Memento mori – Vorsorge für den eigenen Todesfall

Auch wenn sich niemand gerne mit seinem Ableben beschäftigt …

Foto: Pixabay
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Du willst, dass nach deinem Tod alles so läuft, wie du es wünschst? Bertold Höcker, bis 2023 Superintendent des Kirchenkreises Berlin-Mitte der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, erklärt in drei Schritten wie das geht.

Fast jeder Menschen hat heute Schwierigkeiten und Ängste, die eigene Endlichkeit – und damit den Tod – zu akzeptieren. Diese Akzeptanz ist eine Kulturtechnik die jahrhundertelang durch kirchliche und weltliche Akteure unter dem Namen ars moriendi (Sterbekunst) als Integration des Todes in das Leben eingeübt wurde. Heute sind diese Kulturtechniken weitgehend verlorengegangen. Das Sterben und der Tod sind jenseits von Unfällen in die Krankenhäuser gewandert, und die meisten Lebenden haben noch nie direkten Kontakt mit einem Leichnam gehabt. Stirbt ein Mensch zu Hause, wünschen die Hinterbliebenen meist, dass möglichst schnell der oder die Bestatter/in kommt und den Leichnam abtransportiert. Totenwache, Totenwäsche und weitere Riten sind abhanden gekommen, die die Angst bearbeiten.

Das führt im Ergebnis dazu, dass die Fragen um den eigenen Tod meist verdrängt werden, und es eine Hilflosigkeit gibt, sich zu Lebzeiten damit zu beschäftigen, wie ich bestattet werden möchte, wer sich um mein Erbe kümmert und wie ein Gedenken oder eine Trauerbegleitung der Angehörigen und Zugehörigen aussehen soll. Diese Angst, sich zu Lebzeiten zu diesen Fragen zu verhalten, führt im Todesfall dazu, dass sich die Bestattungspflichtigen, meistens Angehörige, mit diesen Fragen beschäftigen müssen, weil die Verstorbenen es versäumt haben, rechtzeitig Festlegungen für ihren Todesfall zu treffen.

Oft gilt das auch für lange zusammenlebende Paare. Das bedeutet, dass meine nächsten Angehörigen oder Zugehörigen die Entscheidungen treffen müssen, für die ich zu Lebzeiten hilflos oder ängstlich war, weil ich diese Festlegungen vermieden habe.

Wie komme ich zu Festlegungen meiner Wünsche? Aus eigener Erfahrung kann ich nur empfehlen, sich den eben beschriebenen Gefühlen zu stellen und sofort alle wichtigen Regelungen für den Todesfall aufzuschreiben. Wie oft musste ich z.B. in der Aids-Seelsorge Menschen bestatten, die nichts festgelegt hatten. Dann entschieden die Angehörigen, zu denen meist während des Lebens der Verstorbenen kaum noch Kontakt war, sehr oft Dinge, die sich die an Aids Verstorbenen gerade nicht wünschten. Meistens sollte die wahre Todesursache verschwiegen und Lebenspartner*innen oder Freund*innen von der Trauerfeier ausgeschlossen werden.

Wenn ich etwas gelernt habe, dann das: alles sofort schriftlich festzulegen und sicherzustellen, damit diese Festlegungen auch beachtet werden. Memento mori – Gedenke, dass du sterben muss. Dieser Satz als Teil der oben genannten Ars moriendi stellt fest, dass der Tod jeden und jede jederzeit treffen kann. Auch wenn wir uns alle ein langes Leben wünschen, kann es doch schnell auch in jungen Jahren zu Ende sein.

Wie kann ich jetzt zu dem guten Gefühl kommen, dass nach meinem Tod alles wunschgemäss abläuft? Schreib alles wie du es dir für den Todesfall wünscht auf. Hier einige Hinweise, was schriftlich sofort festgehalten werden sollte.

#Wie möchte ich bestattet werden? Erdbegräbnis oder Feuerbestattung, künftig auch Reerdigung (eine neue nachhaltige Form der Erdbestattung als Kompostierung des Leichnams in 40 Tagen in einem Kokon), See – oder Baumbestattung.

#Welcher Friedhof? Wo möchte ich zur letzten Ruhe gebettet werden? In Deutschland gehört der Leichnam eines Menschen niemanden. Daher soll er der Verfügung der Lebenden entzogen werden. Aus diesem Grund werden die Überreste eines Menschen auf einem Friedhof bestattet.

#Welche Art der Trauerfeier möchte ich haben? Sollten Geistliche diese in einer Friedhofskapelle oder Kirche leiten oder Bestattungsrednerinnen- oder Redner? An welchem Ort soll das stattfinden?

#Testament schreiben Wer erbt alles, was ich hinterlasse? Gebe ich einen Teil meines Vermögens für soziale Zwecke? Gibt es einen Alleinerben etc.? Ich muss ein Testament schreiben. Dafür gibt es bestimmte Regeln, die überall nachzulesen sind. Möglich ist auch, mit dem oder der Bestatter/in meines Vertrauens einen Vorsorgevertrag abzuschliessen, der alle Regelungen für den Todesfall enthält. Dieser ersetzt aber kein Testament. Etwas einfacher ist es bei verheirateten Paaren, aber auch hier sollten sich die PartnerInnen verständigen, was sie sich wünschen.

Er war 14 Jahre Superintendent in Berlin: Bertold Höcker (Bild: Sven Serkis)
Er war 14 Jahre Superintendent in Berlin: Bertold Höcker (Bild: Sven Serkis)

Ich sorge dafür, dass alle diese Verfügungen auch sicher verwahrt und im Todesfalle geöffnet werden. Das Beste ist hier, gegen eine geringe Schutzgebühr das Testament beim Amtsgericht zu hinterlegen. Dann sorgt der Staat dafür, dass alles nach deinen Wünschen abläuft. Der Vorsorgevertrag tritt im Todesfall automatisch in Kraft. Damit kann er weder unterschlagen noch unberücksichtigt bleiben, was ich möchte.

Wenn du finanziell nicht gut gestellt bist, solltest du über eine Sterbeversicherung nachdenken, die im Todesfall an die Erbberechtigen ausgezahlt wird. Du kannst festlegen, wer das Geld erhalten soll. Damit sind die Bestattungskosten abgedeckt.

Martin Luther, der grosse Reformator, schrieb 1519 einen «Sermon von der Bereitung zum Sterben». In den ersten zwei Absätzen spricht er davon, alle zeitlichen Dinge, das sind die Verfügungen was im Todesfalle geschehen soll, festzulegen. Enden möchte ich mit dem dritten Teil dieser Schrift, in der er versucht, Menschen, die den Tod fürchten, zu trösten Vielleicht eine Anregung für dich.

«Wenn man so jedermann auf Erden Abschied gegeben hat, dann soll man sich allein auf Gott richten. Denn dorthin wendet sich und führt uns auch der Weg des Sterbens.

Und zwar fängt hier die enge Pforte an, der schmale Pfad zum Leben; darauf muss sich jeder fröhlich wagen. Denn er ist wohl sehr enge, aber er ist nicht lang; es geht hier zu, wie wenn ein Kind aus der kleinen Wohnung in seiner Mutter Leib mit Gefahr und Ängsten hineingeboren wird in diesen weiten Raum von Himmel und Erde, d.h. auf diese Welt: ebenso geht der Mensch durch die enge Pforte des Todes aus diesem Leben, und obwohl der Himmel und die Welt, worin wir jetzt leben, für gross und weit angesehen wird, so ist es doch alles gegenüber dem zukünftigen Himmel viel enger und kleiner als es der Mutter Leib gegenüber diesem Himmel ist.

Darum heisst der lieben Heiligen Sterben eine neue Geburt, und ihren Festtag nennt man auf Lateinisch natale, ihren Geburtstag. Aber der enge Gang des Todes bewirkt, dass uns dieses Leben weit und jenes eng vorkommt. Darum muss man es glauben und an der leiblichen Geburt eines Kindes es lernen. So sagt ja Christus: ‹Ein Weib, wenn es gebiert, so leidet es Angst; wenn sie aber genesen ist, so denkt sie nimmer an die Angst, weil ein Mensch von ihr in die Welt geboren ist.› Ebenso muss man sich auch beim Sterben der Angst entschlagen und wissen, dass nachher ein grosser Raum und Freude da sein wird.» (Martin Luther)

* Jeden Samstag veröffentlichen wir auf MANNSCHAFT.com einen Kommentar zu einem Thema, das die LGBTIQ-Community bewegt. Die Meinung der Autor*innen spiegelt nicht zwangsläufig die Meinung der Redaktion wider.

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