Zum Weltblutspendertag – Diskriminierung von MSM stoppen!

Der 14. Juni ist der Geburtstag des österreichischen Mediziners und Pioniers der Transfusionsmedizin, Karl Landsteiner (1868-1943)

Foto: Valentin Salja/ Unsplash
Foto: Valentin Salja/ Unsplash

Laut Richtlinie der Bundesärztekammer und des Paul-Ehrlich-Instituts darf in Deutschland kein Blut spenden, wer mit seinem «Sexualverhalten ein gegenüber der Allgemeinbevölkerung deutlich erhöhtes Übertragungsrisiko» hat wie etwa von HIV. Dazu zählt man u. a. Männer, die Sex mit Männern haben (MSM). In der Schweiz und in Österreich wird es nicht anders gehandhabt.

Gegen diskriminierende Blutspenderegelen haben am Freitag Aktivist*innen in Rostock demonstriert. Dass MSM zwölf Monate abwarten müssten bis sie Blut spenden dürfen, sei nicht gerechtfertigt, sagte Andreas Szabó vom Verein CSD Rostock. Man könne heutzutage eine HIV-Infektion schon nach zwei Wochen im Blut nachweisen. Zu der Kundgebung in der Innenstadt waren rund 100 Teilnehmer*innen gekommen, berichtete Ostsee-Zeitung.

Die geltenden Regeln kämen laut Szabó einem Blutspendeverbot gleich. «In der Natur des Menschen liegt es nicht, zwölf Monate auf Sex zu verzichten.» Die derzeitige Regelung behandele Männer, die Sex mit Männern haben, als Risikogruppe unabhängig vom Beziehungsstatus oder von der Anzahl der Sexualpartner. Szabó forderte eine Differenzierung anhand des sexuellen Verhaltens und nicht der sexuellen Orientierung. Er hat eine Petition mit dem Titel Diskriminierung beim Blutspenden stoppen! gestartet

Zwar wurde Mitte Mai ein neues Pandemiegesetz verabschiedet, in dem es heisst, der Ausschluss oder die Rückstellung bestimmter Personengruppen sei im Fall neuer Erkenntnisse zu überprüfen und zu aktualisieren. «Das geht in die richtige Richtung, findet aktuell aber keine Anwendung», sagte Szabó. Doch weder Bundesärztekammer noch Paul-Ehrlich-Institut hätten bisher reagiert. Und eine Änderung des Transfusionsgesetzes wurde im Bundestag abgelehnt (MANNSCHAFT berichtete).

In vielen anderen Ländern wie Brasilien, Bulgarien, Italien, Lettland und Polen wird es bereits so gehandhabt (MANNSCHAFT berichtete): Entscheidend ist die Häufigkeit wechselnder Sexualkontakte und das sexuelle Risikoverhalten, nicht die sexuelle oder geschlechtliche Identität.

Vielerorts ist nach den Corona-Lockerungen der Bedarf an Blutkonserven um bis zu 30 Prozent gestiegen, weil die aufgeschobene Operationen nun konzentriert nachgeholt werden. «Wer denkt, wir konnten ja Blutspenden ansparen und aufheben, täuscht sich», sagt Kerstin Schweiger, Sprecherin des DRK Nord-Ost. Blut sei maximal sechs Wochen haltbar. Doch Spenderblut ist knapp.

Ende Mai meldete der DRK-Blutspendedienst Sachsen-Anhalt, dass in dem Bundesland zurzeit nur rund 5000 Blutkonserven vorrätig seien, in normalen Zeiten sei es die dreifache Menge. In Sachsen, Brandenburg und Berlin sei die Situation nach DRK-Angaben noch dramatischer: Dort reichten die zur Verfügung stehenden Konserven nicht einmal für die Deckung des Bedarfs eines normalen Tages aus.

Eine Lockerung der Blutspendeverbots könnte Abhilfe schaffen. Die Auswertung von Daten der Los Angeles School of Law deutet darauf hin, dass eine vollständige Aufhebung des Blutspendeverbots für MSM im Vergleich zu einer zwölfmonatigen «Aufschubfrist» nach dem letzten sexuellen Kontakt mit MSM einen enormen Erfolg brächte – nämlich insgesamt zwei Millionen zusätzliche berechtigte Blutspender, darunter wären fast 175.000 wahrscheinliche Spender. Die würden jährlich über 140.000 Liter ​​zusätzliche Konserven bringen (MANNSCHAFT berichtete).

Auch in Österreich will man die Regeln ändern: Dort will die sozialdemokratische LGBTIQ-Organisation SoHo nicht mehr auf eine die Reform der Blutspende-Kriterien warten und sammelt Unterschriften gegen ein Ende der Diskriminierung. Dass MSM weiter de facto ausgeschlossen, dürfe im Jahr 2020 einfach nicht mehr sein, so Bakri Hallak, der Wiener SoHo-Chef.

Auch in der Schweiz fordert eine Petition Veränderung. PinkCross will erreichen, dass Blutspende SRK Schweiz und Swissmedic den diskriminierenden faktischen Ausschluss von schwulen und bisexuellen Männern in der aktuellen Krise aufgehoben wird. Blutspendekriterien dürfen nicht ideologisch festgelegt werden, sondern müssen wissenschaftlich begründet sein.

«Aktuelle Studien zeigen, dass das Risiko nicht höher ist, nur weil man mit einem anderen Mann Sex hatte. Die für alle Personen gültigen Kriterien (in den letzten 4 Monaten kein*e neue*r oder wechselnde*r Sexualpartner*in) reichen vollkommen, denn jede Blutspende wird getestet», heisst es im Petitionstext.

Die sexuelle Orientierung darf keinen Unterschied machen, ob wir helfen dürfen oder nicht, so PinkCross.

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