Kritik an transphoben Äusserungen der Gewerkschaften der Polizei
Viele trans Polizeikräfte seien stark verunsichert
Berlins Polizei hat ihre «Qualitätsstandards zur Durchsuchung, Beschlagnahme und Sicherstellung» bei trans und inter Personen angepasst. Polizeibeamt*innen sind zu mehr Rücksichtnahme angehalten.
«Leider finden wir das Ergebnis schlecht», erklärte der DPolG-Landesvorsitzende Bodo Pfalzgraf in einer Pressemitteilung. «Gesellschaftlich werden die Bedürfnisse dieser Minderheiten durch ihre Interessenvertreter lautstark an die Mehrheitsgesellschaft herangetragen und oft moralisiert zum Ausdruck gebracht», so Pfalzgraf, für den die Bedürfnisse von trans und inter Personen offenbar Ausdruck von Woke Culture sind.
Benjamin Jendro, Sprecher der nach Mitgliederzahlen etwa doppelt so grossen Gewerkschaft der Polizei (GdP), erklärte zu den neuen Qualitätsstandards in der Berliner Zeitung: Es dürfe keine dienstrechtlichen Folgen haben, «wenn eine Kollegin oder ein Kollege aus Pietätsgründen keine Rücksicht auf potenzielle Straftäter nehmen kann oder der Kollege sich spontan dafür entscheidet, sich auch als anderes Geschlecht zu fühlen».
Solche Äusserungen stossen bei VelsPol, dem Mitarbeiternetzwerk für LGBTIQ in Polizei und Justiz, auf Unverständnis. Marco Klingberg, VelsPol-Vorsitzender in Berlin-Brandenburg, erklärte gegenüber MANNSCHAFT: «Mit Erschrecken hat unser Landesverband die zum Teil undifferenzierten, aber auch diskriminierenden und transfeindlichen Äusserungen der beiden Gewerkschaften zur Anpassung der Qualitätsstandards zur Durchsuchung, Beschlagnahme und Sicherstellung bei trans und inter Personen durch die Polizei Berlin aufgenommen.»
Diese dort beschriebenen Vorgehensweisen seien seit mehreren Jahren gängige Handlungsmassnahmen der Polizei. Wie VelsPol auf seiner Webseite erklärt, gebe es die entsprechende Berliner Handhabe seit 2010. «Durch unseren Landesverband und auch durch die Ansprechpersonen für LGBTIQ der Polizei Berlin werden die Kolleginnen und Kollegen regelmässig zu diesem Thema sensibilisiert. Hierbei geht es nicht nur um die Vorgehensweise bei Durchsuchungen, sondern auch um die richtige Ansprache, die Dokumentation der Personaldaten, nicht nur bei straffälligen Personen, sondern auch bei Personen, die Opfer von transfeindlichen Straftaten geworden sind.» Genauso werde die Bedeutung des Eintrages divers in den Personaldokumenten und auch die Handhabung des von dgti herausgegeben Ergänzungsausweises thematisiert.
VelsPol sehe in den aktuellen Äusserungen der Gewerkschaften eine Infragestellung der langjährigen Arbeit des Landesverbandes und der Berliner Ansprechpersonen für LGBTIQ, aber auch der anderen VelsPol-Landesverbände und den Ansprechpersonen der Polizei in den anderen Landespolizeien und der Bundespolizei. «Viele Ansprechpersonen haben für Ihre Kolleg*innen Handlungsempfehlungen zum polizeilichen Umgang mit trans und inter Personen erarbeitet und zur Verfügung gestellt. Diese werden auch dankend angenommen und führen zu einer Handlungssicherheit der Kolleginnen und Kollegen. Aber auch zu einem respektvollen und professionellen Umgang mit diesen Personengruppen», so Klingberg.
Erschreckend sei aber auch zu lesen, wie in den Sozialen Medien die Gewerkschaften mit geäusserter Kritik umgehend und patzig auf die Reaktionen von Kolleg*innen reagieren. «Das Vertrauen in die Gewerkschaften ist dadurch stark gestört. Viele überlegen wirklich, einen Austritt zu erklären.» Hinzu komme laut Klingberg noch, dass viele trans Kolleg*innen seitdem stark verunsichert sind und eine negative Auswirkung auf das Betriebsklima befürchteten.
Der Berlin-Brandenburger Landesverband wolle nun mit Vertreter*innen beider Gewerkschaften möglichst Anfang August in Gespräche treten. Ziel sei u.a. ein vertrauensvoller Austausch und auch Sensibilisierung zu dem Thema.
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