Pride-Studie: Weltweit sinkende Unterstützung für LGBTIQ-Rechte
Es wurden 22‘514 Personen aus 30 Ländern befragt
Eine klare Mehrheit der Deutschen befürwortet die rechtliche Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen Paaren. Seit 2021 ist die Akzeptanz für die Ehe für alle und Regenbogenfamilien in Deutschland jedoch stark gesunken.
Das belegt eine internationale Studie, die das Markt- und Meinungsforschungsinstitut Ipsos anlässlich des Pride-Monats durchgeführt hat. Auch in anderen westlichen Ländern wie den USA hat die Unterstützung für LGBTIQ-Rechte zuletzt merklich nachgelassen (MANNSCHAFT berichtete). Massnahmen, die die Rechte von trans Personen stärken, werden dort besonders kritisch gesehen.
62 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass gleichgeschlechtliche Paare in Deutschland legal heiraten dürfen sollten – sechs Prozentpunkte weniger als bei der letzten Erhebung vor zwei Jahren. Weitere 12 Prozent vertreten die Ansicht, dass gleichgeschlechtliche Paare zwar eine Art von rechtlicher Anerkennung erhalten, aber nicht heiraten dürfen sollten.
Etwa ebenso viele (13 Prozent) sprechen sich gegen jede Form der Anerkennung aus. In Italien, Grossbritannien, Kanada und den USA ist die Akzeptanz von gleichgeschlechtlichen Ehen ebenfalls stark rückläufig. Am niedrigsten ist die Zustimmung unter allen befragten Ländern in der Türkei, wo sich nur ein Fünftel (20 Prozent) für die Ehe für alle ausspricht (MANNSCHAFT berichtete).
Grosse geografische Unterschiede Über zwei Drittel der deutschen Bevölkerung (68 Prozent) glauben, dass gleichgeschlechtliche Paare mit der gleichen Wahrscheinlichkeit wie andere Eltern erfolgreich Kinder grossziehen können. 67 Prozent finden daher auch, dass Homosexuelle bei der Adoption von Kindern die gleichen Rechte haben sollten wie heterosexuelle Paare. 2021 wurde diese Auffassung allerdings von 69 Prozent der Befragten geteilt, vor genau einem Jahrzehnt lag der Wert sogar noch höher (2013: 71 Prozent). Am grössten ist die Akzeptanz von Regenbogenfamilien derzeit in Spanien (80 Prozent), am niedrigsten in Polen (33 Prozent) und der Türkei (35 Prozent).
Neben grossen geografischen Unterschieden fallen auch Differenzen im Antwortverhalten zwischen Männern und Frauen bzw. jungen und älteren Befragten auf. Während sich Frauen und jüngere Personen vergleichsweise häufig für LGBTIQ-Rechte aussprechen, wird die Gleichstellung von queeren Menschen von Männern und älteren Befragten deutlich seltener befürwortet.
Einstellung zu trans Personen erstmals abgefragt Erstmalig abgefragt wurden in der Studie die Einstellungen der Menschen gegenüber trans Personen. Die Meinung, dass trans Menschen im eigenen Land noch immer stark diskriminiert werden, findet bei den Deutschen mit 47 Prozent Zustimmung keine Mehrheit. Im Durchschnitt der 30 untersuchten Länder wird diese Ansicht dagegen von 67 Prozent der Befragten geteilt. Zwei Drittel (68 Prozent) sprechen sich in Deutschland grundsätzlich dafür aus, dass trans Personen in Bereichen wie Arbeit und Wohnen sowie beim Zugang zu Restaurants oder Geschäften vor Diskriminierung geschützt werden sollten.
Auch hier liegt Deutschland deutlich unter dem globalen Durchschnitt von 76 Prozent – lediglich in Ungarn, Rumänien, Polen und der Türkei ist die Zustimmung noch etwas geringer als hierzulande.
Bei anderen Antidiskriminierungsmassnahmen gehen die Meinungen noch weiter auseinander. 57 Prozent der Deutschen halten es für richtig, dass trans Menschen die Nutzung von nach Geschlechtern getrennten Einrichtungen wie öffentlichen Toiletten gestattet sein sollte, wenn sie dem Geschlecht entsprechen, mit dem sie sich identifizieren, 28 Prozent stimmen dem nicht zu.
Schlusslichter Bemerkenswert: Unter allen 30 befragten Ländern bilden die USA und Grossbritannien (je 40 Prozent) das Schlusslicht, wo die Rechte und der Schutz von trans Personen in letzter Zeit zu polarisierenden politischen Themen geworden sind. Ähnlich verhält es sich bei der Frage, ob trans Teenager mit der Zustimmung der Eltern «geschlechts-bejahende Behandlungen» wie z.B. Beratung und Hormonersatztherapie erhalten sollten.
Weniger als die Hälfte der amerikanischen (45 Prozent) und britischen (47 Prozent) Bevölkerung würde dies befürworten, lediglich in Ungarn fällt die Zustimmung noch geringer aus. In Deutschland stimmen 56 Prozent dieser Massnahme zu.
Dass die Kosten für Geschlechtsangleichungen genau wie die Kosten für andere medizinische Verfahren von der Krankenversicherung übernommen werden sollten, finden 50 Prozent der Deutschen richtig, 35 Prozent sind dagegen. Ebenfalls rund die Hälfte (53 Prozent) spricht sich dafür aus, dass von der Regierung ausgestellte Dokumente wie Reisepässe für Personen, die sich nicht als «weiblich» oder «männlich» identifizieren, eine weitere Option erhalten sollten.
13 Prozent der Schweizer*innen definitert sich als LGBTIQ Mehr als jeder zehnte Deutsche (11 Prozent) definiert sich selbst als Teil der LGBTIQ-Community. Davon fühlen sich drei Prozent zum selben Geschlecht hingezogen, weitere vier Prozent sind laut eigener Aussage bisexuell. Jeweils ein Prozent der Bevölkerung beschreibt sich selbst als pansexuell/omnisexuell oder asexuell. Vier Prozent der Bundesbürger*innen geben an, sich nicht als männlich oder weiblich, sondern als trans, nicht-binär, nicht geschlechtskonform oder genderfluid zu identifizieren.
Der grösste Anteil von LGBTIQ an der Gesamtbevölkerung findet sich in Brasilien (15 Prozent), Spanien (14 Prozent) und der Schweiz (13 Prozent). In Polen (6 Prozent), Japan (5 Prozent) und Peru (4 Prozent) ordnen sich die wenigsten Menschen der LGBTIQ-Community zu.
Sexuelle und geschlechtliche Vielfalt bei Gen Z am grössten
Unter jungen Erwachsenen ist die sexuelle und geschlechtliche Vielfalt dabei deutlich grösser als bei älteren Befragten. In Deutschland identifizieren sich 22 Prozent der Gen Z (Jahrgang 1997+) als LGBTIQ. Unter Millennials (1981-1996) und Vertreter:innen der Gen X (1965-1980) liegt dieser Wert bei jeweils zehn Prozent, bei der Generation der Baby Boomers (1946-1964) nur bei fünf Prozent.
Die Ergebnisse stammen aus der Ipsos Global Advisor-Studie «LGBT+ Pride 2023». Bei der Online-Umfrage wurden zwischen dem 17. Februar und 3. März 2023 insgesamt 22‘514 Personen aus 30 Ländern über das Ipsos Online Panel-System interviewt. In Kanada, Südafrika, der Türkei und den USA waren die Befragten zwischen 18 und 74 Jahren alt, in Thailand zwischen 20 und 74 Jahren, in Singapur zwischen 21 und 74 Jahren und in allen anderen Ländern zwischen 16 und 74 Jahren.
In Australien, Brasilien, Deutschland, Frankreich, Grossbritannien, Italien, Kanada, Japan, Mexiko, Neuseeland, Singapur, Spanien, Südkorea, Thailand und den USA umfasste die Stichprobe etwa 1‘000 Personen. In Argentinien, Belgien, Chile, Irland, Kolumbien, den Niederlanden, Peru, Polen, Rumänien, Schweden, der Schweiz, Südafrika, der Türkei und Ungarn wurden jeweils etwa 500 Personen befragt.
«Globaler Länderdurchschnitt» In 18 von 30 untersuchten Länder ist die Internetdurchdringung ausreichend hoch, um die Stichproben als repräsentativ für die breitere Bevölkerung in den abgedeckten Altersgruppen zu betrachten: Argentinien, Australien, Belgien, Deutschland, Frankreich, Grossbritannien, Italien, Japan, Kanada, Neuseeland, Niederlande, Polen, Schweden, Schweiz, Spanien, Südkorea, Ungarn und USA. Die verbleibenden 12 Länder weisen eine geringere Internetdurchdringung auf. Die Stichprobe dieser Länder ist städtischer, gebildeter und/oder wohlhabender als die Allgemeinbevölkerung und sollten so betrachtet werden, dass sie die Ansichten der stärker «vernetzten» Bevölkerungsgruppe widerspiegelt.
Die Daten werden so gewichtet, dass die Stichprobenzusammensetzung jedes Marktes das demografische Profil der erwachsenen Bevölkerung gemäss den neuesten Volkszählungsdaten am besten widerspiegelt.
Der «Globale Länderdurchschnitt» spiegelt das durchschnittliche Ergebnis für alle 30 Nationen wider, in denen die Umfrage durchgeführt wurde. Er wurde nicht an die Bevölkerungsgrösse der einzelnen Länder angepasst.
Wenn die Ergebnisse sich nicht auf 100 aufsummieren, liegt das an Rundungen durch die computer-basierte Zählung, erlaubte Mehrfachnennungen oder dem Ausschluss von «weiss nicht/keine Angabe» Nennungen.
In Gelsenkirchen verübten vermutlich linksextreme Transaktivist*innen einen Anschlag aufs Wohnhaus von Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) wegen dessen Haltung beim geplanten Selbstbestimmungsgesetz (MANNSCHAFT berichtete).
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