Das grosse Queer-Aus im TV
Auch die preisgekrönte ARD-Serie «Schwarze Früchte» wird offenbar nicht fortgesetzt
Scheinbar hat die ARD-Produktionsfirma Degeto die preisgekrönte queere Serie «Schwarze Früchte» nicht für eine zweite Staffel verlängert. Für viele Beobachter*innen ist das ein herber Rückschlag.
Der Filmkritiker Patrick Heidmann bezeichnete die Entscheidung in einem Instagram-Beitrag als «traurig und bitter, fatal und fragwürdig». Alles, was sich in den vergangenen Jahren positiv in der deutschen Film- und Fernsehbranche entwickelt habe, stehe nun wieder auf dem Spiel, schrieb er – und daran lasse sich nichts schönreden.
«Schwarze Früchte» galt als ein wichtiger Meilenstein: Im Mittelpunkt steht der junge Lalo, schwarz und queer – eine Figur, auf die Deutschland lange warten musste, wie u.a. das Goethe-Institut in einem Online-Artikel hervorhob. Die Einstellung der Serie reiht sich jedoch ein in eine zunehmende Zahl von Absetzungen queerer TV-Produktionen.
Das Branchenmagazin Deadline berichtete Anfang November, dass in internationalen Programmen derzeit auffallend viele queere TV-Charaktere gestrichen werden – ein «gefährlicher Vorgang», wie es heisst. Auch der neue Jahresbericht der US-Organisation GLAAD «Where We Are on TV» zeigt eine besorgniserregende Entwicklung: Obwohl weiterhin zahlreiche queere Figuren auf Streaming- und TV-Plattformen vorkommen, verschwinden sehr viele von ihnen auch wieder, weil Serien abgesetzt, beendet oder nur für kurze Zeit geplant sind (MANNSCHAFT berichtete über den Trend, der sich schon länger abzeichnet).
Zudem ist eine grosse Zahl von Produktionen mit transinklusiven Figuren betroffen. Serien wie «9-1-1: Lone Star», «Kaos» oder «Clean Slate» laufen aus, und nur wenige Formate mit trans Charakteren haben eine gesicherte Zukunft.
Der GLAAD-Bericht warnt: Serienfiguren, die über mehrere Jahre hinweg wachsen und das Publikum begleiten, hätten das Potenzial, gesellschaftliche Veränderungen anzustossen. Wenn Formate aber immer kürzer laufen oder gar nicht erst verlängert werden, gehe genau dieser langfristige Einfluss verloren. Mit dem Wegfall vieler queerer Charaktere verschwinde auch ein wichtiger Teil dieser Wirkungsmacht.
Hinzu kommt, dass Programme im Bereich Diversity, Equity & Inclusion (DEI) in mehreren grossen Studios unter Druck geraten sind, wegen der Politik der Trump-Administration (MANNSCHAFT berichtete). Gleichzeitig enden international weitere relevante queere Produktionen, darunter «And Just Like That…», «Harlem», «Mid-Century Modern» oder «Heartstopper».
Um die Vielfalt queerer Lebensrealitäten abzubilden und authentische Repräsentation zu ermöglichen, so die Autor*innen des Reports, seien genau solche Serien jedoch unverzichtbar.
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