Brian Tyree Henry feiert queere Sichtbarkeit in Marvels «Eternals»
Comic-Action von Oscar-Regisseurin Chloé Zhao
Mit ihrem ruhigen Roadmovie-Drama «Nomadland» verzückte Chloé Zhao die Kritiker und gewann viele Preise. Direkt im Anschluss drehte die chinesische Filmemacherin ihren ersten Blockbuster. Mit «Eternals» bringt sie eine Reihe von neuen Held*innen auf die Leinwand. Darunter der erste schwule Held des Marvel Cinematic Universe, Phastos. Von Philip Dethlefs, dpa
Chloé Zhao war die grosse Abräumerin der vergangenen Awards-Season. Das US-Magazin «Variety» zählte 34 Auszeichnungen als Regisseurin, 13 als Drehbuchautorin und neun Preise in der Kategorie Schnitt für die chinesische Filmemacherin. Lange bevor der Erfolg ihres US-Roadmovies «Nomadland» absehbar war, engagierten die Marvel Studios Zhao 2018 für den Blockbuster «Eternals». Das ist für beide Seiten neues Terrain. Zhaos bisherige Werke sind das Gegenteil der bunten, actiongeladenen Filme des Marvel Cinematic Universe (MCU).
Der 25. Film der Marvel Studios widmet sich mehreren Helden, die bisher noch gar nicht im MCU auftauchten oder erwähnt wurden. Die Eternals entstammen dem gleichnamigen Comic von Jack Kirby. Es geht um eine Gruppe kosmischer Humanoider, die seit Tausenden von Jahren auf der Erde weilen, um die Menschheit vor den Deviants – monströsen, formwandelnden Wesen – zu beschützen.
Salma Hayek spielt Anführerin Ajak (im Comic ein Mann), Angelina Jolie die Kämpferin Thena. «Die Diversität und die Inklusion» hätten sie überzeugt, in «Eternals» mitzuwirken, sagte Jolie der Deutschen Presse-Agentur, «und dass wir die Welt in der wir leben, besser repräsentieren.»
«Game Of Thrones»-Star Richard Madden ist Ikaris, Gemma Chan («Crazy Rich Asians») seine Ex-Geliebte Sersi. Maddens früherer «GoT»-Kollege Kit Harington spielt eine Nebenrolle, die Fragen aufwirft. Man wird ihn wohl noch häufiger im MCU sehen.
Auch im Team: die gehörlose Lauren Ridloff («Sound Of Metal»), der koreanische Actionstar und Ex-Bodybuilder Ma Dong-seok (ausserhalb Koreas besser bekannt als Don Lee), Teenagerin Lia McHugh und Brian Tyree Henry als erster schwuler MCU-Held Phastos. Sein Mann wird gespielt von Haaz Sleiman.
Brian Tyree Henry freut sich sehr über seine Rolle – und das, was es für die LGBTIQ Community bedeutet. «Können Sie sich vorstellen, wie viele Leben das retten wird – Kinder, junge queere Leute, die gemobbt werden, Selbstmord begehen und sich nicht repräsentiert sehen?» schwärmte Henry gegenüber Variety.
Für Regisseurin Zhao geht es um mehr als nur eine Botschaft. «In solchen Momenten Authentizität zu finden, ist für mich entscheidend, damit es sich nicht erzwungen anfühlt, sodass man sich tatsächlich mit den Figuren identifizieren kann. Das ist das Wichtigste. Es geht nicht nur darum, es als Erste zu machen. Es geht darum, ob du wirklich für sie empfindest, egal ob du schwul oder hetero bist oder was auch immer.»
So divers die Besetzung, so unterschiedlich das, was die Stars auf die Leinwand bringen. Während Jolie – die sich vor Jahren schon von der Schauspielerei verabschiedet hatte – und Hayek unauffällig sind, hinterlassen Ridloff als Makkari und der Ire Barry Keoghan als von seinem Gewissen geplagter Druig einen bleibenden Eindruck, obwohl ihre Auftritte zu kurz kommen. Die beiden haben eine herrliche Chemie. Urkomisch sind Kumail Nanjiani als Bollywood-Star Kingo und der indische Altstar Harish Patel als sein unterwürfiger Assistent.
Nachdem sie die Deviants vor Ewigkeiten besiegt hatten, trennten sich die Wege der Helden. Doch eines Tages tauchen die Monster wieder auf. Und so müssen sich die Eternals, bei denen es über die Jahrtausende einige interne Konflikte und Techtelmechtel gab, wieder zusammentun. Viel mehr lässt sich über die Handlung des Films kaum erzählen, ohne wesentliche Wendungen in der Story zu verraten.
Bis es richtig spannend wird, benötigt das Publikum viel Geduld. Es dauert fast zwei Stunden, bis das Team komplett ist. So lange sieht man viele ermüdende Rückblicke, in denen die Eternals wiederholt gegen die Deviants kämpfen, und erfährt vom Privatleben der Helden. Eine Premiere im MCU ist die erste Sexszene zwischen zwei Figuren.
Oscar-Gewinnerin Chloé Zhao liess sich vorab von Marvel-Boss Kevin Feige zusichern, auf ihre Art drehen zu dürfen. Ihr von «The Rider» oder «Nomadland» bekannter ruhiger Erzählstil mit schönen Bildern und Landschaftspanoramen ist erkennbar. Zhao drehte so wenig wie möglich im Studio und so viel wie möglich draussen – in London, auf dem englischen Land und an den Stränden der Kanarischen Inseln. Das kann sich sehen lassen. Nicht so beeindruckend sind die Spezialeffekte. Vor allem die Deviants sehen langweilig und künstlich aus.
«Eternals» übernimmt sich moralischen Fragen «Eternals» ist ein ambitionierter Film, der sich mit moralischen Fragen übernimmt, die er nicht befriedigend auflösen kann. Seine Laufzeit von 157 Minuten ist zu lang. Zumindest wurden die falschen Schwerpunkte gesetzt. Die Rekrutierung des Teams hat man oft in ähnlicher Form in anderen Filmen gesehen, dafür braucht es nicht zwei Stunden. Den gelungenen Showdown hätte man sich hingegen deutlich grosszügiger und länger gewünscht. So fehlt «Eternals» die Balance. Unter den 25 MCU-Blockbustern landet er nur im Mittelfeld.
Übrigens: Die spektakulärsten Szenen und ein besonderer Auftritt sollen bei «Eternals» in den Mid- und Post-Credit-Szenen versteckt sein. Um das geheim zu halten, wurde der Abspann bei Pressevorführungen in Deutschland vorab nicht gezeigt.
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