Vatikan warnt Katholik*innen in Deutschland vor Reformen

Ein Kirchenrechtler: «Rom stellt ein Stoppschild auf und beharrt auf seinem alleinigen Führungsanspruch»

Ein «Exit»-Schild am Rande des Petersplatzes in Rom (Foto: Britta Schultejans/dpa)
Ein «Exit»-Schild am Rande des Petersplatzes in Rom (Foto: Britta Schultejans/dpa)

Katholik*innen in Deutschland setzen sich für Reformen ein, etwa beim Segen für gleichgeschlechtliche Paare oder beim Zölibat. Der Vatikan will davon nichts wissen.

In einer offiziellen Erklärung hat der Vatikan die deutschen Katholik*innen vor zu weitgehenden Reformen gewarnt. «Der ‹Synodale Weg› in Deutschland ist nicht befugt, die Bischöfe und die Gläubigen zur Annahme neuer Formen der Leitung und neuer Ausrichtungen der Lehre und der Moral zu verpflichten», stellte der Heilige Stuhl in einer am 21. Juli veröffentlichten Erklärung klar.

«Es wäre nicht zulässig, in den Diözesen vor einer auf Ebene der Universalkirche abgestimmten Übereinkunft neue amtliche Strukturen oder Lehren einzuführen, welche eine Verletzung der kirchlichen Gemeinschaft und eine Bedrohung der Einheit der Kirche darstellen würden.»

Der Vatikan lädt die deutschen Katholik*innen jedoch ein, ihre Vorstellungen in den derzeit ebenfalls laufenden synodalen Prozess der Weltkirche einzubringen. Diesen Prozess hat Papst Franziskus angestossen, wobei unklar ist, was genau das Ziel ist und ob damit irgendwelche konkreten Reformen beabsichtigt werden.

Der 2019 begonnene Synodale Weg der Deutschen Bischofskonferenz und des Zentralkomitees der deutschen Katholiken ist eine Konsequenz aus dem Missbrauchsskandal. Er strebt Reformen in vier Bereichen an: dies sind der Umgang mit Macht, die katholische Sexualmoral, die Position der Frauen und die verpflichtende Ehelosigkeit der Priester (Zölibat). Nach einer Veröffentlichung eines Gutachtens zum Missbrauch im Erzbistum München im Januar 2022 explodierte die Zahl der Kirchenaustritte.

Zu den konkreten Erneuerungen, die angestrebt werden, gehören etwa ein Mitspracherecht der Gläubigen bei der Ernennung von Bischöfen, die Legitimierung des Segens für gleichgeschlechtliche Paare und das Diakonat der Frau, eine Vorstufe zum Priestertum. Papst Franziskus hatte sich schon mehrfach skeptisch zum Synodalen Weg geäussert (MANNSCHAFT berichtete).

Kirchenrechtler Thomas Schüller sieht in der Erklärung eine klare Absage des Vatikans an die Reformbemühungen der deutschen Katholik*innen. «So kann es mit den Blütenträumen der deutschen Synodalen gehen: Sie zerplatzen an den römischen Mauern», sagte der Münsteraner Professor der Deutschen Presse-Agentur.

«Rom stellt ein Stoppschild auf und beharrt auf seinem alleinigen Führungsanspruch, was die Veränderung von Macht und Lehre in der Kirche angeht.» Den Vatikan treibe die Sorge um einen deutschen Sonderweg um, und offenbar schafften es die restaurativen Kräfte in der römischen Zentralverwaltung, Papst Franziskus in seiner kritischen Sicht auf eine deutsche Kirche zu bestärken. Dabei seien Änderungen in der Lehre ebenso ein Gebot der Stunde wie die Einhegung bischöflich-absolutistischer Macht. «Auch die Weltkirche und damit Rom könnte von einer Teilkirche wie der in Deutschland durchaus lernen, will es aber augenscheinlich nicht», sagte Schüller.

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