Kurzfilm «ER»: Coming-out auf Isländisch
Es geht um Männlichkeitsideale, eine Vater-Sohn-Beziehung und den Druck, hetero sein zu müssen
Das Medienprojekt queerblick aus Dortmund will LGBTIQ-Jugendlichen Mut machen. Kurz vor Weihnachten veröffentlichte es einen schwulen Kurzfilm aus Island über eine unerwartete Reaktion auf das Coming-out.
Andri ist wie andere Teenager. Er macht Sport, hängt mit seinen Freunden ab und fängt so langsam an, sich fürs Daten zu interessieren. Letzteres kann er seinem neugierigen Vater nicht vorenthalten. «Darf ich nicht neugierig sein? Passiert nicht oft, dass das Kind ein Date hat», rechtfertigt dieser seine Interesse am Liebesleben seines Sohnes. Aber Andri bleibt verschlossen. Denn über sein Date zu reden, würde auch sein Coming-out bedeuten. Wie sich Geschichte im Kurzfilm «ER» entwickelt, zeigt queerblick auf YouTube.
Produziert wurde der Film in Island, einem der LGBTIQ-freundlichsten Länder der Welt, wie die Couple Men für MANNSCHAFT berichteten. Dort benötigen trans Menschen seit diesem Jahr keine medizinische Diagnose mehr, um ihr amtliches Geschlecht zu ändern (MANNSCHAFT berichtete).
Rúnar Þór Sigurbjörnsson hatte die Idee dazu. Es ist das Erstlingswerk des 32-jährigen Autors und autobiografisch motiviert: «Ich habe mich erst mit 27 Jahren bei meinen Eltern geoutet, weil ich mein ganzes Leben lang Angst davor hatte, wie meine Eltern reagieren würde. Oder wie speziell mein Vater reagieren würde.»
Die Geschichte von «ER» ist deshalb vor allem auf das Verhältnis zwischen Vater und Sohn reduziert. Es geht um Männlichkeitsideale und die typische Vater-Sohn-Beziehung (warum die oft schwierig ist, darum geht es in diesem Artikel). Das alles steht im Konflikt zu dem, was Andri fühlt, und führt zu dem Druck, irgendwie hetero sein zu müssen.
Die Angst kommt nicht von ungefähr. Laut einer Studie des Deutschen Jugendinstituts unter dem Titel «Coming-out und dann… ?!» haben 69 Prozent der schwulen, lesbische, bi und trans* Teenager in Deutschland Angst vor Ablehnung durch Familienmitglieder. Selbst in einem Land wie Island, dass den Global LGBT* Acceptance Index anführt, ist Angst vorm Coming-out noch immer ein Problem – wie die Erfahrung von Rúnar zeigt.
«Der Kampf ist noch nicht zu Ende ehe die Angst vorm Coming-out nicht verschwunden ist. Es wird jedes Jahr besser, aber wir sind noch weit vom Idealzustand entfernt.»
Mit seinem Film über das Coming-out will Rúnar einen positiven Beitrag leisten. Im Kampf um Akzeptanz braucht es seiner Ansicht nach mehr mediale Sichtbarkeit, um Jugendlichen ihre Sorge zu nehmen.
«Ich wollte einen Film machen, der Jugendlichen zeigt, dass Dinge manchmal besser laufen, als wir es uns vorstellen. Ich habe diesen Film so gemacht wie das, was ich in diesem Alter hätte sehen müssen. Vielleicht hätte ich dann ein früheres Coming-out gehabt.»
Das könnte dich auch interessieren
Furry Fandom
Unterwegs in Ulm: Als Furry durch die Nacht
Jayden und Patrik sind Furries. In ihrer Freizeit schlüpfen sie in Tierkostüme und verhalten sich entsprechend ihrer Furry-Charaktere. Einblicke in eine Szene, die noch relativ unbekannt ist.
Von Newsdesk/©DPA
Queer
Deutschland
TIN
Community
Schutzhäuser für Queers: Nur nicht kleben bleiben
Vor ein paar Monaten wurde in Zürich das Haven99, das erste Deutschschweizer Haus für LGBTIQ, eröffnet. Die Casa Resistencias, eine analoge Institution in Rio de Janeiro, existiert bereits seit zwei Jahren.
Von Cesare Macri
LGBTIQ-Organisationen
Schweiz
Film
++ Homophobe Attacke mit Tritten ++ Preis für queeren Film «Splitter» ++
LGBTIQ-Kurznews aus Deutschland
Von Newsdesk Staff
Queerfeindlichkeit
News
TIN
Regenbogenfamilie
Deutschland
Deutschland
Queer-Beauftragter: «Sehr enttäuscht über vorzeitiges Ampel-Ende»
Sven Lehmann wendet sich in einem offenen Brief an die LGBTIQ-Community
Von Newsdesk Staff