Erneut Angriffe auf LGBTIQ-Flüchtlinge in Kenia
Das Flüchtlingskommissariat der Vereinten Nationen warnt vor Falschmeldungen
Auf Facebook kursieren Meldungen mit Fotos über brutale Gewalt gegen LGBTIQ-Personen im Flüchtlingslager Kakuma in Kenia. Betroffene werfen dem Flüchtlingskommissariat der Vereinten Nationen Untätigkeit vor. Dieses warnt vor Falschmeldungen.
Seit Mitte Juni berichten LGBTIQ-Geflüchtete aus dem Flüchtlingslager von Kakuma in Kenia von täglicher Gewalt und Unterdrückung durch andere Flüchtlinge. Über die sozialen Medien teilen sie Fotos und Videos, unter anderem mit expliziten Darstellungen von schweren Verletzungen. Angeblich sollen die Täter ihre Unterkünfte angezündet und sie mit Schlägen, Fusstritten sowie mit Messern angegriffen haben.
Auf den Fotos sind mehrere Verletzte zu sehen, darunter blutüberströmte Personen, eine Frau mit einem geschwollenen Auge und ein Mann mit einer langen, frisch genähten Schnittwunde. In den Posts und Kommentaren der Facebookseite «LGBTIQ Kakuma Camp» flehen Betroffene um Hilfe. Sie werfen dem Flüchtlingskommissariat der Vereinten Nationen Untätigkeit vor, wenn es darum geht, LGBTIQ-Flüchtlinge vor Gewalt durch andere Geflüchtete zu schützen.
Kakuma befindet sich im Nordwesten Kenias, unweit der Grenzen zu Uganda und dem Südsudan. Aufgrund der geografischen Lage treffen hier Flüchtlinge aus Uganda, viele davon LGBTIQ, auf Flüchtlinge aus dem Südsudan, wo der Frieden nach Jahren des Bürgerkriegs immer noch auf wackligen Beinen steht. Mit einer Bevölkerung von knapp 200’000 Personen ist Kakuma eines der grössten Flüchtlingslager der Welt – und eines der überfülltesten. Gemäss Angaben des Flüchtlingskommissariats der Vereinten Nationen (UNHCR) überschritt Kakuma bereits 2012 die Kapazitätsgrenze von 100’000 Personen. Rund 300 Geflüchtete in Kakuma bezeichnen sich als offen LGBTIQ.
Gegenüber MANNSCHAFT bestätigt UNHCR die Berichte von «gewaltsamen Zwischenfällen, an denen eine kleine Gruppe von LGBTIQ-Flüchtlingen beteiligt ist». Allerdings habe man in den vergangenen Wochen eine vermehrte Verzerrung der Situation festgestellt. «Wir sind besorgt über die Verbreitung falscher Informationen in den sozialen Medien was die aktuelle Lage in Kakuma angeht», sagt Dana Hughes, UNHCR-Sprecherin. «Wir möchten betonen, dass eine überwältigende Mehrheit der Flüchtlinge in Kakuma, darunter auch viele mit einem LGBTIQ-Hintergrund, friedlich leben kann.»
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Die Facebookseite «LGBTIQ Kakuma Camp» widerspricht. «Das Lager und das allgemeine Gebiet sind nicht sicher und zeigen weiterhin ihren hässlichen Hass gegenüber LGBTIQ-Personen», steht in einem Post von 29. Juni. «Das UNHCR muss akzeptieren, dass wir hier nicht willkommen sind, und uns einen sicheren Ort finden.»
Gemäss der Aktivistin und ehemaligen Geflüchteten Purity Paige geht ein Grossteil der Gewalt von südsudanesischen Flüchtlingen aus. «Viele von ihnen sind wütend über die Greueltaten, die in ihrem Land verübt worden sind, und sind homo- und transphob eingestellt», sagt sie in einem Livepost auf Facebook. «Kakuma ist eines der grössten Camps der Welt, wo LGBTIQ-Personen nur eine Handvoll aus Zehntausenden sind. Für sie gibt es dort keine Sicherheit.»
Wie das UNHCR gegenüber MANNSCHAFT ausführt, arbeite man vor Ort mit verschiedenen Gemeinschaften zusammen, um ein friedliches Zusammenleben zu ermöglichen. «Gemeinsam mit den örtlichen Behörden und den einzelnen Flüchtlingsgruppen hat das UNHCR einen Mechanismus für einen friedlichen, zwischengemeinschaftlichen Dialog in Gang gesetzt, um offen über Herausforderungen zu sprechen und eine dauerhaftere Lösung zu finden», sagt Hughes. «Leider hat eine kleine Gruppe von LGBTIQ-Flüchtlingen sich der Teilnahme widersetzt. Wir hoffen aber, dass sie ihren Entscheid überdenken.»
Aktivist*innen fordern geschützte Unterkünfte für LGBTIQ-Flüchtlinge in Kakuma. «Die Menschen wohnen in Zelten am gleichen Ort wie südsudanesische Flüchtlinge. Es gibt keinen Schutz», sagt Paige. «Es ist ein Zelt, es kann verrissen werden. Wie soll man so schlafen können?»
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«Wir verstehen voll und ganz die Herausforderungen, die sich einigen Flüchtlingen mit einem LGBTIQ-Hintergrund im Camp stellen», sagt Hughes zur MANNSCHAFT. Schutzmassnahmen wie eine Umsiedlung von Flüchtlingen werde vor Ort und von Fall zu Fall von Sicherheitsexpert*innen entschieden. «Auf der Grundlage früherer Erfahrungen ist UNHCR der Ansicht, dass Flüchtlinge mit einem LGBTIQ-Hintergrund am besten mit der Integration mit anderen im Camp lebenden Flüchtlingsgemeinschaften gedient ist. Es gibt in der Tat viele Flüchtlinge mit diesem Hintergrund, die friedlich koexistieren und in relativer Sicherheit leben können.»
Es ist nicht das erste Mal, dass Meldungen von Gewalt gegen LGBTIQ-Flüchtlinge von Kakuma in die Schlagzeilen kommen. Die Polizei griff sie im Dezember an und setzte Tränengas ein, nachdem sie friedlich gegen die menschenunwürdigen Bedingungen des Lagers protestiert hatten (MANNSCHAFT berichtete). Vier Personen fielen angeblich in ein Koma. Im April sammelte die Organisation All-Out Spenden für die medizinische Versorgung von LGBTIQ-Geflüchteten in Kakuma (MANNSCHAFT berichtete).
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