dann zog er eine Regenbogenfahne hervor und sagte: «Wenn ich diese Fahne hochhalte, bist du offiziell geoutet!»

#7 Unterstützung für NFL Spieler Der Footballspieler Michael Sam, der für St. Louis spielte, war der erste geoutete Footballspieler der US-Profiliga. Als er 2014 die Nachricht bekam, dass er in das Team aufgenommen wurde, sass er gemeinsam mit seinem Freund vor dem TV. Die Kussszene der beiden ging um die Welt. Auf einem Konzert von Harry Styles‘ damaliger Band One Direction im selben Jahr in St. Louis trug Harry das Trikot von Sam und wollte sich so mit ihm solidarisieren. Als Sam von der Aktion erfuhr, dankte er Harry für dessen Unterstützung.

#8 Schauspielerei Gelegentlich ist Harry Styles auch als Schauspieler zu sehen. So spielte er 2019 in einem Sketch in der US-TV-Show «Saturday Night Live» einen schwulen Praktikanten. Im demnächst erscheinenden Film «My Policeman» verkörpert Harry die Rolle eines schwulen Polizisten im England der 50er Jahre, der mit einer Frau verheiratet ist (MANNSCHAFT berichtete). Dieser verliebt sich in einen von David Dawson gespielten Kunstkurator.

#9 Spenden an queere Organisationen Teile seines Merchandising-Erlöses spendete Harry an das «Gay, Lesbian & Straight Education Network». Dafür liess er extra T-Shirts designen mit der Aufschrift: «Treat People with Kindness». Das Paar Schuhe, das er in seiner Rolle im Film «Dunkirk» aus dem Jahr 2017 getragen hatte, versteigerte er und spendete das Geld an die queere Organisation «London Friend».

#10 Kein Label für Sexualität Harry Styles hat sich selbst einer Erklärung, ob er queer ist, immer entzogen. Privat ist er seit 2021 mit der amerikanischen Schauspielerin Olivia Wilde liiert. In einem Interview mit der Zeitschrift Better Homes and Gardens erklärte er im Frühjahr, dass seine Sexualität für ihn das einzig Private geblieben sei. Denn seit seinen Teenagerjahren habe er sonst alles um seine Person öffentlich machen müssen. Er wolle sich keine Labels geben und nicht in Schubladen gesteckt werden. Gerade, weil er selbst sich in seinem Privatleben nicht als queer geoutet hat, wird ihm gelegentlich vorgeworfen, dass er sich Symbole und Verhaltensweisen der queeren Kultur aneigne, ohne die Nachteile eines queeren Lebens in einer mehrheitlich heteronormativen Gesellschaft aushalten zu müssen.

Der Kolumnist Otamere Guobadia meint in einem Beitrag für i-D jedoch, dass diese Kritik an Harrys Verhalten ihn dazu zwingen würde, wieder Labels auf sich selbst anzuwenden zu müssen. «Dies führt zu der falschen Annahme, dass queere Wünsche und Identitäten eingegrenzt und vorgeschrieben werden könnten. Sie können es nicht. Sie wiederholen sich, entstehen neu, finden neue und andere Worte und manchmal gar keine», so Guobadia. Auch Harry Styles sagte bereits 2017 in einem Interview mit der britischen Sun: «Jede Person sollte so sein, wie sie möchte.»

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