«Operette für zwei schwule Tenöre» feiert Uraufführung in Berlin

Am Mittwoch ist es soweit

Die beiden Hauptdarsteller Ricardo Frenzel Baudisch (Mitte l) und Felix Heller (Mitte r) Foto: Michael Bidner/dpa
Die beiden Hauptdarsteller Ricardo Frenzel Baudisch (Mitte l) und Felix Heller (Mitte r) Foto: Michael Bidner/dpa

Die Operetten-Ära ist längst passé. In Berlin wagen sich nun Künstler mit der «Operette für zwei schwule Tenöre» an eine Wiederbelebung – mit typischer Musik, aber ganz anderen Texten. Schwul und queer. Von Gregor Tholl, dpa

In einem Raum voller Nicht-Heterosexueller kann es beim «Liebeslied von Mann zu Mann» schon mal nachdenklich-still werden, denn der Song aus der neuen «Operette für zwei schwule Tenöre» holt viele im Publikum ab, die sich gewünscht hätten, als junger Mensch ein solches Liebeslied zu kennen. Das hätte das Lebensgefühl einfacher gemacht, als es in Medien noch keine oder wenig und dann meist negative Repräsentation für Leute gab, die das gleiche Geschlecht begehren. In dem Stück, das am Mittwoch seine Premiere im BKA-Theater in Berlin-Kreuzberg erlebt, geht es um ein Männerpaar, dessen Beziehungskrise in 16 Songs Revue passiert (MANNSCHAFT berichtete).

«Es ist die Uraufführung der ersten queeren Operette der Welt», sagen die Macher. Die Schmacht-Walzer und Schlager tragen Titel wie «Liebe Grüsse aus Berlin!», «Champagner von Aldi», «Wann fahr’n wir wieder zu Ikea?», «Gern hätte ich die Frau’n geküsst» oder «Mein Fetisch ist die Operette». Die Nummern sind eingängig, verführen zum Schunkeln und Schwelgen, doch überraschen auch in ihrer Thematik, wenn man auf den Text achtet: So geht es zum Beispiel auch um Analverkehr oder die eventuellen sexuellen Freiräume in einer Langzeitpartnerschaft.

Vordergründig dreht es sich um Jan (Sänger: Felix Heller) und Tobi (Ricardo Frenzel Baudisch). Die Story und Texte über das Männerpaar können aber durchaus auch andere Menschen aus der Community berühren – und sogar Heteros.

Die «Operette für zwei schwule Tenöre» ist ein lang gehegter Traum des Autors Johannes Kram, der 2016 für seinen Nollendorfblog für den Grimme Online Award nominiert wurde und ihn 2021 für seinen Podcast «Queerkram» gewann (MANNSCHAFT berichtete). Er schrieb zudem schon ein Theaterstück über abgründigen Boulevardjournalismus («Seite Eins») und das analytisch-anklagende Buch «Ich hab ja nichts gegen Schwule, aber… – Die schrecklich nette Homophobie in der Mitte der Gesellschaft».

Die Musik der Operette, die keine Scheu vor Pathos kennt, hat Florian Ludewig geschrieben, der einst auch die Melodien des Kleinkunst- und Chanson-Duos Malediva komponierte.

Die Operette will weder als Parodie noch als «Retro»-Imitation des Genres verstanden werden, sondern als ein Stück, das die stilistische Welt der kleinen Oper mit heutigen Themen füllt. Operette reloaded sozusagen – für Liebhaber des Genres ein Erweckungserlebnis.

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