Homofeindlicher Mord in Dresden: Gedenken am 1. Jahrestag
Thomas L. und Oliver L. waren als Touristen in der Stadt
Eine Städtereise nach Dresden endet für ein schwules Paar in einer Tragödie. Ein islamistischer Gefährder ersticht einen der Männer, der andere überlebt traumatisiert (MANNSCHAFT berichtete). Ein Jahr ist seither vergangen.
Die Rheinländer Thomas L. und Oliver L. sind im Herbst 2020 auf Städtereise. Der Geschäftsmann und der Buchhalter, die seit fast acht Jahren ein Paar sind und bald zusammenziehen wollten, geniessen die Kulturstadt Dresden und Umgebung. Am 4. Oktober essen sie in einem Lokal an der Frauenkirche. Zur gleichen Zeit verlässt ein islamistischer und gerade aus Jugendhaft entlassener Gefährder im Stadtteil Pappritz sein Wohnheim, mit klarem Ziel: «Ungläubige töten».
Eine halbe Stunde später streift der damals 20-Jährige aus Syrien nach Opfern suchend in der Altstadt umher, wo die Männer aus Nordrhein-Westfalen beschwingt durch die Gassen bummeln.
Bei dem Angriff am Abend des 4. Oktober stach der Täter unvermittelt auf die beiden Touristen (55, 53) ein (MANNSCHAFT berichtete). Der Extremist soll mehrere Küchenmesser bei sich getragen haben.
«Plötzlich kam ein Schlag, völlig überraschend, in den Rücken», erzählt L. ein halbes Jahr später noch traumatisiert in einer Videobefragung dem Staatsschutzsenat im Oberlandesgerichts (OLG) Dresden. Das Danach liegt im Dunkel. «Ich kann mich an nichts erinnern und bin, ehrlich gesagt, auch froh drüber», sagt der 54-Jährige im Prozess.
Zurückkehren an den Ort, wo sein Liebster sinnlos aus dem Leben gerissen und seines zerstört wurde, konnte er nicht. Das Gericht ersparte ihm die direkte Begegnung mit Abdullah A., der wegen Mordes, versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung angeklagt war. Der 21-Jährige hatte einem Gutachter genau geschildert, wie und warum er den Männern die Messer in den unteren Rücken gerammt hat. Er betrachtete die Homosexualität des Paares als «schwere Sünde» und wollte es dafür mit dem Tode bestrafen.
«Diese Attacke war ein Angriff auf das Grundverständnis unseres Zusammenlebens. Wir dürfen niemals akzeptieren, dass das Modell einer offenen, freiheitlichen und vielfältigen Gesellschaft angegriffen, beeinträchtigt oder ausgehöhlt wird», erklärt die Dresdner Kulturbürgermeisterin Annekatrin Klepsch (Linke) nun zum 1. Jahrestag.
Der CSD-Verein in Dresden rief für Montagabend zu einer Mahnwache am damaligen Tatort auf. Ausserdem sollte die Regenbogenflagge am Dresdner Kulturpalast gehisst werden. Unlängst hatte der Dresdner Stadtrat beschlossen, am Ort des Attentats einen Erinnerungsort an die Opfer homophob und transphob motivierter Gewalt zu errichten. Ein Gestaltungskonzept soll bis zum 30. März 2022 erarbeitet werden (MANNSCHAFT berichtete). (mit dpa)
Das könnte dich auch interessieren
Deutschland
Warnung vor transfeindlicher Konferenz in Berlin
Die «Society for Evidence-Based Gender Medicine» (SEGM) veranstaltet im September an einem bisher geheim gehaltenen Ort in Berlin eine Veranstaltung mit dem Titel «Youth Gender Distress: Etiologies, Ethics, Evidence, and Psychotherapy». Davor warnt die Deutsche Gesellschaft für Trans- und Intergeschlechtlichkeit (dgti)
Queerfeindlichkeit
TIN
Pride
LGBTIQ erleben stärkste Gegenwehr in Grossbritannien und Ungarn
Zum Pride Month wurden in 26 Ländern die Einstellungen der Menschen zu LGBTIQ untersucht. Die Studie beleuchtet, wie sich die öffentliche Meinung zu einer Reihe von Themen entwickelt hat - darunter Ehe für alle, Diversity-Programme in Unternehmen und trans Personen im Sport.
Deutschland
Queerfeindlichkeit
TIN
Fussball
Sara Doorsoun tritt aus Nationelf zurück
Die Fussball-EM findet ohne die Ex-Freundin der Princess-Charming-Gewinnerin Louise Schaaf statt
Von Newsdesk/©DPA
News
Lesbisch
Sport
Berlin
«Queerfeindlichkeit in muslimischen Communities nicht kleinreden!»
Queerfeindlichkeit muslimischer Schüler*innen führte in Berlin zum Mobbing eines Lehrers. Man darf die Betroffenen nicht allein lassen, sagt der Aktivist Tugay Saraç
Von Kriss Rudolph
Bildung
Queerfeindlichkeit
Religion