ILGA: «Nicht schweigen, wenn Menschenrechte verletzt werden!»
Erläuterungen zum Ausschluss der israelischen Gruppe
ILGA World hat die Mitgliedschaft des israelischen Verbandes suspendiert. Aguda hatte sich darum beworben, die nächste Weltkonferenz in Tel Aviv zu veranstalten. Für MANNSCHAFT erläutert ILGA die Gründe.
Geschäftsführerin Julia Ehrt nimmt Stellung: The Aguda war offenbar zu unkritisch gegenüber der Netanjahu-Regierung.
Der Beschluss sorgte für Aufsehen: In einer Dringlichkeitssitzung hatte der Vorstand von ILGA einstimmig entschieden, die nächste Weltkonferenz nicht in Tel Aviv abzuhalten. Zudem wurde ILGA-Mitglied The Aguda suspendiert (MANNSCHAFT berichtete).
«Ein Teil unserer Mitglieder insbesondere aus Asien und Nordafrika kann vorn herein nicht nach Israel reisen.»
Julia Ehrt, Geschäftsführerin ILGA
Julia Ehrt verweist gegenüber MANNSCHAFT zur Begründung auf die Statuten von ILGA, die in Artikel 3 festgehalten sind: In Abschnitt 3.1.1 werde festgelegt, dass die Ziele der Organisation darin bestehen, «sich für die Gleichstellung von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, trans und inter Personen und für die Befreiung von allen Formen von Diskriminierung und Gewalt einzusetzen». ILGA World soll eine Plattform für Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans und inter Personen auf internationaler Ebene schaffen, in ihrem Streben nach Anerkennung, Gleichheit und Befreiung, insbesondere durch die Welt- und Regionalkonferenzen.» Darüber hinaus schreibt Punkt 3.1.2 vor, dass ILGA World «im Rahmen seines Mandats daran arbeitet, die Gleichstellung aller Menschen zu erreichen».
Der Vorschlag, eine künftige ILGA World Konferenz in Tel Aviv abzuhalten, widerspreche diesen Zielen grundlegend, denn: «Für einen Teil unserer Mitgliedsorganisationen insbesondere aus Asien und Nordafrika von vorn herein nicht möglich ist daran teilzunehmen. Entweder weil Israel Menschen aus den Ländern nicht einreisen lässt, oder weil deren Herkunftsländer keine Reise nach Israel erlauben.» Das widerspreche dem Ansatz der Konferenz unsere globale Bewegung zusammen zu bringen und das lässt sich nicht einfach ignorieren, so Ehrt.
Zum vorläufigen Ausschluss von Aguda erklärt ILGA-Geschäftsführerin Ehrt: «ILGA World liegt es fern, zivilgesellschaftliche Organisationen für die Handlungen des Staates, in dem sie registriert sind oder tätig sind, zur Rechenschaft zu ziehen. Wir sind aber der Meinung, dass es die Rolle von Zivilgesellschaft auch sein muss, Menschenrechtsverletzungen anzuprangern und nicht dazu zu schweigen oder sie gar zu billigen – sofern dies möglich ist.» Bei The Aguda gebe es berechtigte Zweifel, die von verschiedenen Mitgliedsorganisationen an den Vorstand heran getragen worden seien.
«Die Tatsache, dass The Aguda in ihrem Antrag für die ILGA World Konferenz einen ehemaligen Minister aus dem Kabinett Netanjahu und jetzigen Knesset Sprecher als Eröffnungsredner vorschlug, hat nicht dazu beigetragen, Bedenken auszuräumen.» Daher habe der Vorstand ein Verfahren eingeleitet, das zu untersuchen, erklärt Ehrt.
Der Ausschluss von The Aguda gelte momentan nur bis auf weiteres (suspension of membership). The Aguda könne dazu nun Stellung nehmen und der Vorstand werde in seiner ersten Sitzung 2025 entscheiden, ob der vorläufige Ausschluss aufrecht erhalten bleibt oder nicht. Ein endgültiger Ausschluss sei nur durch ein Votum der Hauptversammlung der Mitglieder möglich, so Ehrt.
MANNSCHAFT hat beim deutschen ILGA-Mitglied LSVD+ versucht, eine Stellungnahme zum Beschluss zu bekommen. Dort verwies man aber auf das Selbstbestimmungsgesetz, das ab diesem Freitag gilt (MANNSCHAFT berichtete) – das binde alle personellen Kapazitäten.
Ein queeres Bündnis aus Berlin beklagt Judenhass in der Community (MANNSCHAFT berichtete).
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