Ex-Weltmeister Philipp Lahm rät aktiven Fussballern von Coming-out ab
Nur in Berlin, Freiburg oder Hamburg könne es vielleicht gutgehen
Der ehemalige Nationalmannschaftskapitän Philipp Lahm rät homosexuellen Fussballern von einem Coming-out während der aktiven Karriere ab. Es möge Städte und Vereine geben, wo dies eher möglich wäre als anderswo, schreibt der Ex-Weltmeister in seinem Buch «Das Spiel: Die Welt des Fussballs», aus dem die Bild-Zeitung (Mittwoch) vorab zitiert.
Philipp Lahm nennt als positive Beispiele Berlin, Freiburg und den FC St. Pauli. «Aber gegenwärtig schienen mir die Chancen gering, so einen Versuch in der Bundesliga mit Erfolg zu wagen und nur halbwegs unbeschadet davonzukommen», so der frühere Profi des FC Bayern München.
Lahm empfiehlt homosexuellen Fussballern, sich vor einem geplanten öffentlichen Coming-out mit engsten Vertrauten zu beraten, rät jedoch davon ab, sich über das Thema mit Mitspielern zu unterhalten. Grund für Lahms Ratschlag ist die nach seiner Meinung fehlende Akzeptanz sowohl im Fussball als auch im Umfeld. Der Sportler könne die nötige Reife für diesen Schritt haben und auf die nötige Toleranz in seinem unmittelbaren Umfeld stossen. «Aber er wird nicht mit der gleichen Reife bei allen Gegnern im Sport und ganz sicher nicht in allen Stadien rechnen dürfen, in denen er antritt», schreibt Lahm.
Als erster prominenter deutscher Fussballer hatte Lahms Kollege Thomas Hitzlsperger 2014 nach Abschluss seiner sportlichen Karriere öffentlich gemacht, dass er homosexuell ist und betont immer wieder, wie gut es sich mit dieser Offenheit lebt (MANNSCHAFT berichtete). «Mir scheint es lebensklug, dass Thomas Hitzlsperger erst nach Beendigung seiner Laufbahn als aktiver Fussballprofi den Schritt gewagt und seine Homosexualität öffentlich gemacht hat», schreibt Lahm in seinem Buch.
Historisch: Spitzenschwinger Curdin Orlik outet sich als schwul
Das Buch von Philipp Lahm erscheint am 22. Februar im Verlag C.H.Beck.
Der Ex-Weltmeister hat schon vor Jahren Profikickern davon abgeraten, sich zu outen – etwa 2012 bei einem Dialogforum des Deutschen Fussball-Bundes (DFB). Das wurde u. a. von der damaligen Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, Christine Lüders, kritisiert. «Wir hätten uns gewünscht, dass Herr Lahm motiviert hätte, solche Tabus zu brechen und gesagt hätte: Outet Euch, wir als Team, wir fangen euch auf. Das wäre ein Symbol gewesen, das wäre deutlich gewesen», so Lüders
Philipp Lahm selber hätte vielleicht nicht den Mut besessen: «Aber als Kapitän trägt er auch die Verantwortung zur Veränderung. Es wäre wichtig, dass Lahm vielleicht darüber noch einmal nachdenkt.»
Das Fussball-Magazin 11 Freunde hat für das Märzheft über 800 Fussballer*innen zusammengetrommelt, die sich gegen Homophobie stark machen und Mut zum Coming-out machen wollen. Ihre Botschaft an homosexuelle Profis: «Auch im Jahr 2021 gibt es keinen einzigen offene homosexuellen Fussballer in den deutschen Profiligen der Männer.» Die Angst vor Ausgrenzung sei offenbar immer noch zu gross (MANNSCHAFT berichtete). (mit dpa)
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