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Vor 80 Jahren: Mordaktion an Schwulen im KZ Sachsenhausen

Der Tod von Heinz Roosen aus Neuss jährt sich an diesem Montag

KZ Sachsenhausen
Werner Bangert stammte aus Duisburg (Fotos: Jürgen Wenke)

Sie alle liebten Männer und wurden nach dem berüchtigten Paragraphen 175 des Strafgesetzbuches verurteilt. Sie alle verbüssten ihre Haftstrafe und wurden im Anschluss ins KZ Sachsenhausen deportiert. Im Sommer 1942 wurden sie im KZ Sachsenhausen bei Berlin zielgerichtet ermordet.

Im Jahr 1942 hatten die SS-Verbrecher im KZ Sachsenhausen beschlossen, alle dort eingesperrten Rosa-Winkel-Häftlinge zu ermorden. Allein im Juli und August fielen dieser grössten gezielten Mordaktion (die meisten dieser Morde fanden im sogenannten «Klinker», dem Grossziegelwerk statt), die sich gegen Homosexuelle richtete, mehr als 85 heute noch namentlich bekannte Männer zum Opfer.

Die zielgerichteten Tötungen durch die SS-Wachleute wurden in den Sterbeurkunden teilweise versteckt hinter verschleiernden Formulierungen. So wurde bei dem erst 20-jährigen Alfred Ledermann aus Duisburg «Herz- und Kreislaufschwäche» notiert als angebliche Todesursache, ebenso bei dem 36-jährigen Heinz Roosen. Bei dem 61-jährigen, ehemaligen Fabrikanten Otto Meinecke wurde «Kopfschuss bei Fluchtversuch» vermerkt.

Auch der 44jährige Lehrer Heinrich Wahle, aufgrund einer Kriegsverletzung im ersten Weltkrieg gehbehindert, soll angeblich einen Fluchtversuch aus dem Lager unternommen haben und wurde dabei durch Kopfschuss getötet. Das gleiche Schicksal wie Meinecke und Wahle traf den 43-jährigen Arbeiter Max Penz, der durch «Schussverletzungen bei Fluchtversuch» gestorben sein soll.


An diese neun Männer und an die Mordaktion gegen Homosexuelle im Sommer 1942 soll erinnert werden. Der Mord an Heinz Roosen aus Neuss liegt an diesem Montag 80 Jahre zurück.

KZ Sachsenhausen
Foto: Jürgen Wenke

Weitere Todestage:

5.7.1942 Heinrich Irsen aus Solingen
12.7.1942 Alfred Ledermann aus Duisburg
13.7.1942 Otto Meinecke aus Dortmund
16.7.1942 Max Penz aus Remscheid
17.7.1942 Heinrich Wahle aus Bochum, Karl Paul Paetzel aus Wuppertal und Werner Bangert aus Duisburg
11.8.1942 Damian Reis aus Trier, ermordet einen Tag vor seinem Geburtstag am 12.8.


Insgesamt sind bis heute mehr als 500 Männer, die in Sachsenhausen als Homosexuelle in dem Konzentrationslager interniert waren und dort unter grausamsten Bedingungen Zwangsarbeit leisten mussten und starben, bekannt, teilt der Aktivist Jürgen Wenke aus Bochum mit, der manchmal über Jahre an einem Schicksal, bevor ein weiterer Stolperstein verlegt werden kann (MANNSCHAFT+). Die Dunkelziffer ist aufgrund lückenhafter Überlieferungen hoch, so Wenke.


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Nach Ende der Diktatur hat es 60 Jahre gedauert, bis der Deutsche Bundestag im Jahr 2002 die Urteile nach §175 aus der NS-Zeit als Unrecht anerkannte und aufhob. Der Paragraph existierte nach 1945 weiter, zahllose Männer wurden auch in der Bundesrepublik bis 1969 nach der Nazifassung des §175 verurteilt. Die Urteile zwischen 1945 und der endgültigen Abschaffung des §175 im Jahr 1994 wurden erst 2017 als Unrecht anerkannt und aufgehoben.

Nur von den beiden jungen Duisburger Männern Ledermann und Bangert sind Fotos überliefert. Alle oben namentlich Genannten sind inzwischen mit je einem ausführlichen Bericht und Stolperstein am letzten freiwilligen Wohnort gewürdigt worden. Weitere Informationen auf www.stolpersteine-homosexuelle.de.


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