Schwules Museum Berlin – Kampfabstimmung für neuen Vorstand?

"Unsere Gegner schlafen nicht und formieren sich gerade im Hintergrund", warnte Vorstandsmitglied Vera Hofmann und warb für ihre Wiederwahl

Schwules Museum Berlin im neuen Corporate Design (Foto: Facebook/Florian Mecklenburg / Goys & Birls)
Schwules Museum Berlin im neuen Corporate Design (Foto: Facebook/Florian Mecklenburg / Goys & Birls)

Im Schwulen Museum in Berlin (SMU) hängt der Haussegen schief, oder vielmehr: que(e)r, queerfeministisch. Die Vorwürfe gegen den amtierenden Vorstand wiegen schwer: Die Rede ist von Denkverboten, Mobbing, Rassismus. Drei schwule Mitglieder äußerten in der Juni-Ausgabe der Mannschaft ihre Unzufriedenheit (hier geht’s zum Abo (Deutschland) – und hier auch (Schweiz).

Man schaut, wer ist das größte Opfer in der queeren Gemeinde, und dessen Position wird prominent verteidigt

Der Vorstand kommuniziere gerne nach außen, das Museum sei in seiner Ausrichtung queer-feministisch oder gar intersektional. Das könne man natürlich machen, an einer solchen Ausrichtung ist nichts verkehrt, findet Mischa Gawronski. Der 47-Jährige saß für ein Jahr im SMU-Vorstand und kritisiert: Von einer queer-feministischen Ausrichtung steht gar nichts in der Satzung. Er vermutet: Der Vorstand entwickelt kein Leitbild, weil es bei den Mitgliedern nicht durchkäme. Dennoch werde innerhalb des Museums eine „dominante Opferhaltung“ praktiziert, wie Mischa sagt: „Man schaut, wer ist das größte Opfer in der queeren Gemeinde, und dessen Position wird prominent verteidigt.“ Spoiler: Schwule Männer sind es nicht.

Gesehen im SMU auf einer der Tischplatten in der Dyke Bar: „Stirb, cis Abschaum!“ (Foto: privat)
Gesehen im SMU auf einer der Tischplatten in der Dyke Bar: „Stirb, cis Abschaum!“ (Foto: privat)

Unsere Gegner schlafen nicht und formieren sich gerade im Hintergrund

Hofmann hatte Mitte des Monats zudem in einem Facebook-Post gewarnt: „Unsere Gegner schlafen nicht und formieren sich gerade im Hintergrund. Menschen, die dem Museum und Einzelpersonen, inklusive mir als Frau natürlich, im letzten Jahr lautstark und öffentlich geschadet haben, meinen nun, sie könnten die Geschicke der queeren Bewegung adäquat vertreten.“

Johannes Kram (Foto: Markus Lücke)
Johannes Kram (Foto: Markus Lücke)

Auch Brigitte Oytoy bewirbt sich, eine „Berliner Polittunte aus der tuntische Tradition des Waldschlösschens“, wie sie sich selbst beschreibt. Im Vorstand des Schwulen Museums wolle sie sich insbesondere in der Planung und Umsetzung des Veranstaltungsprogramms, in der Vernetzung und in den laufenden Öffnungsprozess einbringen, so Oytoy.

Insgesamt bewerben sich 15 Kandidaten für den achtköpfigen Vorstand, darunter auch Mitglieder des jetzigen Vorstands wie Jan-Claus Müller und Heiner Schulze sowie Vera Hofmann und Birgit Bosold. Die Frauen hoben mit Blick auf die bevorstehenden Wahlen in der Mail an potenzielle Unterstützer ihre zurückliegende Arbeit hervor, die sie weiterführen wollen. Man habe mit der Arbeit der letzten beiden Jahre, dem postkolonialen Schwerpunkt 2017 und dem Jahr der Frau_en 2018  einen „programmatischen Wandel“ im Schwulen Museum vollzogen, erklären sie.

Die mühsam herangezogenen zarten Pflänzchen der Weiblichkeiten* nicht zertrampeln lassen

Das Schwule Museum sei ein schwieriger Ort, so Hofmann, „rückständig teilweise trotz seiner Progressivität in vielen Bereichen“. Weiter schrieb sie, sie wollte dazu beitragen, einen „diskriminierungsärmeren Ort zu schaffen, strukturelle Diversität ernsthaft anzugehen, ästhetische Praxis mit Verkörperung und Theorie zu verknüpfen und die mühsam herangezogenen zarten Pflänzchen der Weiblichkeiten* nicht zertrampeln zu lassen“.

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