3 Jahre Macht­wechsel: Taliban lassen wieder Queers auspeitschen

Mitte August jährt sich der Abzug der internationalen Truppen

Vor den Olympischen Spielen in Paris 2024: Leichtathletin Kamia Yousufi aus Afghanistan Kamia Yousufi fordert Frieden (Foto: Michael Kappeler/dpa)
Vor den Olympischen Spielen in Paris 2024: Leichtathletin Kamia Yousufi aus Afghanistan Kamia Yousufi fordert Frieden (Foto: Michael Kappeler/dpa)

Vor drei Jahren haben die Taliban in Kabul die Macht übernommen. Während Afghanistan international weitgehend isoliert bleibt, haben die islamistischen Herrscher ihre Macht gefestigt. LGBTIQ-Personen leben gefährlich.

Sommerliche Hitze herrscht in Kabul, die Luft ist trocken. Auf den Strassen der afghanischen Hauptstadt drängen sich Männer und Frauen in Basaren vorbei an Ständen mit gegrillten Fleischspiessen, bunten Trachten oder Schaufensterpuppen, die auf Anordnung der Taliban bedeckte Köpfe haben. Autos schieben sich im dichten Verkehr vorbei an Strassenhändlern oder Kontrollposten, an denen bewaffnete Taliban prüfende Blicke in Fahrzeuge werfen. Kabul sei eine Stadt, die immer lebendig sei, erzählt ein Bewohner der Stadt. «Die Menschen machen auch in diesen Zeiten mit ihrem Leben weiter, irgendwie.»

«In diesen Zeiten», damit spielt der Mann auf die Zeit unter der Herrschaft der islamistischen Taliban an. Drei Jahre ist es nun her, dass mit dem Abzug der internationalen Truppen und nach einer Blitzoffensive der Taliban am 15. August 2021 Kabul wieder an die Islamisten fiel, als letzte Stadt des Landes (MANNSCHAFT berichtete). Nach der Flucht des Präsidenten Aschraf Ghani und dem endgültigen Zusammenbruch der vom Westen gestützten Regierung blieb eine traumatisierte und kriegsmüde Bevölkerung zurück, die unter den Taliban seither weitgehend international isoliert lebt und mit hoher Armut kämpft.

Die Situation der LGBTIQ-Personen in Afghanistan verschlechtert von Tag zu Tag, weil sie Gewalt durch die Taliban erleben (MANNSCHAFT berichtete). Erst Anfang der Woche haben sie nach Informationen der Rainbow Afghanistan Organisation in der afghanischen Provinz Maidan Wardak zwei LGBTIQ-Personen wegen Unzucht öffentlich bestraft.

Die Taliban gaben am Montag bekannt, dass sie zwei Personen öffentlich auf dem Wardak-Platz ausgepeitscht und bestraft haben. Im Newsletter der Taliban-Terrorgruppe habe es geheissen, dass beide Angeklagten zu 13 Jahren Haft und 39 Peitschenhieben verurteilt worden waren.

Die Rainbow Afghanistan Organisation veurteilt dies als «Verbrechen» der Taliban an LGBTIQ-Menschen.

Unterdessen sorgt vor allem die massive Beschneidung von Frauenrechten, darunter der Ausschluss von Frauen aus Universitäten und Schulen ab der siebten Klasse, weiter für internationale Empörung und eine weitgehende Isolierung Afghanistans. Nach drei Jahren hat weiter kein Land der Welt die Taliban als offizielle Regierung anerkannt. Regionale Nachbarländer haben einen pragmatischeren Umgang mit Kabul gefunden.

Abgesehen von einigen Nichtregierungsorganisationen wie Pro Asyl oder Reporter ohne Grenzen ist auch in Deutschland das öffentliche Interesse an der Lage in Afghanistan und dem Schicksal Schutz suchender Afghan*innen sichtlich zurückgegangen. Symptomatisch dafür ist das geringe Interesse an der Arbeit einer Enquete-Kommission und eines Untersuchungsausschusses des Bundestags, die sich mit dem militärischen Engagement in Afghanistan und seinem jähen Ende 2021 beschäftigen. (dpa)

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