Wien bekommt ein queeres Jugendzentrum
LGBTIQ-Jugendliche seien oft besonders allein, sie litten unter einer sechsmal höheren Suizidalität, so die Begründung
Der Wiener Landtag hat neben dem Kampf gegen Homo- und Transphobie in bestehenden Jugendeinrichtungen auch beschlossen: Die Stadt bekommt ein queeres Jugendzentrum.
Damit ist der Landtag am Mittwoch der Forderung der HOSI Wien gefolgt und hat die Bedürfnisse queerer Jugendlicher in die Wiener Kinder- und Jugendstrategie einbezogen, so die HOSI in einer Pressemitteilung
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«Wir sind sehr froh, dass unsere Unterstützer*innen im Wiener Landtag, namentlich die Clubs von SPÖ, NEOS und Grünen, die Forderung der HOSI Wien nach einem queeren Jugendzentrum aufgegriffen haben. Das ist ein grosses Geschenk an alle Wiener LGBTIQ-Kinder und Jugendlichen heute und in der Zukunft», kommentiert Moritz Yvon Obmann und ehemaliger Jugendreferent der HOSI Wien die Beschlüsse.
Denn während es ein breit gefächertes Angebot an Jugendarbeit in der österreichischen Hauptstadt gebe, so fehle ein auf den speziellen Bedarf von LGBTIQ-Jugendlichen zugeschnittenes Zentrum mit professionell geschulten Kräften.
Wien sei bisher keine Vorreiterin der offenen Jugendarbeit für queere Teenager*innen gewesen. Studien aus Ländern wie Deutschland oder der Schweiz zeigten jedoch deutlich, wie wichtig solche Einrichtungen sind. Der Mangel an Angeboten und das teilweise harsche Schulklima führten zu starken psychischen Belastungen bei Jugendlichen.
«In klassischen Jugendzentren ist ein Coming-out für Jugendliche oft schwierig», erklärte vorab Ian Allbauer, Jugendreferent der HOSI Wien. «Ausserdem kann man dort oft weder andere LGBTIQ-Jugendliche zwanglos treffen, noch sind die Angestellten immer mit der Thematik vertraut. Da müssen dann oft Jugendliche ihre Betreuer*innen Fragen beantworten, statt diese stellen zu können.»
Städte wie Berlin, München, Brüssel, Paris und Köln hätten seit Jahren etablierte queere Jugendzentren, von deren Erfahrungen laut HOSI ein queeres Jugendzentrum in Wien profitieren würde.
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Ann-Sophie Otte, neue Obfrau und bisherige Jugendreferentin der HOSI Wien erklärte: «Jugendliche, die ihre eigene sexuelle Orientierung bzw. Geschlechtsidentität erst entdecken, sind oft besonders allein. LGBTIQ-feindliche Beschimpfungen in Schulen sind keine Seltenheit, und selbst in ihren Familien werden sie oft nicht akzeptiert. Das führt zu einer bis zu sechsmal höheren Suizidalität. Um das zu ändern, braucht es Profis.»
«Es gibt zwar in Wien bereits Anlaufstellen für LGBTIQ-Jugendliche», so Moritz Yvon, Obmann der HOSI Wien. «Allerdings kommen niederschwellige Angebote immer öfter an ihre Grenzen, da diese weitgehend ehrenamtlich getragen sind. Dieses Angebot soll die bestehende LGBTIQ-Jugendarbeit also ergänzen. Für uns ist dabei wichtig, dass ein solches Jugendzentrum unabhängig, selbstverwaltet und stark in der Community verankert ist.»
Auch heute noch sind queere Jugendliche massiver Diskriminierung ausgesetzt. Laut einer Studie des Deutschen Jugendinstituts (DJI), erfahren über die Hälfte der queeren Jugendlichen an ihrer Bildungs- oder Ausbildungsstätte Beschimpfungen und Beleidigungen. Rund 10% erleben sogar körperliche Gewalt. Auch die Familien reagieren viel zu oft negativ.
Angesichts der noch immer hohen Belastung queerer Jugendlicher, empfiehlt die DJI-Studie die Einrichtung von Schutzräumen, in denen LGBTIQ-Jugendlichen sie selbst sein können. LGBTIQ-Jugendliche benötigen massgeschneiderte Angebotsstrukturen. Diese beinhalten beispielsweise spezifische Gruppen, die der gesamten sexuellen und geschlechtlichen Vielfalt gerecht werden, offene Treffs und die Möglichkeit zur Vernetzung.
Es müsse insbesondere für jüngere Jugendliche im Übergang von der Kindheit zur Jugendphase bzw. zu Beginn der Pubertät ein eltern-unabhängiges Beratungsangebot zu Fragen der geschlechtlichen Identität und sexuellen Orientierung geschaffen werden. Um auch Kindern und Jugendlichen, die kein Beratungsangebot aufsuchen können, einen Zugang zu Beratung zu ermöglichen, muss eine qualifizierte und sichere LGBTIQ-Onlineberatung aufgebaut werden.
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Queere Jugendliche sollen künftig niederschwellig, jugendgerecht und ohne Angst vor Stigmatisierung in erreichbarer Nähe qualifizierte Ansprechpartner*innen finden. Da es nicht möglich sei, zu jedem Zeitpunkt ein entsprechendes Angebot für alle Jugendlichen bereitzustellen, müssten ergänzend alle Möglichkeiten, die mit den digitalen Medien heute bereitstehen, genutzt werden. Durch die Beteiligung von LGBTIQ-Jugendlichen an der Gestaltung des Jugendzentrums und der Arbeit nach dem Peer-to-Peer-Ansatz, können Teenager*innen dort Stärkung und Beratung erfahren.
Oftmals sähen sich junge queere Menschen gezwungen, ihre bisherigen Orte der Freizeitgestaltung und des Engagements zu verlassen. Dies geschiehe, da dort keine passenden Angebote für die spezifischen Bedürfnisse von LGBTIQ-Jugendliche vorhanden sei und sie dort Diskriminierung erführen oder sie befürchteten.
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