«Queere Filme sind wie ein Trojanisches Pferd»
MANNSCHAFT war zur «LGBTI Film Night» der Britischen Botschaft in Berlin eingeladen
Eine Woche vor Beginn der Berlinale hat die Britische Botschaft in Berlin zum ersten Mal eine «LGBTI Film Night» mit fünf fantastischen internationalen queeren Kurzfilmen und anschliessendem Panel über die Situation von LGBTIQ weltweit veranstaltet.
Anfang dieses Jahres übernahm Grossbritannien den Co-Vorsitz der Equal Rights Coalition (ERC), einem Netzwerk von 42 Ländern, die sich weltweit für den Schutz von LGBTIQ-Rechten einsetzen. Um das Bewusstsein für die Arbeit des ERC zu fördern, organisierte die britische Botschaft mit der LGBTIQ-Gruppe des Auswärtigen Amtes (Rainbow AA Auswärtiges Amt) eine Filmnacht für geladene Gäste und zeigte fünf queere Kurzfilme.
«Diese Filme sind wie ein Trojanisches Pferd», erklärte Briony Hanson, Filmdirektorin des British Council zu Beginn des Abends; sie brächten Themen wie LGBTIQ-Menschenrechte gewissermassen nebenbei und unterschwellig in Länder, in denen Homosexuelle oder trans Menschen mit Gefängnis oder sogar der Todesstrafe rechnen müssen.
Hanson ist für die internationale Förderung des britischen Films verantwortlich und war zuvor etwa Co-Programmiererin des Londoner LGBTIQ Film Festivals. Zuständig ist Hanson auch für die #fivefilmsfourfreedom – einem kostenlosen 10-tägigen Online-LGBTIQ-Filmprogramm des British Council und des British Film Institute, das 2015 als erstes weltweites Online-LGBTIQ-Filmprogramm seiner Art ins Leben gerufen wurde und von User*innen in über 200 Staaten, Königreichen und Herzogtümern genutzt wird – nachweislich auch dort, wo nicht nur auf homosexuelle Handlungen die Todesstrafe steht wie etwa im Jemen; schon mit dem Anschauen queerer Filme bringen sich die Menschen dort in Gefahr.
Neben «Crashing Waves» der Britin Emma Gilbertson, die mit ihrem Kurzfilm die Auseinandersetzung der Arbeiterklasse mit LGBTIQ-Identität thematisiert, lief in der Filmnacht der Botschaft auch der deutsche Film «Revolvo», der im Herbst auf dem 35. Internationalen Kurzfilmfestival in Berlin gezeigt wurde – hier entführen zwei Frauen einen homofeindlichen Politiker samt seinem Auto und werden von einer Polizistin (gespielt von Sigrid Grajek) angehalten.
Im Film «Ladies Day» geht es um Homophobie in der schwarzen Community und den Mut einer jungen Frau, trotzdem ihr Coming-out zu wagen. Es gibt so viele queere Filme über weiße Schwule, erzählte Abena Taylor Smith auf Sheffield, die am Donnerstag in die Britische Botschaft gekommen war – auch zu viele homosexuelle Tragödien. «Deshalb wollte ich eine optimistische Geschichte erzählen.» Ihr Film lief schon auf Festivals in Europa und den USA, auch im nicht sonderlich homofreundlichen Jamaika. Auch hier bewahrheitet sich das Wort vom trojanischen Pferd.
Auf das Screening folgte eine Podiumsdiskussion mit britischen und deutschen Experten für LGBTIQ-Rechte und Inklusion, darunter Leanne MacMillan, Direktorin für globale Programme bei Stonewall,Alan Wardle, Direktor des Global Equality Caucus – einem internationalen Netzwerk von Parlamentarier*innen und gewählten Vertretern zur Bekämpfung der Diskriminierung von LGBTIQ-Personen sowie Veuve Noire als Botschafterin der Olivia-Jones-Familie. Der angekündigte Michael Roth (SPD), Staatsminister für Europa beim Auswärtigen Amt, fehlte leider wegen eines konkurrierenden Termins.
Noch immer scheuen viele jungen Brit*innen das Coming-out und einer aktuellen Galop-Umfrage zufolge nimmt die Homofeindlichkeit unter jungen Menschen wieder zu (MANNSCHAFT berichtete). Panel-Teilnehmer Alan Wardle erzählte, dass sein Partner sich weigere, gemeinsam Händchenhaltend in der Öffentlichkeit unterwegs zu sein, nachdem jener mal bei einem homofeindlichen Übergriff in Brighton mit dem Messer bedroht wurde.
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Auch in Deutschland ist in Sachen Akzeptanz noch viel Luft nach oben, berichtete die Drag Queen Veuve Noire, die aus Hamburg angereist war. Sie erinnerte daran, dass Paragraph 175 in Deutschland erst vor gut 25 Jahren gestrichen wurde. «Die Toleranz für LGBTIQ wird im Fernsehen und anderen Medien total gehypet – Sendungen wie «Queen of Drags» suggerieren, dass alles schon gut sei – das ist es aber noch lange nicht!»
Damit sich in repressiven Ländern LGBTIQ-Aktivist*innen wenigstens unbehelligt treffen und austauschen können, stellen etwa die Botschaften Grossbritannien und Deutschlands Safe Spaces zur Verfügung, berichtete Wardle. Das ist neben der Unterstützung und dem Screening von queeren Filmen ein wichtiger Beitrag gegen die Unterdrückung und Verfolgung von Menschen aus der LGBTIQ-Community.
Darum lobte die Stonewall-Repräsentantin ausdrücklich auch den Einsatz der Equal Rights Coalition. Denn schliesslich, erklärte Leanne MacMillan: «Liebe ist ein Menschenrecht.»
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