«Trans sein ist nicht schwierig. Trans sein in unserer Gesellschaft schon»
Eneas erzählt von der Arbeit als Transaktivist*in
Eneas aus Winterthur ist 26 Jahre alt und hat sich vor einem Jahr als trans nicht-binär geoutet. Seit ungefähr einem halben Jahr macht er Aufklärungsarbeit auf Instagram. Wir haben mit Eneas über Transaktivismus gesprochen.
Um die Info-Posts oder «Guides» von Eneas kommt man auf Instagram kaum herum. Darin erklärt Eneas beispielsweise, was nicht-binär bedeutet, wie man trans richtig schreibt oder was es mit den Pronomen in der Instagram-Bio auf sich hat. Jeder der Guides wird zigfach geteilt, der dazugehörige Account «happyneass» oft empfohlen.
Das Erfolgsrezept ist einfach: «Ich habe einen Guide auf Deutsch gemacht», erzählt Eneas. «Das kam gut an und darum habe ich mehr und mehr gemacht.» Bisher waren vergleichbare Posts nämlich fast nur auf Englisch zu finden.
Jede Person, die sich öffentlich als trans outet, ist automatisch Aktivist*in.
Doch begonnen hat der Aktivismus eigentlich viel früher. Nach dem Coming-out als trans im kleinen Kreis hat sich Eneas entschlossen, sich über den Instagram-Account der Öffentlichkeit zu outen. «Das wurde super aufgenommen, also habe ich weitergemacht». Für Eneas ist jede Person, die sich öffentlich als trans outet automatisch Aktivist*in. Damit teilt Eneas die Meinung von «Orange Is The New Black»-Star Laverne Cox. Sie sagt: «In einer Welt, die uns sagt, dass wir nicht existieren sollten, ist es für jede trans Person revolutionär, wenn sie sich öffentlich zeigt und sichtbar ist».
Eneas ist sehr offen und aufgeschlossen, was sich auch in dessen Aktivismus widerspiegelt. So waren die Follower*innen dabei, als Eneas die Narben der Mastektomie (Entfernung des Brustgewebes) postete. Auch vorher-nachher Aufnahmen der Stimme, die sich durch das Testosteron verändert, können angehört werden. Eneas geht sehr offen mit der Transition um und macht sie dadurch zu etwas Selbstverständlichem.
Ein bedeutender Tag für den Transaktivismus von Eneas war der Transgender Day of Visibility am 31. März. An diesem Tag wurden die Guides besonders oft geteilt und der Account sehr oft empfohlen. «Dadurch habe ich nun viel mehr Nachrichten, Interview-Anfragen aber leider auch mehr Trolls auf meinem Profil», sagt Eneas.
Doch auch positives Feedback hört Eneas. «Einige schreiben mir, dass sie durch meine Posts gemerkt haben, dass sie trans sind». Die Guides schaffen auch Visibilität für die Vielfalt von trans Personen. «Jemand hat geschrieben ‹Ich verstehe nun, dass ich nicht transitionieren muss, um trans zu sein!›».
Mit der neuen Aufmerksamkeit und dem grösseren Publikum hat Eneas beschlossen, die erste Petition zu starten. Sie verlangt vom Duden Verlag, die Einträge für trans anzupassen. «Sehr viele Menschen – eigentlich fast alle – schreiben trans immer noch falsch. Wenn ich sie dann korrigiere, verweisen sie auf den Duden». Obwohl der Eintrag bei Duden falsch ist, kann man dazu kaum etwas erwidern.
«Durch eine spontane Aktion habe ich dem Verlag eine E-Mail geschrieben und gesagt, sie sollen das ändern. Auch viele Follower*innen haben mitgemacht, aber wir haben alle die gleiche Standard-Antwort erhalten», erzählt Eneas. Mit einer Petition will Eneas mehr Druck machen. «Ich werde weitermachen, bis die Begriffe angepasst werden. Ich kämpfe dafür, bis es so weit ist.»
Mit der Wahl in den Vorstand des Transgender Network Switzerland (TGNS) möchte sich Eneas auch ausserhalb von Instagram für die Anliegen der Community einsetzen: «Ich möchte mich für einen neutralen Geschlechtereintrag stark machen und für geschlechtsneutrale Nasszellen im öffentlichen Raum».
Ein weiteres wichtiges Anliegen: «Trans sein muss mehr mit einem schönen Gefühl in Verbindung gebracht werden. Es wird viel über Geschlechtsdysphorie (Das Leiden daran, in einem falschen Geschlecht zu leben, Anmerkung der Redaktion) oder andere Probleme von trans Menschen gesprochen. Es macht den Eindruck, dass trans sein schwierig ist. Aber trans sein in unserer Gesellschaft ist schwierig, nicht trans sein an sich.
Eneas hat einige einfache Tipps, wie sich die Gesellschaft mit den Aktionen einzelner Personen transfreundlicher gestalten kann. «Schreibe deine Pronomen in deine Bio, sprich über deine Pronomen und informiere dich selber über die Thematik.» Jeder müsse bei sich selber anfangen, damit sich die Gesellschaft verändert, meint Eneas.
Als guter Einstieg empfiehlt Eneas die Dokus «Disclosure» über Transvisibilität in den Medien und die Doku «The Life and Death of Marsha P. Johnson» über die Anfänge des Transaktivismus. Ausserdem erkläre das Buch «Gender-Kram» von Louie Läuger viele Begriffe zum Thema Gender generell.
Ungefähr einen halben Tag verbringt Eneas auf Instagram, um Visibilität zu schaffen. Wie viele Aktivist*innen arbeitet auch Eneas mehrheitlich unentgeltlich. «Ich bin nicht allein und möchte auch die unterstützen, die mir helfen», sagt Eneas. Bereits mit kleinen Beiträgen, oder «Guezli» wie Eneas sagt, kann man auf Patreon Mitglied werden und die wichtige Arbeit unterstützen.
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