Coming-out des E2H – neuer Player für Berlins LGBTIQ-Szene
Ende 2022 soll das Queere Kulturhaus eröffnen
Die queere Berliner Kultur-Szene hat einen neuen Player: Das queere Kulturhaus E2H startet am Donnerstag die sommerliche Veranstaltungsreihe «Somewhere over the rainbow» mit einer Ausstellung.
Die Ausstellungseröffnung «In-visible Realness» markiert den Auftakt in die Queeren Kulturwochen «Somewhere over the rainbow» vom 20. Juni bis 19. Juli 2019 und bedeutet zugleich das «Coming-out» des Queeren Kulturhauses, wie die Mütter und Väter des E2H-Hauses erklären.
50 Jahre sind seit den Stonewall-Aufständen vergangen; sogar 100 Jahre ist es in diesem Sommer her, dass Magnus Hirschfeld sein Institut für Sexualwissenschaften in Berlin gründete. Obschon 1933 die Nazis an die Macht kamen und das Institut geplündert und zwangsgeschlossen wurde, wirkt sein sozialer, medizinischer und politischer Einfluss bis heute nach.
Neben Hirschfeld beruft sich das Queere Kulturhaus im Beinamen «E2H» auch auf die lesbische Schriftstellerin und Aktivistin Johanna Elberskirchen. Nun erlebt das E2H sein Coming-out: Den Auftakt der Queeren Kulturwochen Somewhere over the rainbow markiert die Ausstellung «In-visible Realness» in der Galerie PS120.
Sixpack? Straffe Haut? Schwules Altern als Kunstform
Zahlreiche queere Künstler*innen – mal schwul, mal lesbisch, mal trans – zeigt die Schau, die Ben Livne Weitzmann und Justin Polera kuratiert haben. Natürlich gibt es Unterschiede zwischen Schwulen und Lesben, erklärt Weitzmann, aber er wolle mit der Ausstellung diese Unterschiede umarmen, ohne das Trennende zu betonen. «Difference without separation», so sein Motto.
Ohnehin möchte er das Wort queer weniger als Zustandsbeschreibung verstanden wissen; vielmehr ist es für ihn ein Verb, das eine Lebendigkeit ausdrückt, das atmet und in Bewegung ist. Der Bindestrich im Titel der Ausstellung «In-visible Realness» markiere die Spannung zwischen dem Erkenntlichen, dem, was unserem Auge verborgen bleibt und dem, was langsam ans Licht kommt, erklären die Ausstellungsmacher.
Wir verschwinden nicht hinter dem Wort queer
«Wir verschwinden nicht hinter dem Wort queer, wir sind schwul, lesbisch, trans oder inter», stellt E2H-Vorstand Jan Feddersen klar. «Wir verstehen uns nicht als ideologisch. Unsere Grenzen steckt nur das Grundgesetz ab.»
Mit der Ausstellung beginnen nun also die Queeren Kulturwochen des E2H, die bis zum 19. Juli zahlreiche Veranstaltungen vor allem im PS120 präsentieren. Bis 2022 entsteht, gefördert vom Berliner Senat, das E2H in Berlin-Mitte als eigener Raum für Kulturveranstaltungen, für queere Archive, für wissenschaftlichen Diskurs und wird öffentlicher, populärer Veranstaltungs- und Diskussionsort sein, kurz: ein neuer, sichtbarer Standort für LGBTIQ sowie Freunde und Unterstützer im Herzen der queeren Metropole Berlin.
Isherwood und Bachardy – 33 Jahre offene Beziehung
Ende 2022, so der Plan, soll es eröffnen. Neun Objekte standen zur Auswahl, für das ehemalige taz-Haus in der Rudi-Dutschke-Strasse hat man sich schliesslich entschieden. Auch wenn es ähnliche Einrichtungen in Gent, San Francisco oder Tel Aviv gibt: «Ein Projekt wie das E2H hat es in Berlin oder sonstwo auf der Welt noch nicht gegeben», erklärt Feddersen stolz. «Alle queeren Archive kommen hier zusammen, bleiben aber selbständig und autonom.»
Zu den Partnern gehören das Feministische Archiv FFBIZ, das Lesbenarchiv Spinnboden, das Zeitzeuginnenenprojekt LAZ reloaded, die Forschungsstelle Kulturgeschichte der Sexualität der Humboldt-Uni, die Magnus Hirschfeld Gesellschaft ebenso wie die Bundesstiftung Magnus Hirschfeld, die Bildungseinrichtung KomBi (die 2018 mit dem Respektpreis des LSVD geehrt wurde) sowie die Initiative Queer Nations (IQN).
Wissenschaft, Kultur, Inspiration Feddersens Vorstandskollegin Christiane Härdel gründete einst das Lesbische Aktionszentrum (LAZ) mit. Dort setzten sich mit Beginn der 70er Jahre Lesben für Emanzipation und Selbstbestimmung ein. «Ein Zentrum für Wissenschaft und Kultur, ein Treffpunkt, zu dem man auch Freunde und Verwandte mitbringt, das hätte ich mir damals schon gewünscht», so Härdel, für die das Queere Kulturhaus eine Art Lebenstraum und Vermächtnis ist – «ein lebendiger Ort, wo man Inspiration findet, ins Kino gehen kann und sich zum Essen oder einfach nur auf ein Bier trifft.»
Auch wenn es noch drei Jahre dauern kann, bis dieses Haus Wirklichkeit wird: «Angesichts der grossen Ziele haben wir alle schon starkes Lampenfieber», so Feddersen.
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