Enttäuschung in Österreich: Neue Regierung ignoriert LGBTIQ-Themen
Weder die Zählung von Hassverbrechen noch der erweiterte Diskriminierungsschutz schafften es ins neue Regierungsprogramm.
In Österreich regiert die ÖVP erstmals zusammen mit den Grünen – eine abenteuerliche Mischung. Am gestrigen Donnerstag präsentierte Türkis-Grün die Pläne für ihre neue Regierung. Obwohl zahlreiche offen schwule und lesbische Politiker*innen verhandelten, finden sich auf den über 300 Seiten kaum LGBTIQ-Anliegen.
Am gestrigen Donnerstag präsentierte die zukünftige österreichische Regierung ihr neues Regierungsprogramm. Wer durch das über 300 Seiten dicke Dokument blättert und nach LGBTIQ-Themen sucht, wird enttäuscht sein. Im Gegensatz zu Massnahmen wie die Ausweitung des Kopftuchverbots schafften es kaum Anliegen von sexuellen und geschlechtlichen Minderheiten ins Programm.
Intergeschlechtlich in Österreich – erste Anerkennung erstritten
Kein Schutz vor Hass So wird es auch unter Türkis-Grün und Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) keinen erweiterten Diskriminierungsschutz geben. Die ÖVP blockiert dieses sogenannte «Levelling Up» seit Jahren erfolgreich. Auch nach einer gesonderten Zählung von homophoben und transfeindlichen Hassverbrechen sucht man vergebens. Von einem Verbot von Konversionstherapien wie dies in Kanada und Deutschland zurzeit angestrebt wird (MANNSCHAFT berichtete), ist ebenfalls nichts zu lesen. Dazu gibt es jedoch bereits einen SPÖ-ÖVP-Entschliessungsantrag, den SPÖ-Politiker Mario Lindner lanciert hat.
Grosse Enttäuschung Zahlreiche schwule und lesbische Verhandler*innen sassen in mehreren Gruppen auf der grünen Seite des Verhandlungstisches. Die Hoffnungen, dass es viele LGBTIQ-Anliegen in das neue Regierungsprogramm schaffen würden, waren deshalb gross.
Umso grösser ist nun die Enttäuschung in der österreichischen LGBTIQ-Community. Yannick Shetty (NEOS) – offen schwuler Politiker und jüngster Abgeordneter des Nationalrats – will nach der ernüchternden Lektüre die Hoffnung nicht aufgeben, wie er auf Twitter mitteilte.
Immerhin taucht der Begriff «LGBTI» im Bereich der Aussenpolitik auf. So soll sich Österreich international «gegen die Verfolgung von Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung» einsetzen.
Ausserdem möchte Türkis-Grün im Bereich Sport gegen «Doping, Machtmissbrauch, Rassismus und Homophobie sowohl im Spitzen- wie auch im Breitensport» kämpfen.
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Überraschendes Comeback Ein weiteres positives Zeichen für die LGBTIQ-Community ist das überraschende Comback von Ulrike Lunacek. Nach dem Wahldebakel für die Grünen bei den Nationalratswahlen 2017 legte die offen lesbische Politikerin eine Pause ein. In der neuen Koalition wird sie nun Staatssekretärin. Bei den Verhandlungen war Lunacek in der Gruppe «Europa, Integration, Migration, Sicherheit».
Die Grünen sind in Österreich zum ersten Mal Teil der Regierungskoalition; die konservative ÖVP ist hingegen seit 1987 fast ununterbrochen an der Macht. Der Parteitag der Grünen am Wochenende muss die Ministerliste und das Regierungsprogramm absegnen. Voraussichtlich nächste Woche soll die neue Regierung dann vereidigt werden.
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