Trotz Plakataktion gegen «Sodomiten»: Kurzer Europride-Marsch findet statt

Das habe die serbische Regierung gegenüber der EU-Kommission bestätigt

Protestplakat gegen Europride in Belgrad (Foto: Twitter / Steve Taylor / @danophile)
Protestplakat gegen Europride in Belgrad (Foto: Twitter / Steve Taylor / @danophile)

Die für Samstag geplante Europride-Parade in Belgrad wird auf einer verkürzten Strecke stattfinden. Dies gab der Koordinator des Marsches, Goran Miletic, am Freitag in Belgrad bekannt. Startpunkt ist um 16 Uhr der Verfassungsgerichtshof.

Die Demonstration hätte ursprüngliche durch die halbe Innenstadt führen sollen. Das serbische Innenministerium hatte jedoch den LGBTIQ-Marsch untersagt, weil es nicht für die Sicherheit der Teilnehmer*innen garantieren könne (MANNSCHAFT berichtete).

Die Begründung gilt als wenig stichhaltig. Pride-Paraden finden in Belgrad seit 2014 ohne Zwischenfälle statt. Doch schon Ende August hatte Serbiens mächtiger Präsident Aleksandar Vučić die Absage oder Verschiebung der Pride in Aussicht gestellt. Der rechte Nationalist sucht zunehmend die Nähe zur ultra-konservativen serbisch-orthodoxen Kirche. Rechtsextremisten und klerikale Kreise veranstalteten in den letzten Wochen in Belgrad sogenannte «Prozessionen» gegen die Pride (MANNSCHAFT berichtete).

Auch in den vergangenen Tagen tauchten in Belgrad immer wieder Poster auf, mit denen Pride-Besucher*innen gedroht wird. Unter anderem heisst es da (auf Englisch): «Sodomiten sind nicht willkommen.»

Sturz in die EU-Hölle Man sieht daneben eine Figur mit Kreuz, die eine andere Figur mit Regenbogenfahne in einen von Flammen umloderten Abgrund stürzt. Ein Abgrund, in dem sich das Symbol der EU befindet. Die Botschaft ist eindeutig.

Gegenüber der Europäischen Kommission habe die serbische Regierung trotzdem inzwischen bestätigt, dass die Europride auf der geänderten Route stattfinden werde.

Zuvor hatte es aus der EU Proteste gegen das Verbot gegeben (MANNSCHAFT berichtete). Unklar blieb am Freitag allerdings, was aus einer gleichfalls untersagten Gegendemo wird und wie sich die Polizei im Fall eines Zusammenstosses verhalten werde.

Der Tagesspiegel berichtet, dass die Polizei Barbetreiber*innen in Belgrad mit Konsequenzen gedroht habe, sollten sie «queere» Veranstaltungen zur Europride abhalten. Sie kündigte demnach Kontrollen von Beamt*innen in Zivil an.

Patrollien auf eigene Faust? Die Tageszeitung berichtet von einer Bar im Ausgehviertel Cetinjska, einem «alternativen» und beliebten Treffpunkt für junge Menschen. Ein Barkeeper berichtet, dass er bereits am Dienstagmittag von zwei Polizistinnen in Zivil ausgefragt worden sei zu möglichen Pride-Veranstaltungen.

Ob ihre «Patrouille» behördlich angeordnet oder von den Polizistinnen auf eigener Faust durchgeführt wurde, konnte der Barkeeper nicht sagen. Er zuckte auch Nachfrage des Tagesspiegel nur mit den Schultern und sagte: «Serbien halt.»

Zur Europride werden auch mehrere Europaabgeordnete und europäische Politiker*innen erwartet (MANNSCHAFT berichtete). Der Queer-Beauftragte der Bundesregierung, Sven Lehmann, sagte am Freitag der Nachrichtenagentur dpa in Belgrad:  «Ich bin froh, dass der Pride-Marsch stattfinden kann.» Zugleich kritisierte er die Belgrader Führung, «die sich nicht immer klar an die Seite der Menschenrechte stellt».

«Wir können es kaum erwarten, so viele schöne und gute Menschen zu sehen», schreiben die Veranstalter*innen auf ihrer Facebook-Seite. Sie veröffentlichten auch einen genauen Ablaufplan des Pride-Marsches, der mit einem Konzert enden soll.

Am Freitagvormittag hatten queere Aktivist*innen eine von 27.000 Personen unterschriebene Petition von All Out an die Regierung übergeben. Darin werden Ministerpräsidentin Ana Brnabić und Präsident Aleksandar Vučić aufgefordert, die Demo wie ursprünglich geplant – also mit der längeren Route – zu erlauben. (mit dpa)

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