«Schwu***elbinde» – Der Regenbogen als «Missbrauch des Fussballs»?
Die regenbogenfarbene Binde spaltet sogar die AfD
Die Münchner EM-Arena in Regenbogenfarben – das wünschen sich die Stadt und Aktivist*innen beim Spiel Deutschland gegen Ungarn. Es wäre ein Zeichen gegen die ausgrenzende Politik der rechtsnationalen ungarischen Führung. Derweil ätzen deutsche Politiker gegen die Kapitänsbinde.
Am Sonntagabend sorgte die Mitteilung für Aufsehen, dass die UEFA die Regenbogen-Kapitänsbinde von Nationaltorwart Manuel Neuer überprüft. Zumindest kurzzeitig (MANNSCHAFT berichtete). Das stiess auch dem offen schwulen Ex-Nationalspieler Thomas Hitzlsperger auf: «Das kann doch nicht euer Ernst sein», schrieb an die Adressatin UEFA.
Nur anderthalb Stunden nach der Bestätigung der Prüfung gab der Deutsche Fussball-Bund am Sonntagabend schon wieder Entwarnung. Die Regenbogenbinde werde «als Zeichen der Mannschaft für Vielfalt und damit für good cause bewertet», teilte der DFB via Twitter mit. Und eine in Regenbogenfarben strahlende Münchner Arena?
Dazu werden sich die UEFA-Funktionäre wohl bald äussern müssen, denn am Montag will der Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) die UEFA mit einem Brief zum Regenbogen-Protest auffordern (MANNSCHAFT berichtete). «Der OB wird bereits morgen einen Brief an die UEFA schreiben», sagte seine Sprecherin am Sonntag der Deutschen Presse-Agentur, als «wichtiges Zeichen für Toleranz und Gleichstellung».
Der Münchner Stadtrat hatte zuvor fraktionsübergreifend gefordert, die EM-Arena für das Spiel in Regenbogenfarben leuchten zu lassen. «Die Landeshauptstadt bekennt sich zu Vielfalt, Toleranz und echter Gleichstellung im Sport und in der ganzen Gesellschaft», heisst es in dem Antrag, über den formell erst am Mittwoch, dem Spieltag, entschieden werden soll.
Die Stadt hat das freilich nicht zu entscheiden, der Ball liegt nun im Feld der UEFA. Auf Anfrage gab es dort zunächst aber keine Reaktion auf den Vorstoss, der unter anderem vom Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD) begrüsst wird.
Hintergrund des Protestes ist ein Gesetz, das die Informationsrechte von Jugendlichen in Hinblick auf LGBTIQ einschränkt und das erst am Dienstag vom ungarischen Parlament gebilligt wurde (MANNSCHAFT berichtete). Das Gesetz gilt als besonderes Anliegen von Ministerpräsident Viktor Orbán. Entsprechend laut war die Forderung nach einem klaren Zeichen bei der Fussball-EM in Deutschland geworden. Unklar war am Sonntag, ob Orban das Spiel im Stadion verfolgen wird.
Fussball ist Orban sehr wichtig. So konnte er es als Erfolg verbuchen, dass vier Spiele dieser EM in der Hauptstadt Budapest ausgetragen werden. Und bei den bisherigen beiden Spielen der ungarischen Elf in der heimischen Puskas Arena zeigte er sich jeweils medienwirksam mit Fanschal auf der Tribüne.
Eine in Regenbogenfarben leuchtende Münchner EM-Arena dürfte ihm vermutlich nicht besonders gefallen – anders als dem Lesben- und Schwulenverband. «Gerade weil wir im «Pride Month» sind. Das wäre ein klares Zeichen», sagte LSVD-Bundesvorstand Christian Rudolph zu der Idee. Er ist zugleich erster Ansprechpartner für geschlechtliche und sexuelle Vielfalt beim DFB. Die UEFA sei nun gefordert, «das Vorhaben zu unterstützen», sagte er der Deutschen Presse-Agentur.
Die Forderungen sorgten unterdessen für Verwerfungen bei der AfD. «Das ist nicht die #AfD», twitterte die Fraktionsvorsitzende der Partei im Bundestag, Alice Weidel, nachdem Uwe Junge, früherer langjähriger Fraktionschef der AfD in Rheinland-Pfalz, geschrieben hatte, Neuers Regenbogen-Kapitänsbinde sei eine «Schwuchtelbinde».
Uwe Junge wird sich die Partei demnächst von aussen anschauen dürfen.
Der Tweet ist inzwischen gelöscht. «Für den Begriff «Schwuchtelbinde» entschuldige ich mich», twitterte Junge. «Inhaltlich bleibe ich dabei, dass derartige Statements nichts an oder auf dem Trikot der Nationalmannschaft zu suchen haben.» Weidel schrieb auf Twitter: «@UweJunge wird sich die Partei demnächst von aussen anschauen dürfen.» Der Welt sagte sie: «Junge sollte die Partei verlassen.»
Auch Gerhard Papke, einstiger Vorsitzender der FDP-Landtagsfraktion in NRW, ätzte am Wochenende gegen die Regenbogenfahne.
(mit dpa)
Das könnte dich auch interessieren
Bayern
Zum CSD in Nürnberg werden Sicherheitsmassnahmen erhöht
Pride-Events haben es aktuell nicht leicht. Einerseits fehlt es an Sponsoring, dazu kommen Anfeindungen. Der CSD Nürnberg bereitet sich nun vor.
Von Newsdesk Staff
News
Pride
LGBTIQ-Rechte
NRW
Wirbel um Jobcenter Düsseldorf: CSD-Verbot für Fussgruppe?
Die Bundestagsverwaltung hat die Teilnahme ihrer queeren Mitarbeitendengruppe am CSD Berlin zurückgezogen. Dasselbe wiederholt sich nun offenbar in Düsseldorf mit der Fussgruppe des Jobcenters. Doch die Geschäftsführung weist die Vorwürfe zurück.
Von Kriss Rudolph
Pride
News
Arbeitswelt
Brandenburg
Nach Angriff in Bad Freienwalde: 21-jähriger Neonazi wird verdächtigt
Die Veranstaltung «Bad Freienwalde ist bunt» wurde von einem Schlägertrupp überfallen. Auch die queere Community war vor Ort. Es gab Verletzte. Nun soll es einen Tatverdächtigen geben.
Von Newsdesk/©DPA
Polizei
Queerfeindlichkeit
News
Deutschland
Viele Senatsmitglieder gehen zum Berliner CSD – auch Kai Wegner
Beim Berliner Christopher Street Day darf die queere Gruppe der Bundestagsverwaltung nicht mitlaufen. Die Kritik daran wird schärfer. Der Regierende Bürgermeister will aber dabei sein.
Von Newsdesk/©DPA
Pride
Queerfeindlichkeit
News