«Jeder einzelne Angriff auf Queers in Berlin ist einer zu viel»
Die Innensenatorin blickt mit grosser Sorge auf die steigenden Gewaltzahlen
Die Polizeiliche Kriminalstatistik für das Jahr 2021 weist in Berlin einen erneuten Anstieg der Straftaten im Themenbereich der Hasskriminalität gegen queere Menschen auf.
Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) und Polizeipräsidentin Barbara Slowik haben an diesem Freitag die Polizeiliche Kriminalstatistik und die Statistik der politisch motivierten Kriminalität für das Jahr 2021 vorgestellt.
Spranger erklärte: «Jede Beleidigung, jeder einzelne Angriff auf queere Menschen in Berlin, ist einer zu viel. Ich blicke daher mit grosser Sorge auf die steigenden Gewaltzahlen gegen Lesben und Schwulen, sowie bisexuellen, trans und intergeschlechtlichen Menschen in unserer Stadt. Doch dieser Anstieg könnte auch bedeuten, dass die queere Community immer mehr der Arbeit der Sicherheitsbehörden vertraut und in Folge diese Straftaten verstärkt zur Anzeige bringt.»
Denn durch die nunmehr seit 30 Jahren andauernde erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen der Polizei Berlin und den in diesem Bereich engagierten NGOs sei es gelungen, das Dunkelfeld weiter aufzuhellen. «Das ist uns ein Ansporn, auch hier noch besser zu werden. Berlin muss noch sicherer werden – auch für alle Menschen in unserer Regenbogenhauptstadt.»
Im Themenbereich der Straftaten gegen die sexuelle Orientierung bzw. die geschlechtsbezogene Diversität wurde ein erneuter Anstieg der Fallzahlen auf insgesamt 525 Fälle festgestellt: 97 mehr als 2020.
Auf Initiative Berlins hat die Innenministerkonferenz (IMK) im Dezember 2021 die Angriffe auf LGBTIQ auf das Schärfste verurteilt. Die Innenministerinnen, Innenminister und -senatoren der Länder unterstrichen dabei die gesamtgesellschaftliche Bedeutung und Notwendigkeit der konsequenten Bekämpfung dieser Form der Hasskriminalität. Vergangene Woche erst wurden in Berlin eine Körperverletzung und eine transfeindliche Beleidigung angezeigt (MANNSCHAFT berichtete). Doch auch in anderen Städten wie Darmstadt werden LGBTIQ-feindliche Delikte gemeldet (MANNSCHAFT berichtete).
Die IMK hat ein unabhängiges Expertengremium aus Wissenschaft und Praxis vorgeschlagen, das unter Einbindung von Fachverständigen aus der LGBTIQ-Community konkrete Handlungsempfehlungen erarbeiten soll, wie die Bekämpfung queerfeindlicher Gewalttaten weiter verbessert werden kann (MANNSCHAFT berichtete). Dieses Gremium müsse nun durch die Bundesinnenministerin Nancy Faser einberufen werden, hiess es am Freitag.
Seit knapp drei Jahrzehnten gibt es bei der Polizei Berlin hauptamtliche Ansprechpersonen für LGBTIQ, seit 2006 zusätzlich eine Ansprechpartnerin für die Belange lesbischer Frauen. LGBTIQ-feindliche Gewalt ist in Berlin bereits fester Bestandteil der polizeilichen Lehr- und Studienpläne. Die Hauptstadt weist LGBTIQ-feindliche Straf- und Gewalttaten im PMK-Jahresbericht gesondert aus. Hinzu kommt die konzentrierte Bearbeitung aller LGBTIQ-feindlichen Straftaten im Fachkommissariat für Hasskriminalität beim Polizeilichen Staatschutz des LKA Berlin. Das führe zu Fachkompetenz und sensiblem Umgang mit den Opfern – und steigere das Vertrauen in die Polizei Berlin und die Sicherheitsbehörden, hiess es am Freitag.
Anlässlich der Vorstellung der Kriminalstatistik erklären die innenpolitischen Sprecher Vasili Franco (Fraktion Bündnis 90/Die Grünen), Tom Schreiber (SPD-Fraktion) und Niklas Schrader (Linke-Fraktion): «Die Verhinderung und Verfolgung von Kriminalität wird immer komplexer. Es wird immer entscheidender, kriminalitätsbefördernden Entwicklungen schnell und gezielt entgegenzutreten. So kommt es etwa bei der steigenden Internetkriminalität auf gut ausgebildete und spezialisierte Kräfte an. Hier müssen wir uns weiter verbessern.»
Der Anstieg der politisch motivierten Gewaltdelikte und der antisemitischen Straftaten sei besorgniserregend. «Insbesondere die durch die Coronapandemie hervorgetretene massive Ablehnung des Staates bei bestimmten Gruppen zeugt von einer neuen Radikalität im Bereich der politischen Kriminalität. Durch demokratiefeindliche Akteure und deren Propaganda entwickelt sich eine gefährliche Szene, die es auch zukünftig genau zu beobachten gilt und der wir gesamtgesellschaftlich entgegentreten müssen.»
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