«Uns gehen die Vorräte aus»: Lieferprobleme bei HIV-Medikamenten
Schon jetzt können einige Patient*innen nicht mehr versorgt werden
In Deutschland werden die Medikamente zur HIV-Prophylaxe knapp. Neuer Nachschub werde erst im Januar erwartet.
Wie die Deutsche Aids-Gesellschaft (DAIG), die Vertretung ambulant tätiger HIV-Mediziner*innen (dagnä) und die Arbeitsgemeinschaft HIV-kompetenter Apotheken (DAHKA) gemeinsam mitteilten, haben sich die Lieferschwierigkeiten bei der Wirkstoffkombination Emtricitabin/Tenofovirdisoproxil seit Mitte Oktober dieses Jahres massiv verschärft. Das Mittel ist in Deutschland das einzige zugelassene Medikament für die sogenannte HIV-Präexpositionsprophylaxe (PrEP), rund 39’000 Menschen im Land schützen sich aktuell damit vor einer Ansteckung mit HIV.
«Uns gehen die Vorräte aus, wir können gerade nur irgendwie versuchen, die Löcher in der Versorgung zu stopfen», wird DAHKA-Vorstand Erik Tenberken, der in Köln zwei Apotheken betreibt, in einer Mitteilung zitiert. Laut Tenberken könne gerade kein Hersteller die bestellten Mengen zur Verfügung stellen, die meisten würden im Moment überhaupt nicht liefern. «Wir hören zum Teil, dass es erst Ende Januar wieder Nachschub geben soll.» Viele Kolleg*innen könnten seit Wochen ihre Patient*innen nicht mehr versorgen. «Eine Katastrophe», sagt Tenberken.
PrEP gilt als hocheffektiv. Seit 2019 werden die Kosten von den gesetzlichen Krankenkassen in Deutschand übernommen (MANNSCHAFT berichtete). «Die fehlende Verfügbarkeit der PrEP-Medikamente führt de facto zu einer Einstellung dieser Gesundheitsleistung», sagt dagnä-Vorstandsmitglied Stefan Mauss. «Uns droht ein Anstieg der HIV-Neuinfektionen.»
Mauss weist zudem darauf hin, dass Emtricitabin/Tenofovirdisoproxil auch für viele Menschen mit HIV ein wichtiger Bestandteil ihrer antiretroviralen Therapie ist. «Hier können wir nur versuchen, die Therapie auf andere Medikamente umzustellen – was meist viel teurer wird und vermehrt zu Nebenwirkungen führen kann.» Ein Medikamentenmangel in einem solch sensiblen Bereich könne zudem das Vertrauen der Patienten in das deutsche Gesundheitssystem nachhaltig stören.
Sowohl Tenberken wie Mauss sehen vor allem die Politik in der Pflicht, etwas gegen die eskalierenden Lieferprobleme zu unternehmen. Gleichzeitig fordern sie die Herstellungsfirmen zum Handeln auf. «In den europäischen Nachbarstaaten gibt es keine Lieferschwierigkeiten in diesem Umfang», sagt Mauss. Es sei Zeit, dass die Regierung die Ursachen ehrlich analysieren und für strukturelle Änderungen sorgen.
«Das Geschäft mit generischen HIV-Medikamenten ist im Ausland einfach lukrativer», sagt Tenberken. «Die Hersteller scheinen das Interesse am deutschen Markt zu verlieren.»
PrEP soll künftig auch in der Schweiz von den Krankenkassen übernommen werden. Der Bundesrat hat Ende November eine entsprechende Entscheidung getroffen (MANNSCHAFT berichtete).
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