«Overcompensating» – Deftige Sex-Scherze und rührende Niedlichkeit

Die neue Serie ist viel mehr als eine Coming-out-Komödie

Overcompensating
«Overcompensating» (Bild: Amazon Prime)

Der Trend zu Comedy-Serien, deren Schöpfer*innen die eigene Biografie als Hauptinspiration für ihre Geschichte nutzen, hält weiter an. Neustes Beispiel: «Overcompensating» von Benito Skinner.

Skinner begann als Comedy-Creator auf Social Media-Plattformen und Podcaster und hat das autobiografische Erzählen bereits mit einem Bühnenprogramm gleichen Namens erprobt. Jetzt bei Amazon Prime Video

In seiner ersten Serie spielt Skinner Benny, der gerade die High School hinter sich hat und nun ins aufregende, Freiheit und Selbstständigkeit versprechende College-Leben startet. Vom Auftreten als selbstbewusster Football-Star bis hin zur Studienfachwahl hat er bislang stets allen von aussen an ihn herangetragenen Erwartungen entsprochen. Mehr noch: Bennys Motto ist – der Titel deutet es an – die Überkompensation. Denn sein oberstes Ziel ist es, schon seit er als Knirps vor dem Fernseher für den halbnackten Brendan Fraser in «George of the Jungle» zu schwärmen begann und Britney Spears den Soundtrack seiner Kindheit lieferte, dass niemand mitbekommt, dass er eigentlich schwul ist.

Um als echter Hetero-Bro durchzugehen, versucht Benny nicht nur, dem Freund (Adam DiMarco) seiner älteren, am gleichen College studierenden Schwester (Mary Beth Barone) nachzueifern, sondern will natürlich auch alsbald eine Kommilitonin «flachlegen». Da trifft es sich gut, dass auch die unerfahrene Aussenseiterin Carmen (Wally Baram) schnellstmöglich Sex haben will. Die erste gemeinsame (Party-)Nacht verläuft aber natürlich nur bedingt erfolgreich. Und dass immer wieder der niedliche Filmstudent Miles (Rish Shah) Bennys Weg kreuzt, macht das Unterdrücken gewisser Gefühle nicht leichter.

„Overcompensating» ist viel mehr als bloss eine Coming-out-Komödie à la «Love, Victor», geht es hier doch um die sehr spezifische Erfahrung, wie jemand seine Identität nicht unterbewusst hinter Zurückgezogenheit und Unbeholfenheit versteckt, sondern hinter einer Fassade übertriebener Angepasstheit. Besonders ist aber auch der Tonfall, der wenig Platz lässt für die Melancholie und Tragikomik, die viele andere autofiktionale Serien der vergangenen Jahre.

Skinner hat viel mehr grossen Spass daran, ohne falsche Zurückhaltung die in Hollywood allzu oft arg glattpolierte Darstellung des Campus-Alltags auf den Kopf zu stellen und sich dabei nicht zuletzt eines klassisch-derben Gross-Out-Humors zu bedienen. Gepaart mit einer schier endlosen Parade popkultureller Gags und Anspielungen, die von Nicki Minaj-Lyrics und einer Verneigung vor Megan Fox in «Jennifer’s Body» bis hin zu Gastauftritten von James Van Der Beek oder Charli XCX reichen, ergibt das eine Comedy-Serie, die so dezidiert wie kaum eine andere vom Gen Z-Dasein erzählt.

Dass Skinner und manche Co-Stars dabei unübersehbar eine ganze Ecke zu alt sind, um Studienanfänger*innen zu verkörpern, ist natürlich Teil des Konzepts. Denn neben deftigen Sex-Scherzen und rührender Niedlichkeit ist auch noch Platz für erfrischend viel beiläufige Absurdität.

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