Alles, was Männern Spass macht? Der deutsche «Playboy» wird 50
Den ersten schwulen Mann gab es schon letztes Jahr auf dem Cover
Deutschlands beliebtestes Männermagazin hat Geburtstag, an diesem Donnerstag erscheint das Jubiläumsheft. Hier erzählt Chefredakteur Florian Boitin, warum das erste Titelgirl 1972 nicht nackt zu sehen war und welche Rolle James Bond für ihn spielt.
Von Christof Bock, dpa
Ein halbes Jahrhundert Naked News: Das Männermagazin Playboy feiert in Deutschland seinen 50. Geburtstag. Die August-Ausgabe kommt an diesem Donnerstag in den Handel und bereitet den Leser*innen eine kleine Überraschung, «mit einem nie dagewesenen Cover-Konzept», wie Playboy-Chefredakteur Florian Boitin im Interview der Deutschen Presse-Agentur erzählt. «Wir werden bei der August-Ausgabe mit 50 unterschiedlichen Titelseiten im Handel erhältlich sein.»
50 Künstler*innen gestalteten sie nach eigenen Vorstellungen. «Und so kommt es auch, dass zum ersten Mal in der Geschichte des deutschen Playboy Männer auf dem Titel zu sehen sein werden.» Ziemlich nackte Männer. Eigentlich nur konsequent – schliesslich ist jede*r zehnte der 870 000 Leser*innen heutzutage eine Frau.
Den ersten schwulen Mann gab es schon letztes Jahr auf dem Cover (MANNSCHAFT berichtete). In den Niederlanden gab es vor zehn Jahren eine Lesben-Ausgabe. Doch, wie es in einer Rezension von Phenomenelle heisst, wollte sich die Redaktion nicht wirkich an Lesben richten. «Lesbischer Sex verkauft sich und das wissen sie. In dem Interview lassen die Gast-Herausgeberinnen verlauten, dass sie Sex mit Männern hatten, es genossen haben und eine Wiederholung nicht ausschliessen.»
Alice Schwarzer soll die Redaktion einst 10.000 Mark für Nacktbilder geboten haben, doch die deutsche Feministin lehnte ab. Sie sei nicht käuflich, erklärte sie kürzlich rückblickend.
Im Jahr 2018 gab der Playboy eine Umfrage beim Meinungsforschungsinstituts Mafo.de in Auftrag, bei der es um das Thema sexuelle Freizügigkeit und Offenheit gegenüber LGBTIQ ging. U.a. ging es um den Austausch von Zärtlichkeiten im öffentlichen Raum. Zwar störten sich in dieser Hinsicht mehr Befragte an schwulen oder lesbischen Intimitäten (24,6 Prozent) als an heterosexuellen (16,3 Prozent), darüber hinaus jedoch zeigen sich die Deutschen in Fragen der sexuellen Orientierung entspannt: Rund zwei Drittel (69,1 Prozent) würde es wenig bis gar nicht stören, wenn ihr eigenes Kind homosexuell wäre.
Doch zurück in die Zeit, als der Playboy zwar gern für seine Interviews gelobt, aber eher wegen der nackten Frauen zum Ausklappen in der Heftmitte gekauft wurde. Also zurück in die Zeit von Gaby Heier, die im August 1972 («Die schönen Mädchen von München») vom quietschgelben Cover lächelte. Sie war bekleidet mit einem gelben T-Shirt, das eine 1 zeigt. Das Heft ist ein Sammlerstück und kostet im Netz heute mehrere hundert Euro. Für das Jubiläumsheft traf die Playboy-Redaktion Heier nun knapp 50 Jahre später nochmal.
«Wir sprachen mit ihr natürlich auch über das Fotoshooting von damals», so Boitin. «Gaby Heier ist 1972 zwar auf dem Titel zu sehen, aber im Magazin kommt sie gar nicht vor – geschweige denn nackt. Auf die Frage, warum das denn so ist, antwortet sie jetzt: „Mich hat damals keiner gefragt.“ 30 Jahre später haben die Playboy-Kollegen das dann allerdings nachgeholt und sie 2003 noch mal nackt für eine Ausgabe fotografiert.»
Zudem gibt es in der Jubiläumsausgabe ein Quiz und die «besten Playboy-Witze» aus 50 Jahren. «In einem 20-seitigen Feature sprechen wir mit zehn Prominenten darüber, wie sich das Frauen- und das Männerbild in den 50 Jahren verändert haben.»
Denn seit der Playboy mit dem Motto «Alles was Männern Spass macht» an den Start ging, hat sich die Gesellschaft sehr gewandelt. Boitin zum Beispiel kaufte sein erstes Playboy-Heft 1982 mit 15 Jahren – und gab es nie wieder her.
Mit dem Playboy erwachsen geworden «Ich war damals mitten in der Pubertät. Und ich muss gestehen, bei meinem ersten Playboy haben mich die Interviews nur am Rande interessiert», gibt er zu. «Die Funktion des Playboy hat sich über die letzten 50 Jahre natürlich stark verändert. Ich selbst bin mit dem Playboy erwachsen geworden – oder wie man so schön sagt: Ich bin mit dem Playboy zum Mann geworden.» Boitin hat vier Kinder, zwei davon erwachsen. «Und ich weiss, dass mein grosser Sohn nicht mehr durch den Playboy sexuell aufgeklärt werden musste.»
Heute werde der Playboy viel stärker in seiner Vielfalt wahrgenommen, meint der Chefredakteur. «Natürlich spielen die Erotik und die erotischen Bilder eine starke Rolle, aber heute geht es tatsächlich mehr darum, wer auf dem Playboy zu sehen ist, als dass man Männern zeigt: So sieht das weibliche Wesen unbekleidet aus.»
Anfang 2020 zeigte der Playboy die damals 19-jährige Abiturientin Laura Müller, die Frau an der Seite des Skandal-Sängers Michael Wendler, splitternackt. Und verkaufte so rund doppelt so viele Februar-Hefte. Der Traffic auf der Onlineseite verfünffachte sich durch Laura Müller.
Der Playboy ist mit monatlich verkauften 101.102 Exemplaren ohnehin sehr erfolgreich. Warum? Man sei sich im Kern immer treu geblieben, betont der Blattmacher. Er zieht dabei eine Analogie zum Actionhelden 007: «Geheimagent James Bond ist trotz aller gesellschaftlicher Veränderungen noch immer – genau, ein Mann. Und: Er ist immer noch heteronormativ veranlagt. Er wirbt und kämpft um Frauen. Die Figur des James Bond hat eine unveränderbare DNA.»
Und genauso sei das eben auch beim Playboy. Boitin: «Wir sind uns in der Grund-DNA einfach treu geblieben. Das heißt: Wir richten uns vordringlich an den heteronormativen Mann, der sich von der Schönheit und Einzigartigkeit der Frau angesprochen fühlt. Das heisst aber nicht, dass wir nicht trotzdem mit der Zeit gegangen sind.» Die Sprache im Heft habe sich verändert. «So sprechen wir natürlich auch nicht mehr von Mädchen.»
Ich sehe in dem Gendersternchen keinen Evolutionsschritt, der so bahnbrechend ist, dass der Playboy diesem unbedingt folgen muss.
Kaum gealtert ist in der ganzen Zeit der durchschnittliche Käufer. «Der Playboy-Leser ist im Schnitt knapp 39 und sehr vielfältig», so Boitin. «Wir erreichen den 25-jährigen Technik-Studenten aus München genauso wie den 43-jährigen Familienvater, der in Sachsen-Anhalt in seinem Einfamilienhaus lebt, bis hin zum Universitätsprofessor an der Klinik Innsbruck, der gerade in den wohlverdienten Ruhestand geht.» Was viele von ihnen eint: «Der Playboy-Leser hat Freude am Leben, kann sich aber tatsächlich auch viele seiner Leidenschaften leisten.»
Was viele Menschen nicht wissen: Hinter den Kulissen der Münchner Männer-Lifestyle-Marke arbeiten mehrheitlich Frauen. Boitin: «60 Prozent des Playboy-Teams bestehen aus Frauen. Jeder, der sich bei Playboy verantwortlich mit dem Thema Fotografie beschäftigt, ist weiblich.» Auf die Frage, ob man eines Tages Gendersternchen in seinem Heft finden wird, weicht Boitin elegant aus: «Ich persönlich sehe in dem Gendersternchen keinen Evolutionsschritt, der so bahnbrechend ist, dass der Playboy diesem unbedingt folgen muss.»
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