Chor-Protest gegen Woelki: Nur «bunte Abordnung» im Dom
Es sangen nur Queers und Protestant*innen
Die Wogen um den hoch umstrittenen Kölner Kardinal Woelki glätten sich auch nach seiner monatelangen Auszeit nicht: Jetzt reagiert sogar der Chor mit einem Sänger-Boykott im Dom.
Mit einem musikalischen Teilboykott hat das Vokalensemble Kölner Dom am Palmsonntag gegen Missstände in der katholischen Kirche protestiert. Im Pontifikalamt mit dem Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki trat das Ensemble nur mit einer «kleinen, aber besonders bunten Abordnung» an, wie die Kölner Religionslehrerin und Chorsängerin Edith Timpe es im Vorfeld formuliert hatte.
Die meisten Plätze der eigentlich 50 Chormitglieder blieben demonstrativ leer. Stattdessen sang eine achtköpfige Rumpfbesetzung aus überwiegend queeren oder protestantischen Ensemble-Mitgliedern.
Die Aktion richtete sich gegen die hoch umstrittene Amtsführung des Kölner Kardinals Rainer Maria Woelki, dem unter anderem vorgeworfen wird, die Aufklärung sexualisierter Gewalt im Bistum auszubremsen (MANNSCHAFT berichtete). Zunächst hatte der Kölner Stadtanzeiger über den Teilboykott berichtet.
Einige Chormitglieder hatten dem Kardinal einen Brief geschrieben, weil sie mit ihm über Reformen im Erzbistum sprechen wollten. Seit drei Wochen warten sie auf eine Antwort, wie der WDR berichtet. Dabei hatte Woelki immer wieder betont, er wolle mit der Kirchenbasis ins Gespräch kommen.
Dieser Widerspruch zwischen seiner Ankündigung und dem Verhalten des Kardinals führte nun offenbar dazu, dass der Grossteil der Chormitglieder nicht auftreten wollte. Und das, obwohl der Auftritt an diesem Palmsonntag für das Vokalensemble des Kölner Doms ein Jubiläumsauftritt ist: Vor 25 Jahren wurde das Ensemble gegründet.
Ganz ausfallen sollte der Auftritt beim Palmgottesdienst im Kölner Dom nicht, so Timpe im Gespräch mit dem WDR am Samstag. Daher der Auftritt von acht Queers bzw. Protestant*innen.
Woelki, der laut Timpe bereits am Freitag vorgewarnt worden war, ging in seiner Palmsonntagspredigt mit keinem Wort auf die Aktion ein. In der Predigt appellierte der 65-jährige Kardinal an die Gemeinde, die Karwoche zu nutzen, um «für den Frieden in der Welt zu beten, zu arbeiten und ihn vor allen Dingen im eigenen Leben zu leben».
Bereits vor rund drei Wochen habe das Vokalensemble seine Kritik an Woelki in einem Brief adressiert und seitdem keine Antwort erhalten, sagte Timpe der Deutschen Presse-Agentur. In dem Schreiben sei unter anderem gefordert worden, dass «System der Angst», das Woelkis sehr konservative Amtsführung begleite, zu beenden.
In seiner Palmsonntagspredigt erinnerte Woelki an Jesus‘ bescheidenen Einzug nach Jerusalem auf einem Esel. «Er will damit sagen: Ich komme ohne Machtapparat. Ich komme ohne Gewalt. Ich will Frieden bringen.» Vor dem Auszug der Gemeinde aus dem Kölner Dom sagte der Erzbischof zum Ende des Pontifikalamts: «Das, was wir gefeiert haben, wollen wir jetzt umsetzen.»
Domkapellmeister Eberhard Metternich, der den Rumpf-Chor am Sonntag leitete, sagte dem Kölner Stadt-Anzeger, einen Missbrauch des Gottesdienstes könne er in der Aktion des Chores nicht erkennen. Er könne und wolle eine Diskussion im Chor über die Situation der Kirche nicht unterbinden. Die Chorgemeinschaft sei ein Querschnitt der ganzen Gesellschaft. «Wir haben alle gern bei uns, die mit ihrem Gesang den Gottesdienst bereichern wollen. Und das tut ein Teil der Sängerinnen und Sänger, obwohl sie mit ihrer Lebensform von der Kirche ausgegrenzt werden.»
Kardinal Woelki selber befürwortet ein Segnungsverbot für homosexuelle Paare (MANNSCHAFT berichtete).
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