Russland: Aufklärung der Schwulenverfolgung in Tschetschenien «unnötig»
Die OSZE hat den «Moskau Mechanismus» ausgelöst - neben Russland sträubt sich auch Österreich
Auf Druck von 16 Mitgliedsländern, darunter Deutschland, Schweden, Grossbritannien und Kanada, hat die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) am vergangenen Donnerstag ihren «Moskau-Mechanismus» ausgelöst, um die bereits 2017 bekanntgewordenen schweren, homo- und transphob motivierten Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien aufzuklären.
Ob eine von Island geforderte Expertenmission in die Kaukasus-Republik reisen kann, ist aber noch unklar. Das russische Aussenministerium bezeichnete die Einleitung des Moskauer Mechanismus als unbegründet, spricht gar von einem «Missbrauch des OSZE-Instrumentariums», der dem Geist der Organisation widerspreche. Auch Österreich beteiligt sich nicht an der isländischen Initiative.
April 2017: Die russische Zeitung Nowaja Gaseta berichtet erstmalig von einer brutalen Verfolgungswelle durch staatliche Milizen gegen schwule und bisexuelle Männer in Tschetschenien. Demnach wurden seit Februar 2017 drei schwule Männer ermordet, über 100 weitere Männer von staatlichen Milizen willkürlich in Geheimgefängnisse verschleppt und dort gefoltert.
Dem tschetschenischen Parlamentsvorsitzenden Magomed Daudow wird eine direkte Beteiligung vorgeworfen. Im April 2018 gab es neue Berichte über anhaltende aussergesetzliche Haft und Folter, die sich auch gegen lesbische und transgeschlechtliche Frauen richten. Im Juni 2018 hat auch der Europarat einen detailliert recherchierten Bericht zu den Vorkommnissen veröffentlicht. Die Auslösung des Moskauer-Mechanismus ist die Konsequenz aus der Weigerung russischer Behörden im Rahmen des Wiener Mechanismus zu kooperieren und stattdessen die Ermittlungen zu Menschenrechtsverletzungen in der teilautonomen Region Tschetschenien weiterhin zu verschleppen oder zu behindern.
Dazu erklärt Axel Hochrein, Mitglied im Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD), man begrüsse die Auslösung des Moskauer Mechanismus der OSZE. «Es ist höchste Zeit, dass eine Erkundungsmission entsandt wird, damit die unglaublichen Grausamkeiten, Morde und Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien untersucht, in einem Bericht dokumentiert werden und politische wie rechtliche Konsequenzen für die Verantwortlichen haben.»
Auch der LSVD hatte sich in einem Schreiben an Michael Roth, Staatsminister im Auswärtigen Amt, gewandt und um die Unterstützung Deutschlands bei der Einleitung des Moskauer-Mechanismus gebeten.
Deutschland muss hartnäckig auf Aufklärung der Morde, Bestrafung der Schuldigen und sofortigen Stopp der Verfolgung bestehen
Deutschland müsse weiterhin hartnäckig bei jeder sich bietenden Gelegenheit auf Aufklärung der Morde, Bestrafung der Schuldigen und sofortigen Stopp der Verfolgung bestehen. «Des Weiteren müssen die bislang veröffentlichten schrecklichen Berichte Einfluss auf die Entscheidungen über laufende Asylverfahren haben», so Hochrein. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) dürfe nach Kenntnis der derzeitigen Situation die Asylanträge lesbischer, schwuler, bisexueller und transgeschlechtlicher Tschetschenen nicht ablehnen. «Eine Aufforderung, Schutz in anderen Teilen Russlands zu suchen, ist angesichts der dortigen Menschenrechtslage ebenfalls keine Alternative. Zu gross ist die Gefahr, dass die Familien den Wohnort erfahren, die Geflüchteten dort angreifen oder ermorden», so der LSVD-Mann.
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