Liverpool Pride abgesagt: Herausforderungen beim Sponsoring
Die Liverpool Pride am 26. Juli findet nicht statt. Die Organisator*innen ziehen die Reissleine, nachdem sie die Partnerschaft mit der Bank Barclays beendeten – wegen einer transfeindlichen Toilettenordnung.
Die LCR Pride Foundation, die für die Durchführung der Pride in Liverpool und des jährlichen «March with Pride» verantwortlich ist, gab am 5. Juni bekannt, dass die Veranstaltungen 2025 nicht stattfinden werden. Begründet wird die Absage mit «erheblichen finanziellen und organisatorischen Herausforderungen», die zuletzt nicht mehr zu bewältigen gewesen seien.
In einem öffentlichen Statement erklärte die Stiftung, dass sie zuletzt auf ein nahezu vollständig ehrenamtliches Team angewiesen war. Nationale und lokale Fördergelder seien ausgeblieben, gleichzeitig seien die Kosten für Planung und Durchführung weiter gestiegen. «In den letzten Monaten war unsere kleine Organisation mit erheblichen Herausforderungen konfrontiert, was dazu führte, dass wir auf ein fast vollständig ehrenamtliches Team zurückgreifen mussten», heisst es in der Stellungnahme. Trotz intensiver Zusammenarbeit mit lokalen Partnern bis Ende Mai sei es nicht gelungen, eine tragfähige Grundlage für den Event zu schaffen.
Im vergangenen Jahr zählte die Veranstaltung mehr als 60'000 Besucher*innen und brachte schätzungsweise sechs Millionen Pfund wirtschaftlichen Nutzen für die Stadt. Beim «March with Pride» marschierten 2024 rund 25'000 Menschen durch die Innenstadt von Liverpool.
Bruch mit Barclays wegen transfeindlicher Massnahmen Ein zentraler Faktor für die Eskalation der Probleme war die Trennung von Hauptsponsor Barclays. Diese Entscheidung traf die Stiftung nach einer umstrittenen Äusserung des Barclays-Vorstandschefs CS Venkatakrishnan. Dieser hatte angekündigt, trans Frauen künftig den Zugang zu Damentoiletten in den Gebäuden der Bank zu verbieten – als Reaktion auf ein Urteil des britischen Supreme Court (MANNSCHAFT berichtete).
Nach einer ausserordentlichen Vorstandssitzung am 3. Mai entschied die LCR Pride Foundation einstimmig, die Partnerschaft sofort zu beenden. «Wir verurteilen die Aussagen des Barclays-Chefs eindeutig und uneingeschränkt», erklärte der Vorstand. «Sie delegitimieren nicht nur trans Frauen und verletzen ihre Menschenrechte, sie gefährden auch ihre Sicherheit und schaden trans Männern, nicht-binären und gendernonkonformen Menschen.»
Die Entscheidung sei notwendig gewesen, so die Stiftung weiter, da die Massnahmen von Barclays «direkt gegen unsere Werte und unsere gemeinnützigen Ziele» verstossen hätten. Die Absage der Pride-Veranstaltung sei eine schwerwiegende Folge dieser Entscheidung, aber letztlich alternativlos.
Enttäuschung in Community und Politik Die Reaktionen auf die Absage sind gemischt. In der Community überwiegt die Enttäuschung. Drag-Performerin Miss Grace, frühere Gewinnerin des Liverpool Pride Performer of the Year, sagte im Interview mit ITV: «Wir sind am Boden zerstört. Viele in der Community fühlen sich im Stich gelassen. Gerade junge Menschen verlieren damit eine wichtige Plattform.»
Auch aus der lokalen Politik kam Bedauern, aber auch Verständnis. Harry Doyle, Stadtrat für Gesundheit und Kultur, erklärte: «Angesichts des Erfolgs im letzten Jahr und der Bedeutung für unsere LGBTIQ-Community ist der Ausfall ein herber Verlust. Aber die Entscheidung ist nachvollziehbar und wahrscheinlich langfristig richtig.»
Trotz der Absage blickt die LCR Pride Foundation nach vorn. Gespräche mit der Stadt Liverpool und lokalen Sponsoren für ein Comeback 2026 laufen bereits. Man wolle auch kleinere Veranstaltungen im Laufe des Jahres unterstützen und andere Wege finden, um die Community zusammenzubringen. Zudem sucht die Stiftung aktuell neue Vorstandsmitglieder und ruft zur Mitarbeit auf, um die Organisation zukunftsfähig aufzustellen. Das erklärte Ziel bleibt bestehen: Die Liverpool City Region soll die LGBTIQ-freundlichste Region Grossbritanniens werden.
Mehr: Teile Grossbritanniens ermöglichen ab August die Impfung gegen Gonorrhö. Präventionsstellen in der Schweiz und Deutschland beobachten die Entwicklung mit Interesse, aber auch mit einer gewissen Skepsis (MANNSCHAFT berichtete)
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