«Tatort»-Star Ulrike Folkerts würde gerne «Ich liebe dich» sagen
Als «Lena Odenthal» erstmals ermittelte, stand die Berliner Mauer noch. Wie bilanziert die TV-Kommissarin ihre bisher 36 Jahre Krimigeschichte?
Die dienstälteste «Tatort»-Kommissarin Ulrike Folkerts blickt mit Stolz auf ihre bisher 36 Jahre als TV-Ermittlerin zurück. «Nie hätte ich für möglich gehalten, dass ich so lange beim ,Tatort' bleibe», sagte die Schauspielerin am Rande des Drehs in Ludwigshafen der Deutschen Presse-Agentur. «Das ist Familie, das ist gewachsen, das ist mehr als ein Job, es ist ein Geschenk und eine immer wieder grosse Herausforderung, sich für gute Stoffe und Kriminalfälle, die Menschen interessieren und fesseln, einzusetzen.»
Als am 29. Oktober 1989 ihr erster Sonntagskrimi («Die Neue») lief, stand die Berliner Mauer noch, und der Kanzler hiess Helmut Kohl. Seitdem wurden 82 Ludwigshafen-Folgen ausgestrahlt. Die Besetzung wechselte, die Fälle änderten sich, nur TV-Kommissarin Lena Odenthal blieb als Konstante: oft mit Lederjacke - und immer ohne Partner*in. Gibt es einen Satz, den Folkerts nach 36 Jahren gerne einmal im «Tatort» sprechen würde? Ja: «Ich liebe Dich.»
Stilles Gedenken im «Tatort»-Büro Gut in Erinnerung geblieben sind ihr viele Folgen - darunter das Provinzdrama «Tod im Häcksler» (1991) über das Verschwinden eines Aussiedlers («Das war legendär»). Aber auch etwa «Die Zärtlichkeit des Monsters» (1993) sowie «Der glückliche Tod» (2009) über Sterbehilfe oder «Avatar» über virtuelle Realität (2024) und zuletzt «Mike & Nisha» - auch viele weitere Filme seien gesellschaftlich relevant gewesen, sagte Folkerts. «Schon die Titel verweisen auf die Vielfalt und Unterschiedlichkeit der Fälle für Lena Odenthal.»
Im jüngsten «Tatort» erinnerte ein Foto an den 2024 auf dem Mannheimer Marktplatz getöteten Polizisten Rouven Laur. «Ein junger Mann, der unseren Rechtsstaat vertrat und bei dieser schockierenden Messerattacke tödlich verletzt wurde», sagte Folkerts. «So nah an Ludwigshafen, dass wir fanden, wir sollten ihm zum Gedenken einen Platz in Lena Odenthals Büro geben.» Laurs Kollegen und Familie seien «mehr als einverstanden» gewesen. «Nun befindet sich für immer ein Bild von Rouven Laur im ,Tatort' aus Ludwigshafen.»
Ein Rat an den Nachwuchs Folkerts ist auch in anderen Filmen und ebenfalls auf der Bühne zu sehen, etwa früher bei den Salzburger Festspielen. «Schauspielerin zu sein, ist wundervoll, wenn man zu tun hat», sagte die 64-Jährige. Was rät sie jungen Schauspieler*innen? «Sieh zu, dass Du noch einen anderen Job lernst», betonte Folkerts, «durch den Du immer wieder unabhängig sein kannst.»
Folkerts sprach vor ein paar Jahren in der SZ darüber, warum sie ihr Privatleben lange vor der Öffentlichkeit versteckt habe. Sie sei einst nach Berlin gegangen, weil sie wusste, in der Community kriege man ein anderes Selbstwertgefühl. Um Geld zu verdienen, habe sie neben den «Tatort»-Drehs in einer Lesbenbar gearbeitet. «Ich fand damals: Es ist nicht wichtig, das in meinem Beruf zu thematisieren, es sagt ja auch niemand: Ich bin Schauspielerin und heterosexuell. Aber das stimmt am Ende natürlich nur bedingt.»
Deshalb habe sie gerne bei der Aktion #Actout mit gemacht, bei der sich 185 Schauspieler*innen gemeinsam geoutet haben. (MANNSCHAFT berichtete) Es sei ein Drama, dass solche Aktionen heute noch nötig seien. «Aber es ist auch Fakt, dass das Fernsehen immer noch viel zu wenig divers ist. Dass es gerade mal eine Handvoll Schauspielerinnen in Deutschland gibt, die sich als lesbisch geoutet haben und trotzdem gut arbeiten können.» Es gebe kaum Role Models im Fernsehen, monierte Folkerts. (Auch in der Politik gibt es noch Nachholbedarf, findet ein grünes Politikerinnenpaar – MANNSCHAFT berichtete).
Aus der der lesbischen Community habe man zwischenzeitlich die Forderung an sie herangetragen, dass Lena Odenthal im «Tatort» auch lesbisch werden sollte. «Das bist du uns schuldig», habe man ihr gesagt. Plötzlich habe die Community ähnlich argumentiert wie die Fernsehredaktion des SWR, der ihren «Tatort» produziert. Von dort sei nämlich derselbe Vorschlag gekommen: Es ermittle ja schliesslich noch keine lesbische «Tatort»-Kommissarin.
Aber Folkerts habe abgewunken. «Da habe ich gesagt: Lieb gemeint, aber der Zug ist so was von abgefahren. Das kann jetzt wirklich wer anders machen.»
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