Benachteiligung homosexueller Kirchen-Mitarbeiter muss aufhören
Urteil des Bundesarbeitsgerichts über kirchliches Arbeitsrecht kann nur der Anfang sein, sagen Grüne
Kirchliches Arbeitsrecht in Deutschland bedeutet: Homosexuelle, Wiederverheiratete und Andersgläubige können sich bisher nur bedingt auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) – auch Antidiskriminierungsgesetz genannt – berufen und werden daher häufig benachteiligt. Die Grünen wollen das ändern.
Kirchliche Arbeitgeber dürfen künftig bei Stellenausschreibungen nicht mehr pauschal eine Religionszugehörigkeit der Bewerber verlangen. Das entschied am Donnerstag das Bundesarbeitsgericht. Das Urteil verändert die bisherige Rechtsprechung, was kirchliches Arbeitsrecht in diesem Bereich angeht. Zuvor hatte es dazu eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs gegeben.
Das kann aber nur ein Anfang sein, was die Veränderungen im kirchlichen Arbeitsrecht betreffen, finden Konstantin von Notz, Stellvertretender Fraktionsvorsitzender und Beauftragte für Religion und Weltanschauung und Sven Lehmann, Sprecher für Queerpolitik:
Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts sei ein weiterer, wesentlicher Schritt für mehr Rechtsklarheit für etwa 1,3 Millionen Beschäftigten in kirchlichen Einrichtungen in Deutschland.
Es muss stets zwischen dem Recht auf Autonomie der Kirchen und dem Recht der Arbeitnehmer*innen abgewogen werden
„Die Kirchen haben zwar ein verfassungsrechtlich verbrieftes Selbstbestimmungsrecht. Das ist richtig und wichtig.“ Dieses habe aber auch Grenzen. „Das Gericht hat einmal mehr klargestellt: Auch kirchliche Arbeitgeber müssen ihre arbeitsrechtlichen Entscheidungen einer gerichtlichen Kontrolle unterwerfen. Dabei muss stets zwischen dem Recht auf Autonomie der Kirchen und dem Recht der Arbeitnehmer*innen abgewogen werden.“
Die Frage sei nicht nur für Konfessionslose, sondern auch für Andersgläubige, Homosexuelle und Wiederverheiratete eine Frage von großer Bedeutung. Sie können sich nach deutschem Kirchenarbeitsrecht bisher nur bedingt auf das AGG berufen und würden daher häufig benachteiligt, kritisieren die Grünen in einer Pressemitteilung.
Die Bundesregierung müsse das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) umgehend reformieren. § 9 AGG solle korrigiert werden, um das kirchliche Selbstbestimmungsrecht mit den Rechten der Beschäftigten in Einklang zu bringen. Eine entsprechende Initiative würden die Grünen demnächst erneut in den Bundestag einbringen.
Es ist einer freien Gesellschaft unwürdig, dass das Eingehen einer gleichgeschlechtlichen Ehe einer lesbischen Krankenhausverwaltungsdirektorin den Arbeitsplatz kosten kann
Auch der LSVD schließt sich der Kritik an. Es sei einer freien Gesellschaft unwürdig, dass das Eingehen einer gleichgeschlechtlichen Ehe einer lesbischen Krankenhausverwaltungsdirektorin oder einem Lehrer an einem Gymnasium den Arbeitsplatz kosten kann, wenn sie bei einem katholischen Träger angestellt sind, so Helmut Metzner, Mitglied im LSVD-Bundesvorstand. „Für Beschäftigte der Religionsgemeinschaften und der von ihnen betriebenen Einrichtungen muss außerhalb des engsten Bereichs der Verkündigung das allgemeine Arbeitsrecht einschließlich des Betriebsverfassungsgesetzes Geltung erlangen.“
Das könnte dich auch interessieren
Justiz
Kein sicheres Herkunftsland, wenn Homosexuelle verfolgt werden
Listen sicherer Herkunftsstaaten ermöglichen schnellere Asylverfahren. Italien nutzt sie bei seinem umstrittenen «Albanien-Modell». Nun macht das höchste EU-Gericht dafür Vorgaben.
Von Newsdesk/©DPA
News
International
Sport
«Nur biologisch weiblich»: World Athletics bittet Frauen zum Gentest
Der Leichtathletik-Weltverband verlangt zur WM verpflichtende Gentests von den Athletinnen. Das biologische Geschlecht soll damit überprüft werden. Der Präsident verteidigt die Massnahme.
Von Newsdesk/©DPA
News
TIN
Geschlecht
Berlin
Schwuz meldet Insolvenz an: Kann die Community den Club retten?
Der Berliner Club Schwuz, seit fast fünf Jahrzehnten ein zentraler Ort queerer Kultur, hat Insolvenz angemeldet. Trotz finanzieller Schieflage soll der Betrieb vorerst weiterlaufen – mit Unterstützung der Community soll ein Neuanfang gelingen.
Von Newsdesk Staff
Deutschland
Grüne
Übergriffe auf LGBTIQ: «Die gesellschaftliche Vielfalt ist bedroht»
Übergriffe bei Veranstaltungen zum Christopher Street Day, Angriffe auf queere Menschen: Grünen-Chef Felix Banaszak sieht das als Gefahr für die ganze Gesellschaft.
Von Newsdesk/©DPA
Bi
Deutschland
News
Politik