Haftbefehle gegen Taliban-Anführer beantragt wegen LGBTIQ-Verfolgung
Die Vorgänge am Internationalen Gerichtshof in Den Haag seien ein «historischer Moment»
Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag hat anerkannt, dass in Afghanistan Frauen, Mädchen und LGBTIQ von den Taliban einer «nie dagewesenen, skrupellosen und andauernden Verfolgung» ausgesetzt seien.
Als Folge hat der Chefankläger des IStGH, Karim Khan, am Donnerstag Haftbefehl gegen die Anführer der radikalislamischen Machthaber in Afghanistan gefordert. Es bestehe der begründete Verdacht, dass Taliban-Chef Haibatullah Achundsada und der Oberste Richter Abdul Hakim Hakkani strafrechtlich für Verbrechen gegen die Menschlichkeit verantwortlich seien, weil sie Menschen verfolgten, die «nicht konform mit ihren ideologischen Erwarten der Geschlechtsidentität oder des Geschlechtsausdrucks» seien (MANNSCHAFT berichtete).
Das Vorgehen der Taliban sei nicht hinnehmbar, heisst es. Khan kündigte neben der Anklage gegen Achundsada und Hakkani auch Massnahmen gegen weitere Vertreter der Taliban an.
Entscheidung könnte Monate dauern
Die Richter*innen am IStGH müssen jetzt prüfen, ob tatsächlich Haftbefehle ausgestellt werden. Bis zu einer Entscheidung könnten Monate vergehen. Falls Haftbefehle ausgestellt würden, müssten die 125 Mitgliedsstaaten des Gerichts diese vollstrecken, sollte einer der beiden Betroffenen in eines der Länder einreisen. Das betrifft alle EU-Länder als Mitgliedsstaaten, während Russland, China und die USA den Gerichtshof nicht anerkennen.
Aktivist*innengruppen wie ILGA reagierten positiv auf die Entwicklungen in Den Haag. Outright International und die Afghanistan LGBTIQ Organisation (ALO) teilte in einer gemeinsamen Erklärung mit: «Das erste Mal in seiner Geschichte hat der IStGH Verbrechen gegen queere Menschen anerkannt. Dieser Antrag sendet eine starke Botschaft an die internationale Gemeinschaft.»
Reaktion aus Afghanistan und den USA
Die Taliban sprechen hingegen von «unbegründeten Anschuldigungen» und werfen dem Weltstrafgericht vor, Kriegsverbrechen während der 20-jährigen Präsenz der internationalen Truppen zu ignorieren. Den Haag hatte 2020 Ermittlungen etwa gegen US-Soldat*innen im Zusammenhang mit möglichen Kriegsverbrechen angekündigt, stellt jedoch seit der erneuten Machtübernahme der Taliban Untersuchungen gegen die Islamisten in den Vordergrund.
Auch die in den USA ansässige Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) begrüsste den Antrag aus Den Haag als einen historischen Schritt. «Da in Afghanistan keine Gerechtigkeit in Sicht ist, bieten die Anträge auf Erlass eines Haftbefehls durch den Internationalen Strafgerichtshof einen wichtigen Weg, um ein gewisses Mass an Rechenschaft zu erlangen», sagte HRW-Justizdirektorin Liz Evenson. (mit dpa)
In ihrem Buch «Die Selbstgerechten» im Jahr 2021 hatte Sahra Wagenknecht «skurrile Minderheiten» verächtlich gemacht (MANNSCHAFT berichtete).
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