Aggressivere HIV-Variante in den Niederlanden entdeckt
Die sogenannte VB-Variante weise eine höhere Viruslast auf und sei leichter übertragbar, sagen Forschende der Universität Oxford
In einer Langzeitstudie haben Forscher*innen eine bislang unbekannte, wohl ansteckendere Variante des HI-Virus in den Niederlanden entdeckt.
Die sogenannte VB-Variante von HIV-1 weise eine etwa 3,5 bis 5,5 mal höhere Viruslast auf, sei leichter übertragbar und habe das Potenzial, grössere Schäden am Immunsystem anzurichten, schreiben die Wissenschaftler*innen der britischen Universität Oxford im Fachjournal Science. Zwei deutsche Expert*innen sehen aber nicht die Gefahr einer schnellen Ausbreitung der neuen Variante.
Für Infizierte in Behandlung besteht der Studie zufolge wohl keine grössere Gefahr: Nach Beginn der Behandlungen hatten die VB-Patient*innen demnach ähnliche Verläufe wie andere Patient*innen. (MANNSCHAFT berichtete in einer vierteiligen Artikelserie über 40 Jahre AIDS.)
Studie hat Proben aus Europa und Uganda analysiert Die Ergebnisse machten es umso wichtiger, dass Menschen mit einem gewissen HIV-Risiko Zugang zu regelmässigen Tests haben, um frühzeitige Diagnosen und Behandlungen zu ermöglichen, hiess es. «Das begrenzt die Zeit, in der HIV das Immunsystem schädigen und die Gesundheit gefährden kann», sagte einer der beteiligten Forscher aus Oxford, Christophe Fraser, einer Mitteilung zufolge.
Die VB-Variante wurde als erstes in einem langfristig angelegten Monitoring-Projekt namens Beehive entdeckt, das Proben aus Europa und Uganda sammelt und analysiert.
Dabei fielen 17 Fälle der Variante auf, 15 davon aus den Niederlanden. In Tests von weiteren Tausenden in den Niederlanden getesteten Patient*innen fand man 92 weitere Infizierte mit der VB-Variante. Diese soll sich während der 1980er- und 90er-Jahre im Land verbreitet haben. Seit etwa 2010 soll sich die Verbreitung den Forscher*innen zufolge jedoch wieder verlangsamt haben. (MANNSCHAFT berichtete über den Podcast «Positive Life» zu Leben mit HIV.)
Statistisch signifikant und trotzdem nebensächlich? Die Studie sei «ein weiteres Puzzlestück für unser Verständnis der Evolution von HIV», sagte der Virologe Maximilian Muenchoff von der Ludwig-Maximilian-Universität München der Deutschen Presse-Agentur. Der Experte macht sich jedoch wenig Sorgen darum, dass die Variante der HIV-Epidemie neuen Schwung verleihen könnte.
«Die Effekte sind zwar statistisch signifikant, aber im grossen epidemiologischen Kontext eher nebensächlich.» Das sehe man auch daran, dass die Variante schon seit Jahrzehnten zirkuliere, ohne andere Varianten verdrängt zu haben. Für behandelte Patient*innen sei ohnehin die Therapie und ein gesunder Lebensstil entscheidender als die virologischen Faktoren. (MANNSCHAFT berichtete über Innovationen in der HIV-Therapie.)
Der Virologe Hans-Georg Kräusslich von der Universität Heidelberg rechnet auch nicht damit, dass die entdeckte Variante zu einem schnelleren Verlauf der HIV-Infektion hin zu einer AIDS-Erkrankung führen wird und sagte der dpa: «Angesichts des langen Zeitraums und der recht geringen Zahl spricht nichts für eine rasche Ausbreitung.»
Das könnte dich auch interessieren
Schweiz
Schwule und Bi-Männer dürfen jetzt Blut spenden
Es ist 2025, und niemand darf mehr in der Schweiz aufgrund seiner sexuellen Orientierung von der Blutspende ausgeschlossen werden
Von Newsdesk Staff
Bi
Schwul
Gesundheit
News
HIV, Aids & STI
Community
Wenn Facebook zur Zeitmaschine wird …
Für schwule Männer war New York City in den 1970er- und frühen 1980er-Jahren Zufluchtsort und Paradies zugleich. Bis die HIV- und Aids-Krise kam und ganze Freundeskreise auslöschte. Ein unerwarteter Ort überbrückt jetzt die Lücke.
Von Greg Zwygart
HIV, Aids & STI
Geschichte
Schwul
Gesundheit
Fitness
Muskelsucht unter schwulen Männern: Wenn dich das Spiegelbild trügt
In den sozialen Medien präsentieren Männer ihre durchtrainierten Körper vor Millionen von Menschen. Um ihnen nachzueifern, greifen Follower sowohl zur Hantel als auch zu Steroiden. Mit gravierenden Konsequenzen für Körper und Psyche.
Von Greg Zwygart
Lifestyle
Sport
Soziale Medien
Schwul
Gesundheit
Interview
«Eine Unzufriedenheit mit dem Körper gehört zum Geschäftsmodell von Gyms»
Roland Müller ist Angebotsleiter für Muskel- und Fitnesssucht bei der Fachstelle Prävention Essstörungen Praxisnah (PEP) des Inselspitals Bern. Wir sprachen mit ihm über Dysmorphophobie.
Von Greg Zwygart
Lifestyle
Sport
Soziale Medien
Schwul
Gesundheit