Viraler Tweet zu türkischem Militär: Dürfen nur Tops dienen?
Im Internet kursiert seit einigen Tagen das Gerücht, dass schwule Männer in der Türkei dem Militärdienst zugelassen sind – allerdings nur, wenn sie Tops sind. Fakt oder Fake News?
Ein viraler Tweet sorgte in den letzten Tagen für Stirnrunzeln und Schmunzeln gleichermassen. Angeblich sollen schwule Männer in der Türkei nur dann zum Militärdienst zugelassen werden, wenn sie Tops sind – also in der aktiven Rolle beim Sex. Die Behauptung klingt zu schön, um wahr zu sein. Ist sie auch.
Die Debatte losgetreten hatte der User @karmavoodo auf X/Twitter, der am 17. Juli 2025 ein angebliches Regelwerk der türkischen Armee zitierte. Dieses sollte belegen, dass «aktive (Top) homosexuelle Männer» zum Militärdienst zugelassen seien, während «passive (Bottom) Männer» ausgeschlossen würden. Die Reaktion des Nutzers: «Moment mal – ist das echt?» Die Antwort: Nein.
Die Quelle des vermeintlichen Faktenchecks: ein Eintrag auf der Plattform Equaldex, die weltweit rechtliche und gesellschaftliche Bedingungen für LGBTIQ-Personen dokumentiert. Der betroffene Eintrag geht offenbar auf eine frühe Testphase der Website im Jahr 2013 zurück und bezieht sich auf einen Bericht der Europäischen Kommission von 2009.
Zwar verweist der Bericht tatsächlich auf die diskriminierende Praxis in der Türkei, homosexuelle Männer vom Militär auszuschliessen, denn Homosexualität gilt dort offiziell als «psychosexuelle Störung». Um sich vom Dienst befreien zu lassen, mussten Betroffene in der Vergangenheit teils erniedrigende Nachweise erbringen, etwa durch intime Fotos oder medizinische Untersuchungen.
Doch eine Unterscheidung zwischen Tops und Bottoms wie der Tweet auf X es behauptet, findet sich weder im Bericht noch in offiziellen türkischen Militärregularien. Beim viralen Screenshot handelt es sich als um ein Fake. Die Equaldex-Seite wurde über die Jahre mehrfach bearbeitet, teils mit ungenauen Einträgen, die unter anderem schon fast an Satire grenzen. Zuletzt enthielt sie sogar fälschlich den Hinweis, dass Fotos vom passiven Analsex erforderlich seien, um vom Militärdienst befreit zu werden. Auch das ist falsch: Zwar gab es Fälle, in denen Männer durch intime Bilder oder Geständnisse ihre Homosexualität nachweisen sollten, doch konkrete Anforderungen dieser Art sind weder offiziell dokumentiert noch nachgewiesen. Mittlerweile wurde der Eintrag auf Equaldex korrigiert.
So bizarr oder romantisch die Vorstellung einer «Top-only»-Militärpolitik auch ist, sie bleibt ein Internetmythos. Dass queere Menschen in der Türkei weiterhin stark stigmatisiert werden, bleibt Realität. Das zeigt nicht zuletzt die Festnahme von mindestens 50 Personen im Rahmen von Pride-Demonstrationen im Juni in Istanbul (MANNSCHAFT berichtete).
Mehr: «Warum ist so wenig über die türkische Pornoszene bekannt?» Interview mit Emre Busse, der an der Uni Bremen Post-Pornografie unterrichtet (MANNSCHAFT berichtete)
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