Missbrauchsverfahren: Kevin Spacey kann nicht anonym verklagt werden
Bei der 40-Millionen-Dollar-Klage gegen den ehemaligen «House of Cards»-Star gibt es eine überraschende Wende
Der bislang anonym gebliebene Mann, der behauptet, als 14-Jähriger von Kevin Spacey sexuell missbraucht worden zu sein, muss seine Identität preisgeben, wenn seine 40-Millionen-Dollar-Klage gegen den Schauspieler fortgesetzt werden soll.
Das entschied diese Woche ein US-Bundesgericht in Manhattan, wie Nachrichtenagenturen melden. Der New Yorker Richter Lewis Kaplan entschied, dass Spaceys Prominenz das berechtigte öffentliche Interesse «vergrössert» («magnify») zu erfahren, wer der Kläger sei, der sich bisher nur C.D. nannte.
Ausserdem entschied der Richter, dass es eine unfaire Belastung für den 61-jährigen Spacey sei, sich gegen einen unbekannten Ankläger verteidigen zu müssen. (MANNSCHAFT berichtete über Spaceys Identitäskrise.) C.D. erhebe «ernste Vorwürfe», weswegen es auch um seine Glaubwürdigkeit gehe, schreibt Kaplan: «Fairness verlangt, dass er bereit sein sollte, sich auch öffentlich hinter seine Anschuldigungen zu stellen.»
C.D. habe nun zehn Tage Zeit, seine Klage entsprechend anzupassen und seinen vollständigen Namen einzufügen, heisst es. Die Anwälte beider Parteien haben sich bislang nicht zu dieser Wende im Verfahren geäussert.
Posttraumatische Belastungsstörung Laut Darstellung von C.D. habe er Spacey 1981 während einer Schauspielklasse in Westchester County kennengelernt, als er 12 Jahre alt gewesen sei. Dann soll zwei Jahre später eine sexuelle Beziehung begonnen haben in New York City, als Spacey den Jungen in sein Apartment eingeladen habe. Laut bisherigen Aussagen habe der 14-Jährige dabei Oralsex mit Spacey gehabt. C.D. behauptet, der damalige Hollywood-Superstar habe bei einem weiteren Treffen versucht ihn zu vergewaltigen und zu penetrieren, woraufhin C.D. aus dem Apartment geflüchtet sei.
Richter Kaplan urteilte nun, dass C.D. bereits viele Details zu den vermeintlichen Vorfällen mit der Öffentlichkeit geteilt habe, u. a. 2017 in einem Artikel in Vulture. Laut Kaplan sei er damit «wissentlich und wiederholt» das Risiko eingegangen, dass jemand, der die Details seiner Geschichte lesen oder hören konnte, seine Identität einer breiteren Öffentlichkeit enthüllen würde.
Die Anwälte des Klägers hatten bislang behauptet, eine solche Enthüllung würde zu posttraumatischen Belastungsstörungen führen. Richter Kaplan erwiderte nun, dass C.D. diese Störungen sowieso erleben würde, wenn das Verfahren fortgesetzt werde.
Klage zusammen mit «Star Trek»-Star eingereicht C.D. hatte die Klage zusammen mit dem «Star Trek: Discovery»-Star Anthony Rapp letzten September eingereicht. Beide werfen Spacey vor, sie mehrfach sexuell misshandelt zu haben. Das Verfahren läuft unter dem New Yorker «Child Victim Act» von 2019, diese Kinderopferregelung erlaubt es Personen Klage zu erheben, egal wann die Vorfälle stattfanden, wenn sie im Zusammenhang mit einem bzw. einer Minderjährigen stehen. Es gibt also keine Verjährung.
Sollte C.D. seine Klage zurückziehen, wäre er bereits der zweite Ankläger des Oscar-Gewinners Spacey, der das tut. (MANNSCHAFT berichtet über frühere Kläger, die Selbstmord begingen.)
Der Ex-Star («American Beauty», «House of Cards») hatte in einer Gerichtsanhörung im vergangenen November die Vorwürfe von C.D. und Rapp zurückgewiesen. 2017 hatte er zu den in den Medien verbreiteten Anschuldigen Rapps gesagt, dass er sich an eine entsprechende Begegnung nicht erinnern könne. Sollte sie dennoch stattgefunden haben und sollte er sich so verhalten haben, wie Rapp beschreibt, dann müsse er sich entschuldigen «für das, was zutiefst unangemessenes Verhalten im betrunkenen Zustand» gewesen wäre.
Aus der Öffentlichkeit zurückgezogen 2017 hatte Netflix wegen der Vorwürfe und Schlagzeilen seine Verbindung mit Spacey gestoppt und ihn aus der Erfolgsserie «House of Cards» entfernt. Damals hatte sich Spacey auch erstmals öffentlich als schwul geoutet. (MANNSCHAFT berichtete darüber.)
Zeitgleich wurde Spacey auch aus Hollywoodfilmen herausgeschnitten, um eine Assoziation der entsprechenden Titel mit ihm zu vermeiden. Spacey hat sich seither fast vollständig aus der Öffentlichkeit zurückgezogen und meldet sich nur sporadisch mit Videobotschaften, zuletzt 2020 mit einem dreiminütigen Weihnachtsvideo. Darin sagt Spacey: «Eine Menge Leute haben mich vergangenes Jahr kontaktiert und ihre Geschichten mit mir geteilt. […] Viele von ihnen haben herzzerbrechend darüber gesprochen, dass vieles so schwierig für sie geworden ist. So schwer, dass sie darüber nachgedacht haben, sich das Leben zu nehmen.»
Wenn ihr Schuld oder Scham fühlt und es sich anfühlt, als gebe es keinen Ausweg – ich verspreche euch: Es gibt einen Weg
Zu solchen Selbstmordgedanken sagt Spacey im Video: «Ich möchte ihren Schmerz anerkennen und zu jedem da draussen, der über diesen Schritt nachdenkt, sagen: Bitte, bitte unternehmt diesen Schritt nicht. Wenn ihr an einem Ort steht, wo ihr nicht länger stehen könnt, wenn ihr leidet oder Hilfe braucht, Schuld oder Scham fühlt, mit eurer Identität ringt, mit dem Rücken zur Wand und es sich anfühlt, als gebe es keinen Ausweg – ich verspreche euch: Es gibt einen Weg.»
Das könnte dich auch interessieren
Pride
Shakira, Sport und Strassenfeste: So soll die World Pride 2025 werden
Vom 17. Mai bis 8. Juni 2025 findet in Washington, D.C. die World Pride statt. Erste Details sind nun bekannt.
Von Newsdesk Staff
Musik
Sport
Buchtipp
Côte d'Ivoire: Ein schwuler Sohn ist «das schlimmste Unglück»
«Die Frauen seines Lebens» ist ein lesenswerter Roman über die Diskriminierung und Ausgrenzung queerer Menschen in Afrika.
Von Christian Höller
Buch
Kultur
Schwul
Kurznews
Berliner Polizei rät Queers in bestimmten Gegenden zu mehr Vorsicht
Viele Menschen jüdischen Glaubens sagen, dass sie bestimmte Berliner Gegenden nicht mit sichtbaren Symbolen betreten, Queers agieren ähnlich. Polizeipräsidentin Barbara Slowik spricht von nötiger Wachsamkeit.
Von Newsdesk/©DPA
Polizei
Deutschland
Unterhaltung
Basketballer muss nach homophober Äusserung hohe Strafe zahlen
Dieses Interview war teuer. LaMelo Ball hat sich schwulenfeindlich geäussert und wurde deshalb von der NBA zur Kasse gebeten. Die Liga verhängte die höchstmögliche Strafe.
Von Newsdesk/©DPA
Kurznews
Sport
Gesellschaft