Mehr Infektionen mit Syphilis und Co. – Es fehlen Prep und Tests
Forderungen der Aids-Hilfe Schweiz
Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) vermeldet steigende bzw. stagnierende Infektionszahlen von HIV, Syphilis und anderen STIs. Angesichts dieser Entwicklung ist regelmässiges Testen bei MSM wichtiger denn je.
Dass die HIV-Neuinfektionen bei schwulen und anderen Männern, die Sex mit Männern haben (MSM), nicht sinken, ist ein Hinweis darauf, dass neben Tests auch Schutzmittel wie Kondome und HIV-Prep nicht zugänglich genug sind.
Der Bericht des BAG (BAG-Bulletin 48/24) bekräftigt die hohe Relevanz der jährlichen stattfindenden Testkampagne der Aids-Hilfe Schweiz und ihrer regionalen Fachstellen – ohne dass Bund oder Kantone die dafür nötige Finanzierung ausweiten.
Insbesondere entscheidet der Preis darüber, wie viele präventive HIV- und Syphilis-Tests durchgeführt werden
Florian Vock, Leiter Prävention der Aids-Hilfe Schweiz
«Unsere langjährige Arbeit beweist, dass insbesondere der Preis massgeblich darüber entscheidet, wie viele präventive HIV- und Syphilis-Tests durchgeführt werden», so Florian Vock, Leiter Prävention der Aids-Hilfe Schweiz. «Unser ganzer Verband und auch die betroffenen Communitys wären bereit, mehr zu testen. Doch dafür müssen die Tests kostenlos und unkompliziert angeboten werden können – für jene, die es brauchen.»
Eine substanzielle Erhöhung ist erforderlich, um die Effektivität und Reichweite der Testangebote zu steigern. Florian Vock appelliert an die politischen Akteure: «Das Ziel der Schweizer Politik, HIV-Neuinfektionen bis 2030 zu eliminieren und andere STI zu reduzieren, erfordert zusätzliche Mittel.»
Schlüsselgruppen-spezifische Gesundheitsangebote benötigen staatliche Unterstützung. Vock unterstreicht: «Prävention liegt insbesondere im Interesse der öffentlichen Gesundheit. Darum muss auch die Finanzierung öffentlich geregelt werden – und darf weder über Selbstzahlung noch via Krankenkasse auf die Betroffenen abgewälzt werden.»
Forderungen der Aids-Hilfe Schweiz:
- Informieren Präventionsarbeit stärken: Die aufsuchende Präventionsarbeit (Community Health Work) muss ausgebaut werden, um auch im digitalen Raum wirksam zu sein und eine jüngere Personengruppe zu erreichen.
- Schützen Schutzmittel kostenlos verfügbar machen: Kondome und PrEP (medikamentöse HIV-Prophylaxe) müssen kostenfrei, bedarfsorientiert und unkompliziert zur Verfügung gestellt werden.
- Testen Testangebote für alle Schlüsselgruppen: Multioptionale Testangebote müssen ausgebaut werden, doch rechtliche und bürokratische Hürden sowie fehlende Finanzierungen verhindern das.
Bemerkungen zu einzelnen Infektionen
Die Aussagekraft des Ansteckungsortes oder -weges ist bei den verfügbaren Daten im BAG-Bulletin beschränkt, da die Angabe je nach Gruppe bei bis zur Hälfte der Fälle fehlt. Das Surveillance- und Meldewesen in der Schweiz muss dringend reformiert werden, um eine bessere Datengrundlage zu erhalten. Nur so können Akteur*innen wie die Aids-Hilfe Schweiz adäquat und rasch auf das Infektionsgeschehen reagiert.
HIV
Entscheidender Indikator für das HIV-Eliminationsziel ist die Kaskade. Um das zu erreichen, muss die Schweiz heute weiter sein: Mindestens 95% aller Personen brauchen eine HIV-Diagnose. Diese Ziele werden insbesondere mit zwei Massnahmen erreicht: Schutzmittel wie Kondome oder Prep müssen kostenlos und unkompliziert verfügbar gemacht werden und besonders von HIV betroffene Gruppen müssen einfachen und anonymen Zugang zu Beratung und Testung erhalten.
Weiterhin sind MSM die am stärksten betroffene Gruppe in der Schweiz. Wenn Bund und Kantone nicht zusätzliche Mittel für die Prävention zur Verfügung stellen, wird das HIV-Eliminationsziel 2030 nicht erreicht. Auch heterosexuelle Personen müssen verstärkt auf individuelle Risiken für HIV sensibilisiert werden, insbesondere was Sextourismus oder Besuche in Heimatländern mit hoher HIV-Prävalenz betrifft.
Syphilis
Die steigenden Fallzahlen sind besorgniserregend. Betroffen sind am häufigsten Männer, die Sex mit Männern haben, aber auch kommerzielle sexuelle Kontakte. Syphilis überträgt sich sehr leicht, auch beim Sex mit Kondom. Deshalb ist regelmässiges Testen bei besonders betroffenen Gruppen die wichtigste Massnahme. Aber die Ressourcen, die für die niederschwellige Testangebote zur Verfügung stehen, reichen dafür bei weitem nicht aus, insbesondere für Sexarbeiter*innen.
Hepatitis C
Es steht keine Impfung gegen Hepatitis C zur Verfügung, aber eine wirksame Behandlung. Das Ansteckungsrisiko kann reduziert werden, indem auf das Austauschen von Drogenkonsum- und Zubereitungsmaterial (Spritzen, Nadeln, Filter, Löffel, Röhrchen) verzichtet wird. Das Engagement bei Harm Reduction ist deshalb massgeblich, um Neuinfektionen zu verhindern. Hinzu kommt, dass Testung, aber auch Behandlung für besonders betroffene Gruppen nicht ausreichend zugänglich ist.
Gonorrhoe
Auch bei Gonorrhoe sind MSM besonders stark betroffen, die Fallzahlen steigen. Beunruhigend bei Gonorrhoe ist die Bildung von Antibiotikaresistenzen. Deshalb ist es besonders wichtig, dass die Behandlung korrekt und nach den aktuellen Guidelines durchgeführt wird.
Chlamydien
Je mehr getestet wird, desto mehr wird gefunden: Aus Public Health-Sicht stellt sich deshalb die Frage, wie sinnvoll das asymptomatische Testen bei Chlamydien ist. Eine Testempfehlung ist nur dann verhältnismässig, wenn damit mittelfristig auch eine Reduktion von Infektionen erreicht werden kann; insbesondere deshalb, weil Chlamydien auch ohne weitere Folgen ausheilen können. Diese Diskussion muss in der Fachwelt verstärkt und interdisziplinär geführt werden (vgl. Kenyon et al.).
Tausende Feiernde versammelten sich am Sonntag am Strand von Copacabana zur alljährlichen Pride-Parade in Rio de Janeiro (MANNSCHAFT berichtete).
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