Berliner Bezirk distanziert sich von polnischer Partnerstadt
Steglitz-Zehlendorfs polnische Partnerstadt Poniatowa erklärte sich 2019 zur LGBT-freien Zone
Das Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf erklärt, dass es sich vom Beschluss des Stadtrats von Poniatowa vom Sommer 2019, eine «LGBT-freie Zone» zu sein, in aller Klarheit distanziert. Es sei nicht vereinbar mit dem verbindenden Geist der Städtepartnerschaft.
Wie es in einer Pressemitteilung heisst, habe das Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf erst vor kurzem erfahren, dass sich die Partnergemeinde Poniatowa am 30. August 2019 zu einer «LGBT-freien Zone» habe. Was auch immer «vor kurzem» bedeutet: Schon vor zwei Monaten hatte MANNSCHAFT eine Anfrage diesbezüglich an das Bezirksamt gestellt; damals lautete die Antwort: Man könne das aufgrund der aktuellen Entwicklungen zum Thema Corona gerade nicht beantworten.
Polen: Regenbogenmasken gegen Corona und Homophobie
Aktuell deklarieren sich rund ein Drittel der polnischen Gemeinden als derartige Zonen, wie lokale Aktivist*innen in einem Atlas des Hasses dokumentieren. Vergangenes Jahr hatte der Chef von Polens rechtsnationalistischer Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS), Jaroslaw Kaczynski, Homosexuelle, die Geschlechterforschung und frühe Sexualaufklärung von Kindern als «Bedrohung» für sein Land bezeichnet (MANNSCHAFT berichtete).
Weiter in der Pressemitteilung von Mittwoch heisst es nun: Steglitz-Zehlendorf stehe für eine freie Bürgergesellschaft, in der Meinungsfreiheit wie auch bürgerliche Grundfreiheiten, unabhängig der sexuellen Orientierung, für unverzichtbar gehalten werden.
So kann jede*r etwas gegen «LGBT-freie-Zonen» in Polen tun
«Gegenüber der Partnergemeinde wurde deutlich gemacht, dass Toleranz und Gleichberechtigung die wesentlichen Pfeiler einer Demokratie bedeuten und das Bezirksamt die Haltung Poniatowas zutiefst bedauert.» Das Europäische Parlament verurteilt die anti-LGBT-Zonen in Polen (MANNSCHAFT berichtete) und fordert die polnischen Behörden nachdrücklich auf, diese Handlungen zu verurteilen und alle Entschliessungen zurückzuziehen, in denen die Rechte der LGBT angegriffen werden. Steglitz-Zehlendorf schliesse sich dieser EU-Erklärung vom 18.12.2019 in allen Punkten an.
Die Bezirksbürgermeisterin von Steglitz-Zehlendorf Cerstin Richter-Kotowski (CDU) erklärt: «Städtepartnerschaften leben vom gemeinsamen Austausch, der Menschen über Grenzen hinweg verbindet. Ein solcher Austausch beinhaltet gesellschaftliche Vielfalt und die Inklusion aller». Alle Bezirksamtskolleg*innen hätten ein entsprechendes Schreiben an den Bürgermeister von Poniatowa mit unterschrieben, heisst es.
Aus Sicht der FDP-Fraktion in der Bezirksverordnetenversammlung ist das Ausrufen von LGBT-freien Zonen ein «brachialer Rückschritt in den Errungenschaften der Lesben- und Schwulenbewegung», wie die Berliner Woche zuvor berichtet hatte. In einem Antrag habe die Fraktion das Bezirksamt ersucht, bestehende Partnerschaften mit Städten gegebenenfalls aufzulösen, in denen queere Menschen stigmatisiert und kriminalisiert werden.
Auch die Grünen forderten dem Bericht zufolge die Bezirkspolitik auf, klar Stellung zur Situation in Poniatowa zu beziehen. «Sofern kein Einlenken unserer polnischen Partnergemeinde absehbar ist, fordern wir, die Partnerschaft vorübergehend auszusetzen.» Eine Aufkündigung der Partnerschaft lehnen die Grünen aber ab. Denn: «Polnische Queer-Aktivisten brauchen unsere Unterstützung und Solidarität.»
Endlich 10 Jahre alt! Hier ist die MANNSCHAFT, Nr. 100
Die französische Gemeinde Saint-Jean-de-Braye hat längst beschlossen, die Partnerschaft mit der südpolnischen Kleinstadt Tuchów (Woiwodschaft Kleinpolen) zu beenden. Martin-Chabbert, Berater des dortigen Bürgermeisters, betonte, dass die Gemeinde die Vernachlässigung der Menschenrechte nicht zulassen könne, und verwies auf die Verfolgung von Homosexuellen durch Nazideutschland.
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