Fast 30 Prozent mehr homophobe Gewalt im ersten Halbjahr
Nach Angaben des Bundesinnenministeriums zählte die Bundesregierung im ersten Halbjahr dieses Jahres rund 27 Prozent mehr Straftaten gegen queere Menschen in Deutschland als im ersten Halbjahr 2016.
Bereits im vergangenen Jahr hatte man einen Anstieg verzeichnet. Die aktuellen Zahlen gehen aus der Antwort auf eine schriftliche Anfrage von Volker Beck hervor. Sein Büro wollte vom Innenministerium wissen, wie viele homo-, bi- und transphob motivierte Straf- und Gewalttaten man 2017 bisher erfasst habe. Der Grünen-Politiker kritisiert Versäumnisse seitens der Bundesregierung und spricht von einem «Armutszeugnis».
So wurden laut Spiegel von Jahresbeginn bis zum 28. Juli 2017 insgesamt 130 (Vergleich 1. Halbjahr 2016: 102) politisch motivierte Straftaten «mit der Nennung des Unterthemas ‹Sexuelle Orientierung› gemeldet». In vielen Fällen bringen die Ermittlungen aber kein Ergebnis: Zu den entsprechenden Taten konnten nach Angaben des Ministeriums nur 70 Tatverdächtige (1. Halbjahr 2016: 58) ermittelt werden.
Am häufigsten: Körperverletzung, Raub und Erpressung Am häufigsten handelte es sich um Gewaltdelikte (insgesamt 33, darunter Körperverletzung, Raub, Erpressung), Volksverhetzung (25), Nötigung und Bedrohung (7), Propagandadelikte (6), Sachbeschädigungen (5) sowie sonstige Straftaten, die in der Statistik nicht näher definiert sind (54). Allein in Berlin wurde in den vergangenen Monaten immer wieder homophobe Gewalt bekannt (MANNSCHAFT berichtete).
Vergleicht man das erste Halbjahr 2016 mit dem gleichen Zeitraum 2017, so beträgt der Zuwachs 27,45 Prozent, also mehr als ein Viertel. Die Dunkelziffer ist allerdings größer, weil viele Opfer immer noch Stigmatisierung und Diskriminierung fürchten. Der LSVD forderte in einer ersten Stellungnahme ein verbessertes Meldeverfahren und beziffert die Dunkelziffer für trans- und homophobe Gewalt bei 80 Prozent.
Homophobe Gewalt ist Armutszeugnis für die Präventionsarbeit der Bundesregierung
Beck teilte dazu mit: «Die Bundesregierung muss den Kampf gegen Homo- und Transphobie endlich aufnehmen. Wir haben jetzt gleiche Rechte, aber gleiche Entfaltungsmöglichkeiten setzen Freiheit von Angst vor Gewalt und Diskriminierung voraus. Fast 30 Prozent mehr homo-, trans, und bifeindliche Straftaten – da müssen eigentlich alle Alarmglocken losgehen. Eine solche Steigerung ist ein Armutszeugnis für die Präventionsarbeit der Bundesregierung.»
Warme Worte statt Strategien Jahrelang sei der Aktionsplan gegen Homo- und Transphobie «verbummelt» worden. Jetzt liege er endlich vor, enthalte aber nur warme Worte statt Strategien. «Die LGBTIQ-Community wurde einfach im Regen stehen gelassen», so Beck. Hier brauche es nach der Bundestagswahl einen Neustart. Homo- und Transphobie müssten angegangen werden unabhängig davon, ob sie islamistisch oder völkisch-national, religiös, politisch oder «mackerhaft patriarchal» daherkommt, kritisiert der Grünen-Abgeordnete.
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