Bistum Hildesheim versichert: Keine Nachteile nach Coming-out
Generalvikar Wilk will ein Klima der Angstfreiheit in der Kirche
Versteckspiel aus Sorge um die Arbeit im Dienst der Kirche – das ist unhaltbar, findet der Generalvikar des katholischen Bistums Hildesheim. Den Menschen, die queer sind und für die Kirche arbeiten, gibt er ein Versprechen.
Wer für das Bistum Hildesheim arbeitet, muss nach den Worten von Generalvikar Martin Wilk keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen wegen seiner oder ihrer sexuellen Identität fürchten. Es sei unhaltbar, dass Menschen im Dienst der Kirche aus Sorge um ihren Arbeitsplatz zu einem Versteckspiel gezwungen würden, betont Wilk in einem Brief an alle Angestellten. Darin spricht er sich für ein Klima der Angstfreiheit in der Kirche aus, niemand dürfe wegen seiner sexuellen Identität diskriminiert werden: «Für diesen wertschätzenden Umgang miteinander setze ich mich mit allen mir zur Verfügung stehenden Mitteln ein.» Zuvor hatte der NDR berichtet.
Insgesamt 125 kirchliche Mitarbeiter*innen, Priester und engagierte Laien in Deutschland hatten mit der Aktion #OutInChurch ihr Queersein öffentlich gemacht (MANNSCHAFT berichtete). Allerdings sind gleichgeschlechtliche Beziehungen mit Lehre und Dienstrecht der katholischen Kirche nicht vereinbar, sie können zur Kündigung führen. Die Aktion, die durch den ARD-Film «Wie Gott uns schuf» öffentlich wurde, vereint Menschen aus ganz Deutschland. Vor allem im norddeutschen Bistum Osnabrück haben viele Kirchenmitarbeiter das Coming-out gewagt.
Wir brauchen in unseren diözesanen Beratungsgremien eine ehrliche Diskussion um die grundsätzliche Ausrichtung unseres Bistums in diesem Themenbereich.
Es erfordere grossen Mut, sich vor einem Millionenpublikum als homosexuell zu bekennen, wenn man Sanktionen des kirchlichen Arbeitgebers befürchten müsse, schreibt Wilk. «Wir brauchen in unseren diözesanen Beratungsgremien eine ehrliche Diskussion um die grundsätzliche Ausrichtung unseres Bistums in diesem Themenbereich.» Bischof Heiner Wilmer sei es ein wichtiges Anliegen, eine Reform des kirchlichen Arbeitsrechts im Zusammenhang mit dem Synodalen Weg, der Debatte über die Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche, zur Sprache zu bringen.
Nach Wilks Auffassung sind verlässliche und verbindliche Lösungen im kirchlichen Arbeitsrecht für die unterschiedlichen Lebenssituationen notwendig: «Dabei denke ich auch an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die nach einer Scheidung wieder geheiratet haben. In unserem Familien- und Freundeskreis sind diese Beziehungen schon längst eine akzeptierte Realität geworden, am kirchlichen Arbeitsplatz werden sie zu einem arbeitsrechtlichen und damit auch zu einem persönlichen Problem. Wir dürfen unsere Augen vor der Realität nicht länger verschliessen.» Es gehe darum, die Lebenswirklichkeit der Menschen zu würdigen und ernst zu nehmen: «Unsere Kirche muss jedem Menschen Heimat bieten.»
Zu den Folgen der Münchener Aufarbeitungsstudie und dem Coming-out von Mitarbeitenden der katholischen Kirche schreibt der Generalvikar: «Wir leben in einer Kirche, in der die Aussagen des emeritierten Papstes in Bezug auf Missbrauch für massive Irritationen gesorgt haben und in der Menschen, aus Angst vor arbeitsrechtlichen Konsequenzen, ihr eigenes Ich verstecken müssen.» Daher sei es verständlich, dass die Identifikation mit der Kirche für manche Menschen eine Herausforderung sei.
Heiner Koch, Erzbischof des Erzbistums Berlin, forderte inzwischen Reformen. Er stellte sowohl das Zölibat als auch den Umgang der Kirche mit Homosexuellen und Frauen in Frage (MANNSCHAFT berichtete).
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