Saudi-Arabien im «Barbie»-Fieber
«Wir haben uns selbst gesehen»
In einigen Ländern ist «Barbie» aufgrund der Queerness im Film verboten, nicht so in Saudi-Arabien. Hier stürmt die Bevölkerung begeistert ins Kino.
Rosa Hemden, rosa lackierte Nägel, rosa Schleifen im Haar – bei der Premiere des «Barbie»-Films von Greta Gerwig in Riad erschienen die Besucher*innen ganz im Sinne des Films gekleidet. Nawaf al-Dossary und Mohammed al-Sayed sind unter ihnen, um auf der Leinwand die Geschichte einer Puppe zu sehen, die sich aufmacht, das Patriarchat abzuschaffen. «Ich hatte das Gefühl, dass meine Mutter den Film sehen sollte», sagt al-Dossary der New York Times (Bezahlschranke). «Alle unsere Familienmitglieder – alle Familien.»
Im Libanon, in Algerien, in Pakistans – in einigen Teilen der Welt ist der Film verboten. Weil er queere Themen anspricht, weil er tradionielle Geschlechterrollen untergräbt, weil hier Männer in einer von Frauen regierten Welt oft nur als Augenweide dienen. Im erzkonservativen Saudi-Arabien aber, wo der neue «Spiderman»-Film aufgrund einer gezeigten trans Flagge nicht gesehen werden kann (MANNSCHAFT berichtete), bleiben die Kinos offen.
In dem Land, das im vergangenen Jahr noch Spielzeug in Regenbogenfarben beschlagnahmen liess (MANNSCHAFT berichtete), läuft der Film seit einigen Tagen im Kino – begleitet von einem unerwartet hohem Ansturm. Einige Kinos zeigen mehr als 15 Vorführungen pro Tag. Früher mussten die Menschen hier noch nach Bahrain fahren, um ins Kino zu gehen, weil es bis vor acht Jahren in dem Königreich keine Kinos gab, geschweige denn solche, die Filme über das Patriarchat zeigten.
Seit seiner Machtübernahme 2017 hat Kronprinz Mohammed bin Salman aber viele Beschränkungen abgeschafft – aber auch die politische Repression verstärkt. Homosexualität und Alkoholkonsum sind streng verboten, Meinungs- und Versammlungsfreiheit stark eingeschränkt.
Dass trotz alledem, der «Barbie»-Film gezeigt wird, sorgte für eine kleine Hoffnung auf ein Umdenken. Doch auch hier gibt es Kritiker. Unternehmerin Wafa Alrushaid sprach sich gegenüber der Times beispielsweise für ein Verbot aus, weil sie den Film als eine «Verzerrung des Feminismus» empfinde. In dem Film würden Frauen übermässig schikaniert und Männer verunglimpft. Ausserdem beanstandete sie die Tatsache, dass eine trans Schauspielerin eine der Barbies gespielt habe. «Dieser Film ist eine Verschwörung gegen Familien und die Kinder der Welt», erklärte die 48-jährige.
Nawaf al-Dossary und Mohammed al-Sayed haben derweil ihre eigene Wahrnehmung von dem Film. Sie lachten über Kens witzelnde Frage, ob ein Mann ohne Macht eine Frau sei. «Wir haben uns selbst gesehen», erklärte al-Dossary. Al-Sayed fühlte sich, als er Barbies Suche nach Identität und Bedeutung sah, hingegen an seine Collegezeit erinnert und sich seiner Zugehörigkeit in der Welt unsicher war.
Das könnte dich auch interessieren
Berlin
Homofeindliches Mobbing am Campus Rütli? Staatsanwaltschaft ermittelt
Der Ehemann eines schwulen Lehrers am Campus Rütli in Neukölln bekommt nachts anonyme Anrufe und wird beleidigt. Stecken Schüler dahinter? Die Staatsanwaltschaft ermittelt.
Von Newsdesk/©DPA
Bildung
Deutschland
Queerfeindlichkeit
News
Österreich
Ex-Rotlicht-Boss Walter P. will als trans Frau ins Frauengefängnis
In Österreich änderte ein Ex-Rotlicht-Boss sein Geschlecht als weiblich, um in ein Frauengefängnis zu kommen. Die Geschichte sorgt für heftige Debatten.
Von Christian Höller
News
TIN
Justiz
Sport
Seattle plant «Pride Match» zur Fussball-WM 2026
Während die Fussball-WM 2026 in mehreren queerfreundlichen US-Städten gastiert, verbindet Seattle Sport und Pride-Feier zu einem sichtbaren Zeichen für die LGBTIQ-Community.
Von Newsdesk Staff
Pride
News
International
Österreich
Qwien eröffnet neuen Standort in Wien
Mit neuen Räumlichkeiten und gesicherter Finanzierung baut Qwien seine Rolle als queeres Kultur- und Forschungszentrum in Wien weiter aus.
Von Newsdesk Staff
News
LGBTIQ-Organisationen
Wissenschaft
Geschichte
Kultur