Ermordet aus Schwulenhass? Gedenken an Rafael Blumenstock

Der Ulmer Gedenkstein soll saniert werden

Foto: SWR
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Rafael Blumenstock wurde vor 32 Jahren in der Ulmer Innenstadt brutal ermordet. An diesem Freitag wird seiner auf dem Münsterplatz gedacht.

In den Morgenstunden des 4. November 1990 wurde Rafael Blumenstock mitten in der Stadt ermordet, auf dem Münsterplatz. Sein Gesicht war später kaum noch zu erkennen. Offenbar hatten der oder die Täter*innen mit Stiefeln auf ihr Opfer eingetreten, 21 Messerstiche wurden gezählt (MANNSCHAFT berichtete).

Blumenstock wurde nur 28 Jahre alt. Bis heute ist der Fall ungelöst. Die Zeit (Artikel hinter Bezahlschranke) sprach im Frühjahr mit dem ehemaligen Sonderkommissionsleiter Roland Marxer, der erklärte: «Wir haben die ganze Stadt umgedreht, aber eine heisse Spur war nie dabei.»

Kein Mensch habe den ermordeten Rafael verstanden, erklärte die Mutter Dolores Blumenstock der Zeit. «Seit er klein war, hat er gesagt, dass er ein Mädchen sei.» Darunter habe er sehr gelitten und sei schliesslich schizophren geworden, darum war er auch in psychiatrischer Behandlung und lebte in einer betreuten WG.

Er habe sich manchmal geschminkt und Frauenkleider getragen, die langen Haare als Pferdeschwanz getragen. Manche hätten ihn deswegen für schwul gehalten, so seine Mutter.

Nach dem Mord an Rafael Blumenstock gab es einen Gedenkgottesdienst für ihn im Münster der Stadt. Laut der Ulmer Gruppe Kollektiv26 erinnerte Paul Dietrich in seiner Ansprache an den jungen Mann: «Er, ein Mensch, der keiner Fliege etwas zu Leide tun konnte, der selbst das Lebensrecht einer Schnecke auf dem Gartenweg geachtet und geschützt hat, ein Mensch, der zur Gewalt gar keine Beziehung hatte, ein Pazifist, der kein Messer auch nur sehen konnte, ausgerechnet sein Leben wurde auf diese gewalttätige Weise ausgelöscht.»

Das Mordopfer war «ein Mensch, der mit besonderer Hingabe alte Menschen gepflegt hat, mit ihnen ins Café ging, die Vergessenen, die Weggestellten für das Leben zurückgewinnen wollte, er lief anderen Menschen in die Hände, die in bestialischem Hass ihm das Leben nahmen. Darüber packt uns Entsetzen.» Er sei immer in «einer tiefen Auseinandersetzung mit der Welt, die er nicht recht akzeptieren konnte», gewesen, so Dietrich.

In der Innenstadt von Ulm befindet sich eine Gedenkplatte im Pflaster des Platzes; sie ist sanierungswürdig. 1993 wurde sie im Zuge der Neugestaltung des Münsterplatzes gelegt. Die Meinungen sind geteilt, ob die Erinnerung an Rafael Blumenstock und seinen gewaltsamen Tod mit dieser Platte ausreichend ist, teilte Holger Oellermann, SPD-Fraktionschef im Ulmer Gemeinderat, auf MANNSCHAFT-Anfrage mit. Forderungen für ein markantes Mahnmal sind laut Schwäbischer Zeitung bisher aber abgelehnt worden.

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